Neue Serie startet im September

Amazons "The Last Tycoon" in der Kritik

von Eric Leimann

Die neue Amazon-Serie "The Last Tycoon", die ab dem 15. September für Prime-Kunden abrufbar ist, erzählt von Glanz und Gloria, aber auch von den dunklen Momenten des alten Hollywood in den 1930er-Jahren. Aufwendig und hübsch inszeniert, kratzt die Serie jedoch lediglich an der Oberfläche der zutiefst melancholischen Romanvorlage.

Qualitätsmedien in Übersee tun sich traditionell schwer mit Verfilmungen, die auf Stoffen des amerikanischen Literatur-Säulenheiligen F. Scott Fitzgerald beruhen. Dessen bekanntester Roman, "Der große Gatsby", fand weder in der elegischen 70er-Jahre Version mit Robert Redford noch in einer bild- und tonwuchtigen Neufassung mit Leonardo DiCaprio 2013 uneingeschränktes Kritikerlob.

Noch härter ging man jedoch mit Elia Kazans Verfilmung des letzten, nicht abgeschlossenen Werks Fitzgeralds um. In "Der letzte Tycoon" beschäftigte sich der 44-jährig verstorbene Fitzgerald mit Hollywoods Traumfabrik Mitte der 30er-Jahre und obwohl Robert De Niro die am real existierenden Produzenten-Wunderkind Irving Thalberg orientierte Figur eines tieftraurigen Goldjungen Hollywoods ebenso geheimnisvoll wie einnehmend verkörperte, geriet der Streifen 1976 zum Kritikerflop.

Figur und Serie bleiben seltsam fad

Der amerikanische Schauspieler  ("Walking Out", "White Collar") spielt jene Figur nun in der Serie. Fitzgerald-mäßig leidet sie am Leben, weil eine unerfüllte Liebessehnsucht das so will. Während de Niro jedoch das Geheimnis und auch das Ziellose des unvollendeten Romans zu transportieren wusste, bleibt Bomers Figur wie das gesamte Serienprojekt von Autor und Showrunner Billy Ray ("Die Tribute von Panem") seltsam fad.

Worum geht es in den neun, rund einstündigen Episoden? Der junge und gut aussehende Produzent Monroe Stahr (Bomer) genießt in Hollywood zu Zeiten der großen Wirtschaftsdepression einen Ruf wie Donnerhall. Als Ziehsohn des Studiobesitzers Pat Brady ( aus "Boss") besitzt er einen genialen Blick dafür, welche Filme zu Hits werden und wie man welche aus jenen Streifen macht, deren erste Fassungen noch alles andere als überzeugen. Doch der von Geschäftspartnern, Kreativen und Frauen umworbene Stahr hat auch eine sehr präsente dunkle Seite. Seit seine Frau, eine charismatischer Leinwandgröße, bei einem Unfall ums Leben kam, wird der auf Rosen Gebettete seines Lebens nicht mehr froh. Tief melancholisch erzählt Fitzgeralds Roman von jenem Leben im goldenen Käfig, das sich durch eine neue, unerfüllte Liebe in immer dunkleren Farben zeigt. Nebenbei taucht Fitzgerald in das vom ihm verhassten Hollywood-System jener Jahre ein, in dem er als Drehbuchautor – aus finanzieller Notlage heraus – erfolglos Fuß zu fassen suchte.

Fantastisch für eine Serienproduktion ist in der Tat der Look des Amazon-Produkts. Rund 50 Kreative der Sparten Ausstattung, Kostüm und Maske, die zuvor am Serienmeilenstein "Mad Man" arbeiteten, wanderten danach zu "Der letzte Tycoon" weiter. Dessen Handlung setzt Mitte der 30er-Jahre ein und schafft es bildgestalterisch, dass sich der Zuschauer tatsächlich in jene Ära zurückversetzt fühlt.

Starker Look, schwache Dialoge

Was dem anerkannten Autor Billy Ray ("Captain Phillips") erstaunlicherweise ziemlich missriet, ist jedoch das Drehbuch. Wer die Sprachpoesie und besonderen Stimmungen Fitzgeralds in der Serie sucht, wartet vergebens auf große Momente. Die Handlung plätschert dahin – nun gut, das tut sie auch in Roman und Spielfilm – aber sie tut es hier ohne jegliche Atmosphäre.

Ursprünglich sollte Ray seine Fitzgerald-Adaption für HBO produzieren, doch der Pay-TV-Veteran lehnte nach Ansicht eines Piloten ab. So kam Amazon zum Zug. Ob die neuerlich vergebene Chance, ein großes Stück Film aus großer amerikanischer Literatur zu machen, zumindest ein Streaming-Hit wird, darf aufgrund dramaturgischer Schwächen und schwacher Dialoge bezweifelt werden. Nur der Look von "The Last Tycoon" schafft es in die erste Serienliga.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

Das könnte Sie auch interessieren