Horst Krause im Interview

"Ich lebe gern in meinem Kiez"

14.01.2020, 06.03 Uhr
von Marcus Italiani
Brüder im Film, Freunde im wahren Leben: Horst Krause (r.) und Christian Grashof.
Brüder im Film, Freunde im wahren Leben: Horst Krause (r.) und Christian Grashof.  Fotoquelle: ARD Degeto / Olaf R. Benold

Horst Krause (78) ist nicht nur als Charakterdarsteller ein echtes Pfund in der deutschen TV-Landschaft. Ob als Polizist oder streitlustiger Rentner mit viel Herz: Die Krause-Figuren spielen gerne mit Klischees und überschreiten – wortwörtlich – Grenzen.

TV-TIPP

"Kryger bleibt Krüger"

Samstag, 18.1.

20.15 Uhr

ARD

Hier lesen Sie unsere Filmkritik zu "Kryger bleibt Krüger".

In "Kryger bleibt Krüger" muss Krause als Paul Krüger das Familienerbe in Tschechien vor der Übernahme internationaler Investoren bewahren und damit gleichzeitig ein ganzes Dorf retten. Das größte Hindernis dabei: sein störrischer Bruder Emil (Christian Grashof), der Paul nicht verzeihen kann, dass der als Kind nach dem Krieg mit der Mutter nach Deutschland geflüchtet ist. Wir sprachen mit Horst Krause über Umsiedlung, Tradition und die Hoffnung auf den Mut der Jugend.

Wie viel Horst Krause steckt in Paul Krüger?

Horst Krause: So viel, wie ich glaube, dass es nötig ist, die Figur Krüger dem Zuschauer glaubwürdig nahezubringen.

Ihre Mutter wurde mit Ihnen und Ihren Geschwistern nach dem Krieg selbst aus ihrer Heimat vertrieben. Welche Erinnerungen kamen in Ihnen wieder hoch, als Sie die Rolle gelernt haben?

Wir wurden "umgesiedelt"... Als wir umgesiedelt wurden, war ich ein sechsjähriges Kind und bin dann in Ludwigsfelde/ Brandenburg aufgewachsen. Mein Vater kam ein Jahr später aus sowjetischer Gefangenschaft. Es wurde dann nicht mehr viel darüber geredet. Für meine Eltern war das schlimm, und die Heimat konnten sie nie vergessen. Ich fühle mich als Brandenburger Berliner, ich lebe gern in meinem Kiez.

"Kryger bleibt Krüger" vereint auf der emotionalen Ebene Themen wie Vertreibung, Altersarmut und Entfremdung miteinander. Ist diese Vielfalt ideal für einen Charakterdarsteller oder in dem kompakten Plot eher schwierig umzusetzen?

Ich bin schon viele Jahre Schauspieler. Es macht mir sehr viel Spaß, mit der Figur die unterschiedlichsten Themen zu transportieren. Ich weiß, die Leute schauen und hören mir gerne zu. Sie lassen mich praktisch in ihr Wohnzimmer – ich hoffe, das bleibt noch lange so!

Was bedeutet Ihnen Tradition? Wann ist sie gesund, wann eher nicht?

Tradition im Sinne von Überlieferung oder Weitergabe von Kultur – für mich als Kultur schaffenden Menschen hat damit Tradition eine enorme Bedeutung. Kultur ist unser aller Lebenselixier. Ungesund wird es, wenn Tradition die Freiheit, das Denken und Handeln des anderen nicht respektiert.

Die wirtschaftliche Bedrohung ganzer Gemeinden durch den plötzlichen Wegfall des größten Arbeitgebers ist vielerorts Realität geworden. Müssen die Menschen sich anpassen, um mit dieser Entwicklung Schritt zu halten oder muss sich unsere Gesellschaft entschleunigen?

Ich vertraue auf meine Mitmenschen und deren gesunden Menschenverstand. Unsere jungen Menschen verschaffen sich Gehör und kämpfen für unsere Umwelt – das gefällt nicht immer – sie sind jung, es ist doch schon mal gut, dass sie sich für ihre Welt beziehungsweise Umwelt wieder interessieren und nicht nur hinter den Computerbildschirmen aus Plastik hängen.

Mit Ihrem Gegenpart Christian Grashof verbindet Sie eine lange Geschichte. Was ist Ihnen aus der gemeinsamen Zeit an der Berliner Schauspielschule im Gedächtnis geblieben?

Wir sind Freunde geblieben – das ist selten und heute mit den vielen Jahren einfach nur schön.

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