ZDF-Reihe

"Herr und Frau Bulle: Totentanz" – Wer steht auf der Todesliste?

von Wilfried Geldner

Mehrere Bombenanschläge werden verübt, auch Profiler Heiko Wills ist offenbar ins Visier des Attentäters geraten. Doch was hat seine Militärzeit in Somalia damit zu tun?

ZDF
Herr und Frau Bulle: Totentanz
Kriminalfilm • 07.09.2019 • 20:15 Uhr

Da schau her: So ein Kuss, beim Bordeaux ("auf Zimmertemperatur") vor dem Freund! Wer's jetzt nicht glaubt, dass sie eine gute Ehe führen, der Profiler Heiko Wills (Johann von Bülow) und seine Frau Yvonne (Alice Dwyer), wird spätestens hier eines Besseren belehrt. Gut so, denn später im Film möchte man das dann doch immer wieder mal bezweifeln. Es gibt kaum verständnisvolle Ironie oder versteckte Zuneigung zwischen den beiden. Stattdessen wird auf Zuverlässigkeit und strengstes Funktionieren gepocht. Kaum Spannung zwischen ihnen, keine Funken, die da sprühen. "Ich kann besser denken als fühlen", gibt Heiko mal seiner Frau gegenüber preis. "Herr und Frau Bulle: Totentanz" – vieles muss man auch im zweiten ZDF-Film der losen Reihe mit der seltsamen Idee eines ungleichen Polizisten-Ehepaares einfach mal so schlucken.

Könnte ja sein, dass Heiko an einem posttraumatischen Belastungssyndrom leidet und deshalb so schwer fühlen kann. Heiko und sein bester Freund Piet (Andreas Pietschmann) haben vor langer Zeit mal in Somalia gedient, bekanntlich sind Bundeswehrtruppen auch heute noch da. Durch dick und dünn sind sie damals wohl gegangen. Jetzt sitzt Piet im geräumigen Wohnzimmer der Wills' und kann sich über deren Glück nicht recht freuen. Seine Tochter Jessica liegt im Krankenhaus, schwer atmend und wohlweislich todkrank.

Bei allem Halbironischen und viel verquälter Kriminalistensuada lässt Jessica (Flora Li Thiemann) den Zuschauer wirklich Anteil nehmen. Ein doppelbödiges Spiel am Abgrund, besorgt um den Vater, der sie im Krankenhaus besucht und dabei allerlei Entertainment vollführt, mit Limbo unterm Bett hindurch und Pommes als mitgeführte "Arznei".

Ego-Shooter statt Tennis

Es sollte wohl recht eigentlich ein tragisch endendes Buddy-Movie werden zwischen dicken Freunden, nicht zuletzt der Kummer um Jessica sollte sie noch einmal zusammenführen, die beiden, die sich – wie seltsam – dann aber mit allerlei militärischen Ritualen wie Salutieren, Saufen, im Stechschritt marschieren an alte Zeiten erinnern. "Tennis!" sagt der eine, als sie ein bisschen Auflockerung suchen, aber dann landen sie halt doch in einem Ego-Shooter-Raum.

Gleich zu Beginn geht eine Bombe hoch. Sie sollte wohl einem Staatssekretär gelten, der kurz zuvor aus seinem Auto gestiegen war, weshalb es den Chauffeur alleine trifft. Yvonne, die tüchtige Logikerin, schließt messerscharf auf die erwünschte Beseitigung eines Unliebsamen. Erpressung könnte im Spiel gewesen sein, weshalb wir erst einmal in der Absteige "Willy's Ecke" und in einem dortigen Sadomaso-Keller landen. Klar wurden da heimlich Videos gedreht.

Heiko, dem Profiler, hier "Fallanalytiker" genannt, hat man es zu verdanken, dass die Spur dann doch in eine ganz andere Richtung geht – zurück in die gemeinsame Militärzeit in Somalia. Es gibt weitere Bombenopfer, alle haben damals in Somalia gedient, weitere stehen wohl auf der Todesliste. Piet und Heiko entkommen einem Anschlag nur mit knapper Not.

Das hakelt sich so durch bis zum Shootout beim Geburtstag des Kriminaldirektors, an dem der gesuchte Täter in die Falle geht. Bis dorthin gibt es immer wieder vielfache Selbsterklärungen. Wie funktioniere ich richtig? Und wenn nein, warum nicht? Dabei ist die Erkenntnis, man habe in Somalia genau solche Bomben gebaut, wie sie nun zum Einsatz kämen, für einen Profiler doch eher überschaubar originell. Wäre es nicht sein Job, sich in die Psyche und die Motive des Täters hineinzuversetzen?

Tröstlich allerdings, dass die Optik (Regie: Uwe Janson, Kamera: Dominik Berg) jederzeit vom Feinsten ist. Großes Kino, wenn der "Fritz-Bus" (Flix-Bus?) das aus dem Quälekeller befreite Mädchen in die Heimat fährt: Spiegelungen, Gegenlicht und der traurige Blick der Kommissarin ganz lange hinter ihm her. Die Bilder befreien sich in solchen Momenten von den Fesseln des wortseligen Dialogs. Zumindest zwischendurch kann aufgeatmet werden.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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