Film in der ARD

"Martha und Tommy": Eine Szene wollte Senta Berger nicht spielen

von Maximilian Haase

Tommy hält sich mit illegalen Martial-Arts-Kämpfen über Wasser. Vor seiner netten Nachbarin versucht er, sein Geheimnis zu verbergen. Senta Berger und Jonathan Berlin überzeugen als "Martha und Tommy" in einem vielschichtigen ARD-Drama.

ARD
Martha und Tommy
Komödie • 24.02.2021 • 20:15 Uhr

Eine der größten Ikonen des deutschen Films trifft auf einen der gefragtesten hiesigen Nachwuchsstars: Senta Berger und Jonathan Berlin spielen im ARD-Drama "Martha und Tommy" die titelgebenden Hauptfiguren, die sich umeinander sorgen – und doch so manches voreinander verbergen. Dabei zieht das vielschichtige Stück Fernsehen unter Regie von Petra Katharina Wagner zahlreiche Register: Es geht um Nachbarschaftshilfe, Vertrauen und generationenübergreifende Freundschaft, aber auch um Lügen, Geheimnisse, Familienkonflikte – und blutige Fights.

Letztere werden zum Dreh- und Angelpunkt des ebenso zarten wie brutalen Dramas: Bergers Figur Martha kümmert sich liebevoll um Tommy (Berlin) und dessen kleinen Bruder Winnie (Emile Chérif), die kürzlich im Haus der empathischen älteren Dame eingezogen sind. Nachts jedoch verschwindet der zunächst unnahbare junge Mann regelmäßig: Tommy, der eigentlich Jura studiert und ein enormes Talent am Klavier besitzt, muss sich mit illegalen Mixed-Martial-Arts-Kämpfen über Wasser halten. Für Darsteller Jonathan Berlin eine Herausforderung: Er bereitete sich mit Kampftraining und Klavierstunden auf den Film vor. Seine Figur Tommy kämpft indes nicht nur des Geldes wegen – auch reizen ihn die gewaltvollen Duelle ohne Boxhandschuhe und Kopfschutz, auf die im Hamburger Hafenviertel St. Pauli hohe Summen gewettet werden.

Auch wenn der junge Kämpfer Ausreden erfindet, um sein Geheimnis vor der netten Nachbarin zu verbergen, nähern sich Martha und Tommy langsam freundschaftlich an. So weit, dass sie Verantwortung übernimmt, als plötzlich der Vater der Brüder das Sorgerecht für Winnie verlangt – und seinem älteren Sohn Tommy nur Verachtung dafür entgegenbringt, dass dieser nicht wie er selbst Pianist werden will. Unterstützung erfährt Martha dabei von Max, einem alternden Boxtrainer, der in sie verliebt ist – verkörpert in grandioser "Million Dollar Baby"-Manier von einem wie die Faust aufs Auge passenden Uwe Kockisch.

Inszeniert ist die Story mit einem sensiblen Sinn für Details, einem Gespür für die richtige Tonalität – und trotz aller Wendungen nachvollziehbar. Das war vor allem für Senta Berger wichtig: "Ich entscheide mich immer für die Geschichte, wie sie erzählt wird und ob ich sie glaubwürdig miterzählen kann", erklärte die Schauspielerin, die in diesem Mai ihr 80. Lebensjahr vollendet, gegenüber der Nachrichtenagentur teleschau. Der Sinn Bergers für jene Glaubwürdigkeit war es dann auch, der das Filmprojekt paradoxerweise ins Stocken brachte.

Denn: Eine entscheidende Szene, in der Martha Tommy bei einem seiner illegalen Kämpfe anfeuern sollte, habe Berger nicht spielen wollen, wie die zuständige NDR-Redakteurin Sabine Holtgreve vorab verriet: "Diese Szene war für Senta Berger ein No-Go. Sie war fest davon überzeugt, dass ihre Figur Martha Gewalt verabscheuen würde und dies niemals tun würde." Letztlich habe die gebürtige Wienerin mit ihren Argumenten überzeugen können – die Szene wurde gestrichen. Dennoch ist Martha "nur auf den ersten Blick eine mitfühlende und zupackende Frau für ihre ganze Nachbarschaft", wie es Senta Berger ausdrückt: "Sie verbirgt ihre Traurigkeit, ihre Angst vor dem Leben. Das hat mich interessiert, zu zeigen."

Es erweist sich nämlich, dass auch Martha Geheimnisse hat – und Tommy ahnt das. Dass die Freundschaft zweier so ungleicher Menschen so ungekünstelt erscheint, liegt am überzeugenden Skript, vor allem aber am beeindruckenden Spiel beider Hauptdarsteller – verdichtet in einer atemberaubend intensiven Szene, in der Tommy vor der schreienden Martha ein Klavier zertrümmert.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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