12.10.2023 Darstellerin im Gespräch

Adele Neuhauser: "Für mich gibt es den Wiener „Tatort“ nur mit Harri Krassnitzer"

Von Julian Lorenz
Adele Neuhauser ermittelt im Wiener "Tatort".
Adele Neuhauser ermittelt im Wiener "Tatort". Fotoquelle: ARD Degeto/ORF/Petro Domenigg

Am 15. Oktober strahlt die ARD den Wiener "Tatort: Bauernsterben" aus, der sich mit Landwirtschaft und Massentierhaltung beschäftigt. Wir haben mit der Hauptdarstellerin über die Verantwortung der Krimireihe besprochen.

Seit 2010 sind Sie im Wiener „Tatort“ als Bibi Fellner zu sehen und haben seitdem in über 30 „Tatort“-Filmen mitgespielt. Sind die Drehs für Sie trotzdem noch abwechslungsreich?

Natürlich, es immer abwechslungsreich. Es ist immer ein neues Team, es sind immer neue Autoren, es sind immer wieder andere Themen und man erlebt immer wieder etwas Neues. Da ist einfach Bewegung drin. So kann es gar nicht langweilig werden.

Haben Sie es schon einmal bereut, so lange beim „Tatort“ geblieben zu sein?

Um Gottes Willen, warum sollte ich das bereuen? Ich habe einen großartigen Kollegen, mit dem es immer wieder lustig und spannend ist. Wenn wir uns sehen, besprechen wir alle Themen, die uns in der Zwischenzeit beschäftigt haben. Durch diesen Austausch ist der Dreh nicht einfach Arbeit, sondern es ist Lebenszeit, die wir miteinander verbringen und die wir sehr intensiv nutzen.

Bibi Fellner hat ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden und kann Unrecht nur schwer ertragen. Können Sie sich damit identifizieren?

Absolut! Da bin ich mit Bibi sehr d’accord. Ich habe auch große Schwierigkeiten, Ungerechtigkeiten einfach zu akzeptieren. Schon seit frühester Jugend habe ich diese starke Sehnsucht nach Ehrlichkeit und Offenheit. Wenn Bibi Fellner auf diese Weise reagiert, ist das also kein Schauspiel, sondern authentisch.

Laut einer Umfrage sind Moritz Eisner und Bibi Fellner auf Platz vier der beliebtesten Tatort-Teams. Glauben Sie, dass ihre gute persönliche Beziehung zu ihrem Kollegen Harald Krassnitzer der Grund ist, warum Sie so gut beim Publikum ankommen?

Obwohl die Geschichten im „Tatort“ natürlich fiktional sind, merkt das Publikum, wie nah die zwischenmenschlichen Interaktionen in den Filmen, vor allem zwischen Harald Krassnitzer und mir, an der Wahrheit dran sind. Gleichzeitig sind wir humorvoll in der Art, wie wir Geschichten erzählen und ich glaube, dass es dieser Witz gepaart mit der Ehrlichkeit ist, die gut bei den Zuschauerinnen und Zuschauern ankommt.

Harald Krassnitzer und Sie sind längst ein eingespieltes Team. Können Sie sich eine Person vorstellen, die ihn im „Tatort“ ersetzen könnte?

Nein, darüber will ich gar nicht nachdenken. Für mich gibt es den Wiener „Tatort“ nur mit Harri Krassnitzer (lacht).

Der neue Film „Tatort: Bauernsterben“ behandelt industrielle und klassische Landwirtschaft sowie Massentierhaltung und ist damit aktueller denn je. Wie geht der Film an diese Themen heran?

Wir haben ein sehr gutes Drehbuch und eine großartige Regisseurin. Daher gehen wir sehr reflektiert an den Stoff heran. Der Kontakt zum Bauern, bei dem wir freundlicherweise drehen durften, hat mir auch persönlich einiges gezeigt. Der Dreh war nämlich gar nicht so einfach, weil die hygienischen Vorgaben sehr genau waren und intensiv geprüft wurden. Das hat ein wenig das klassische Bild dieser Massetierhaltung korrigiert. Ich finde, dass die Herangehensweise dieses Bauern Vorzeigecharakter hat. Ich habe trotzdem noch immer Bedenken, was Massentierhaltung betrifft, aber man darf nicht alles über einen Kamm scheren.

Also hat Ihre Erfahrung während des Drehs auch Ihre persönliche Meinung zum Thema Massentierhaltung verändert?

Meine Meinung hat sich nicht wirklich verändert, aber ich habe gelernt, dass es beim Thema Massentierhaltung kein schwarzweiß gibt. Es ist nachvollziehbar, wenn Menschen sagen, dass sie gegen Massentierhaltung sind, aber man muss sich auch ansehen, wie das genau gemacht wird. Das habe ich durch diesen Dreh gelernt.

Sind diese aktuellen Themen etwas, was den Wiener „Tatort“ ausmacht?

Das würde ich so nicht sagen. Diese Aktualität ist etwas, was den „Tatort“ im Allgemeinen ausmacht. Es ist die Sehnsucht von Autoren, Redakteuren und auch Schauspielern, sich diesen aktuellen Themen zu stellen. Der „Tatort“ ist da eine der besten Plattformen, die man sich vorstellen kann.

Mit der Produktion eines „Tatorts“ geht also auch eine gewisse Verantwortung einher?

Absolut, wir haben generell eine große Verantwortung. Die Medien haben einen großen Platz eingenommen in unserem Leben. Wir argumentieren oft mehr aus den Erfahrungen, die wir fiktional machen, als aus real Erlebtem. Ich erwische mich sogar manchmal dabei, wie ich Zusammenhänge bezüglich eines Themas knüpfe und dann merke: „Moment einmal, das habe ich doch in einem Film gesehen“. Auch ich bin hier also keine Ausnahme. Genau deshalb ist die Verantwortung, im Fernsehen mit Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit an Themen wie Massentierhaltung heranzugehen, besonders groß.

Warum sollten Krimi-Fans den „Tatort: Bauernsterben“ nicht verpassen?

Weil ich das Thema großartig finde. Es sind Dinge zu sehen, die man sonst nicht zu sehen bekommt und ich finde, dass man sich mit Landwirtschaft und Massentierhaltung auseinandersetzen sollte. Außerdem ist der Film ungemein spannend und komisch und damit etwas für alle echten Krimi-Fans.

Wären Sie eine gute Polizistin?

Nein, vor einer solchen Aussage hüte ich mich. Ich bin zwar einfühlsam und empathisch, aber das würde ich nervlich nicht überstehen. Ich bewundere die Menschen, die diesen Job tagtäglich machen und bin auch dankbar dafür, aber für mich wäre es nichts.

Auf welche Produktionen mit Ihrer Beteiligung dürfen wir uns demnächst freuen?

Ich denke, dass der Film, bei dessen Produktion ich mich verletzt habe, bald fertig sein wird. Ich werde die restlichen Drehtage vollenden und hoffe, dass viele Menschen sich den Film „Ungeschminkt“ anschauen werden.

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