20.10.2015 Essen und Trinken

Wein-Aufschwung Ost

Handarbeit: Weinlese der Sorte Goldriesling auf dem Weinberg Goldener Wagen des Staatsweingutes Schloss
Wackerbarth in Radebeul
Handarbeit: Weinlese der Sorte Goldriesling auf dem Weinberg Goldener Wagen des Staatsweingutes Schloss Wackerbarth in Radebeul Fotoquelle: Oliver Killig

Ein kalter Herbstmorgen im Jahr 1991. Georg Prinz zur Lippe hat die Nacht in einem Schuppen im Weinberg verbracht. Der Bretterverschlag, in dem Geräte untergestellt sind, und der Weinberg gehören jetzt wieder seiner Familie. Alles andere, die
anderen Anbauflächen des ältesten Privatweinguts Sachsens und der Familiensitz auf Schloss Proschwitz, wurden im Zuge der DDR-Bodenreform nach 1945 enteignet und gehören noch nicht ihm. Aber der Prinz hat eine Vision: Das Schloss und die Weinberge sollen wieder zu dem gemacht werden, was sie früher einmal waren: ein Aushängeschild der Region.

Heute, gut ein Vierteljahrhundert später, gibt es sie wirklich: blühende Wein-Landschaften. Nach und nach hat der Prinz die
anderen Weinbergsterrassen zurückgekauft, das Schloss saniert. Bereits 1996 wurde das Weingut in den Verband der Deutschen Prädikatsweingüter (VDP) aufgenommen, der qualitative Ritterschlag. "Unser Bestreben ist es, die Weinberge so naturnah wie möglich in Balance zu halten, um auch zukünftigen Generationen einen nachhaltigen Weinbau zu ermöglichen", sagt er. "Der geerntete Traubenmost ist wie ein Rohdiamant. Im Keller gilt es, nur minimal auf den Wein einzuwirken, um seine Karat-Zahl zu erhalten." Sachsens Glanz und Gloria ist hier zu schmecken, vor allem in den Burgunder-Sorten, im Riesling und in dem eher seltenen Elbling.

Ein Vorzeigebetrieb ist auch Schloss Wackerbarth – ein Name wie aus einem Märchen. Wirklich sagenhaft ist aber das, was
dieser Name dem Weingenießer verspricht. Eine Cuvée aus barocker Gartenanlage, Weinberglandschaft und moderner Weinund Sektmanufaktur. Prominentester Kunde war übrigens kein geringerer als August der Starke. Heute ist das Schloss
ein Erlebnis-Weingut, das prickelt: mit Festen und Bällen, Veranstaltungsreihen und Kultur events. Empfehlenswert sind der Riesling sowie Spät- und Frühburgunder.

Ausbau der Rebflächen

Von den 13 deutschen Weinregionen gehört Sachsen zu den kleinsten. Es erstreckt sich an der Elbe von Pirna über Dresden, Radebeul und Meißen bis zum idyllischen Elbweindorf Diesbar-Seußlitz. Die 55 Kilometer lange Weinstraße führt durch reizvolle, vom über 850-jährigen Weinbau geprägte Landschaften. Aufschwung Ost, das bedeutet beim Weinbau den Ausbau der Rebflächen: In Sachsen sind aus etwas mehr als 400 Hektar inzwischen rund 500 geworden. An Saale und Unstrut, dem zweiten ostdeutschen Anbaugebiet, wuchs die Rebfläche gar von 444 auf 700 Hektar.

Vor allem jedoch ist der Aufschwung mit Menschen verbunden. Eine junge, hoch qualifizierte Winzergeneration hat das Sagen in den Kellern und Weinbergen übernommen. Bestes Beispiel ist Elisabeth Born. Die ehemalige Deutsche Weinprinzessin leitet das 1993 gegründete Weingut Born in Salzatal. Ihre Philosophie: "Aus jedem individuellen Jahrgang balancierte, facettenreiche und nachhaltige Weine erzeugen." Das gelingt ihr vortrefflich. Die auf Buntsandstein gewachsenen Weißburgunder strotzen nur so vor Mineralität und Frucht.

Im nördlichsten Anbaugebiet Deutschlands gönnt die Natur den Rebstöcken ausgedehnte Vegetationszeiten. Der Mix von
Sonne und Kühle sorgt für feingliedrige Weine. Verbreitet ist hier vor allem der Müller-Thurgau. Besonders stolz sind die Winzer jedoch auf ihren Weißburgunder, Silvaner und Zweigelt. Einziges Manko: Es sind Raritäten, die meist schnell ausverkauft sind.

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