27.03.2023 Interview mit TV-Darstellerin

Das Leben feiern

Von Sarah Hegemann
Iris Berben spielt die freigeistige Klara.
Iris Berben spielt die freigeistige Klara. Fotoquelle: ARD Degeto Nadja Klier

Iris Berben spielt die alleinlebende Fotografin Klara, die Krebs im Endstadium hat. Dennoch möchte sie die Hilfe ihres Sterbebegleiters zunächst nicht annehmen. Doch dann entwickelt sich eine Freundschaft mit dessen Teenager-Sohn Phil.

Was hat Sie an dem Drehbuch angesprochen, dass Sie für die Rolle zugesagt haben?

Iris Berben: Vordergründig der unsentimentale Umgang mit dem Thema Tod. Klara ist eine freigeistige Frau, die nicht in Selbstmitleid zerfließt, sondern dem Ganzen selbstironisch begegnet. Es ist ein Film über das Sterben, der jedoch das Leben feiert. Mich haben die Dialoge angesprochen, und ich konnte mir einfach sehr gut vorstellen, was für ein Typ Frau Klara ist.

War es also leicht, sich mit Klara anzufreunden?

Ja natürlich. Sie ist eine selbstständige Frau, die ihr Leben einfach so weiterleben möchte, wie sie es immer getan hat. Sie gibt dem Tod keinen Raum und möchte auch kein großes Gedöns um ihr Ableben machen. Das haben wir gemeinsam. Auch wenn ich niemandem etwas vormachen muss: Ich bin schon über 70 und damit ist der Tod kein biologischer Vorgang, der mir jetzt völlig fremd und weit weg vorkommt. Wobei man sich auch als jüngerer Mensch mit dem Thema beschäftigt, zumindest war das bei mir so. Der erste schmerzhafte Verlust als junger Mensch bringt einen zum Nachdenken über die eigene Sterblichkeit.

Beschäftigt man sich durch so einen Film dann noch einmal intensiver mit dem Thema oder ist es einfach nur „ein Teil der Arbeit“?

Es ist kein Thema, mit dem man gedanklich abschließen kann. Aber ich beschäftige mich lieber mit dem Leben und bleibe neugierig, auf alles, was noch kommt. Zugleich ist es aber, wie bereits angesprochen, mein Job, mich auf Figuren einzulassen. Und manchmal decken sich Fragen und Probleme, die Figuren beschäftigen, mit den eigenen. Mich fasziniert Klaras Umgang mit dem Thema und wie sie sich nicht mit ihrem Ableben und der Bestattung befassen möchte. Sie möchte so selbstbestimmt sterben, wie sie auch gelebt hat: als unabhängige Frau, als Rock ’n’ Rollerin – das finde ich sehr nachvollziehbar.

Wie schafft der Film es, dass er nicht ins Pathetische abdriftet und Klischees bedient?

In dem er eben keine Klischees bedient (lacht). Das Drehbuch ist unheimlich klug geschrieben, alles ist so unsentimental. Natürlich hätte man alle möglichen Klischees bedienen und in sämtliche Fallen tappen können, aber das macht der Film nicht. Was auch an den drei Hauptdarstellern und ihrem Spiel miteinander liegt.

Im Film entwickelt Klara eine besondere Beziehung zum Teenager Phil. Was glauben Sie, weshalb die beiden so gut zusammen funktionieren?

Es ist eine Art Staffelübergabe. Klara gibt den Staffelstab an Phil weiter. Sie hat viel Erfahrung und das Leben exzessiv gelebt, er ist hingegen noch auf der Suche. Phil drückt sich über seine Kunst, über seine Gedichte, aus. Kunst ist das verbindende Element zwischen den beiden. Als Klara das erkennt, bekommt sie noch einmal einen neuen Auftrieb und möchte über das Leben reden. Sie öffnet sich ihm.

Trotz allem wird der Film am Ende doch sehr traurig, sodass manch einer vielleicht ein Taschentuch benötigt…

Wir haben den Film vor 1200 Leuten gezeigt, da kamen den meisten am Ende die Tränen. Es ist dieser Moment, in dem Klara merkt, dass sie ihre Kräfte verlassen und sie Abschied vom Leben nehmen muss. Gott sei Dank lässt der Film diesen Moment nur einmal zu.

Der Film trägt einen sehr langen Titel. Wie würden Sie ihn deuten?

Es ist der Original-Buchtitel, und ich habe sehr darauf gedrängt, dass wir ihn als Filmtitel behalten – allein schon aus Respekt vor der Autorin. Früher waren so lange Titel nicht gerne gesehen, heute kommen sie öfter vor. Ich finde, er macht neugierig auf den Film und nimmt Bezug auf die Seele, die den Körper eines Sterbenden verlässt. Die, die das Ritual kennen, wissen Bescheid. Und die anderen googeln einfach (lacht).

„Und dann steht einer auf und öffnet das Fenster“ Freitag, 7. April, 20.15 Uhr ARD

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