19.01.2016 Gesund & Fit

Und jetzt alle: Singen ist gesund!

In der Hauptstadt treffen sich junge Leute aus der Kreativszene als "Berliner Kneipenchor" regelmäßig zum gemeinsamen Singen – weil’s guttut und allen sichtlich Spaß macht.
In der Hauptstadt treffen sich junge Leute aus der Kreativszene als "Berliner Kneipenchor" regelmäßig zum gemeinsamen Singen – weil’s guttut und allen sichtlich Spaß macht. Fotoquelle: Mathias Hielscher

Ganz gleich, ob allein unter der Dusche oder gemeinsam im Kneipenchor: Singen steigert das Wohlbefinden.

Singen ist in. Castingshows interessieren beständig ein großes Publikum und locken seit Jahren zigtausende Teilnehmer an – offenbar unabhängig davon, dass viele Formate nur auf das Zurschaustellen untalentierter Teilnehmer setzen. Frei von jeglicher Häme geht es geschätzt mehr als drei Millionen Menschen in Deutschland, die stimmlich in Chören musizieren, um das Gesangserlebnis. Mal mit mehr, mal mit weniger professionellem Anspruch. Jüngster Ausdruck der neuen Lust am Chor sind offene Singangebote, die es schon in vielen Städten gibt – und es werden immer mehr.

Solche Veranstaltungen, die oft in Kneipen eine Heimat finden, heißen "Rudelsingen" oder "Frau Höpker bittet zum Gesang" und genießen hohen Zuspruch. "Es hat sich seit etwa zehn Jahren eine richtige Singszene in Deutschland entwickelt", sagt Professor Peer Abilgaard, Chefarzt der Gerontopsychiatrischen Klinik an der HELIOS St. Vincenz Klinik in Duisburg. Und singenderweise tun die Teilnehmer sogar etwas für ihre Gesundheit und das Wohlbefinden.

Das hohe C ist das neue Vitamin C

Denn Menschen, die viel singen, sind in der Regel lebenszufriedener und ausgeglichener als Nichtsänger, wie Musikpsychologe Karl Adamek aus Münster herausfand. Schon in der Bibel ist zu lesen, dass Musik gegen Depressionen hilft: Hirtenjunge David befreit König Saul mit seinem Gesang von dessen Grübeleien.

Auch die heutige Forschung hat diese positive Wirkung des Singens mehrfach nachgewiesen. "Das Singen ist eine Ganzheitserfahrung des Körpers vom Scheitel bis zur Sohle, bei der das Belohnungssystem aktiviert wird und Glückshormone ausgeschüttet werden", erläutert Abilgaard, der neben seiner Tätigkeit als Mediziner den Lehrstuhl für Musikergesundheit an der Hochschule für Musik und Tanz Köln bekleidet.

Tatsächlich produziert das Gehirn schon nach einer halben Stunde Singen Endorphine sowie das Wohlfühlhormon Serotonin und baut gleichzeitig Stresshormone wie Cortisol ab. Doch Sänger sind nicht nur besser drauf, sondern möglicherweise auch schlauer. Denn die Synapsen – also die Schaltstellen – im Gehirn verbinden sich beim Singen neu. Das zeigt sich sogar schon in frühen Jahren. Adamek und sein Kollege Thomas Blank haben Kinder im Vorschulalter beobachtet und nachgewiesen, dass diejenigen, die viel singen, beim Schultauglichkeitstest viel besser abschneiden. Auch ihre sprachlichen Fertigkeiten, das Denkvermögen und die Koordination sind bei den jungen Sängern viel besser entwickelt

Lebensverlängernde Wirkung

Darüber hinaus scheint regelmäßiger Gesang auch eine lebensverlängernde Wirkung zu haben. Ein schwedisches Forscherteam hat in den 1990er-Jahren mehr als 12.000 Menschen aller Altersgruppen untersucht und Erstaunliches zutage gefördert. Es kam heraus, dass Mitglieder von Chören und Gesangsgruppen eine deutlich höhere Lebenserwartung haben als Nichtsänger. Fazit: Das hohe C ist das neue Vitamin C.

Woran das liegt, fanden Wissenschaftler vom Institut für Musikpädagogik der Goe the- Uni in Frankfurt am Main heraus. Sie entnahmen Mitgliedern eines Chores, die das Requiem von Mozart sangen, Speichelproben. Nach der Probe war die Anzahl von Abwehrzellen in den Schleimhäuten in die Höhe geschnellt. Hörten die Chormitglieder die Musik nur vom Band, blieb die Anzahl gleich.

Zudem ist Singen gut für die Atemtechnik. Geübte Sänger nutzen ihr Zwerchfell, es flacht ab und bietet der Lunge mehr Platz. Schon bis zu 15 Minuten Singen bringen das Herz-Kreislauf- System in Schwung – professionelle Sänger haben Herzwerte, die fast so gut sind wie die von Ausdauersportlern.

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