Zweite Staffel bei Netflix

"After Life": Wiederauferstehung in kleinen Schritten

von Andreas Fischer

Nach dem Tod seiner Frau hat Tony seine Selbstmord-Gedanken in der zweiten Staffel von "After Life" weitestgehend hinter sich gelassen. Das heißt aber nicht, dass er jetzt nett zu seinen Mitmenschen ist.

Trauern, wie man es erwartet? Das sollen andere machen. Tony treibt seine Mitmenschen in den Wahnsinn. Es sollen alle etwas davon haben, dass er sich miserabel fühlt. Also lässt er den Schmerz über den Tod seiner großen Liebe an der Welt aus – mit Zynismus und respektlosen Witzen über Trauer, Tod und Randgruppen.

Dass die Netflix-Serie "After Life" von Ricky Gervais ("The Office", die Vorlage für "Stromberg") stammt, würde man auch merken, wenn der britische Komiker nicht selbst die Hauptrolle übernommen hätte. Niemand kann die Unausstehlichkeit so nachvollziehbar machen, wie er.

Auch in den sechs Episoden der zweiten Staffel (ab 24. April bei Netflix) sagt der verbitterte Journalist einer drittklassigen Gratis-Postille geradeheraus, was er denkt, ohne sich groß um soziale Konventionen zu kümmern. Die suizidalen Tendenzen aus der ersten Staffel mag er überwunden haben, lebenswerter erscheint ihm sein Dasein noch immer nicht. Aber immerhin, es geht voran – wenn auch langsam.

Tony nimmt mehr Rücksicht auf andere – was nicht bedeutet, dass er gleich den Friedensnobelpreis verliehen bekommt. Dafür ist er noch nicht bereit und wird es auch so schnell nicht sein. Doch in seiner täglichen Routine zwischen Besuchen bei seinem senilen Vater (David Bradley) im Altersheim und philosophisch-seichten Konversationen mit einer alten Trauernachbarin (Penelope Wilton) auf der Friedhofsbank gesteht er sich eine innere Wiederauferstehung in kleinen Schritten zu.

Aus Prinzip unfreundlich sein – das kann selbst Tony nicht mehr. Auch wenn ihn sein Job zu skurrilen Recherchen bei Menschen zwingt, die jahrelang Hundekotbehälter für Briefkästen hielten und sich nun wundern, dass sie keine Antwort auf ihre Post bekommen. Die meisten Bewohner in Gervais' pittoresk gezeichneter Serienkleinstadt sind – bis auf einen absurd-notgeilen Psychiater – einfach nur nett, freundlich und hilfsbereit. Lästerattacken werden mit konsequenter Gutmütigkeit gekontert – was einerseits brüllend komisch ist, anderseits aber auch sentimental bis an den Rand des Kitschs.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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