Martina Hill

"Ich war keine klassische Ulknudel"

von Frank Rauscher

"Ich wollte schon immer mal in 'nem Glitzerfummel eine Showtreppe runtergetanzt kommen", lacht Martina Hill. Nun darf die 44-Jährige den alten Traum endlich ausleben. In ihrer neuen Sendung "Die Martina Hill Show" (ab Freitag, 26. Oktober, 23.15 Uhr, SAT.1) wird es eine Showtreppe geben, und auch sonst ist alles für eine bunte Comedysause angerichtet.

Martina Hill vespricht eine Mischung aus "Switch reloaded", "Knallerfrauen" und einer Live-Comedy-Show – ohne harte politische Kante. "Wir sehen uns mit unserem kleinen Programm mehr als Teil des Amüsement-Betriebs. Die Politik findet bei uns, wenn überhaupt, dann nur am Rande statt." Im Interview verrät die Comedienne und Schauspielerin, worauf es ankommt, damit Sketche und Parodien im Fernsehen funktionieren.

prisma: Frau Hill, Sie machen seit 15 Jahren Fernsehen. Können Sie sich noch an Ihre erste TV-Nummer/Parodie erinnern?

Martina Hill: Ja, das war Sonja Kraus. Das war damals bei "Happy Friday", einer Comedy-Show in SAT.1. Damals hatte Sonja Kraus noch ihre Talkshow "Talk Talk Talk", und ich habe eine Nummer gespielt, in der ich nicht nur sie als Moderatorin, sondern gleichzeitig auch alle Gäste gespielt habe.

prisma: Pauschal gefragt: War das Fernsehen 2003 lustiger als heute?

Martina Hill: Schwer zu sagen, die Fernseher sahen zumindest noch lustiger aus, als heute – so dick und rund.

prisma: Und davon abgesehen?

Martina Hill: Fernsehen ist immer Spiegel seiner Zeit. Viele Nummern, die wir damals lustig fanden, würden heute nicht mehr so gut funktionieren, andere sind immer noch genauso gut wie damals. Der Zeitgeist ändert sich und somit auch alle Kunstformen, zu denen ich auch die Comedy zähle. Ich habe damals über vieles im Fernsehen gelacht und finde heute auch vieles lustig. Wenn ich früher was richtig lustig fand, kann ich mich heute immer noch drüber beömmeln. Aber klar, der Markt ist einfach viel größer geworden, und über die Streaming-Dienste und das Internet stehen einem jetzt die Comedy-Programme der ganzen Welt zur Verfügung.

prisma: Der ganz große Comedy-Hype ist vorbei. War es vor 15, 20 Jahren leichter für Comedians im TV?

Martina Hill: Sagen wir, das Publikum ist anspruchsvoller geworden und hat schon sehr viel gesehen. Demensprechend sind die Anforderungen auch größer geworden, sich in diesem Umfeld zu bewegen, besonders wenn man etwas Neues zeigen und überraschen möchte. Vor diesem Hintergrund gibt es auch immer weniger Tabus oder Grenzen, an denen die Comedy früher mit großer Sicherheit Halt gemacht hätte.

prisma: Wollten Sie schon als Mädchen zum Fernsehen?

Martina Hill: Nein. Dass ich mal Schauspielerin werden würde, hatte ich lange Zeit nicht auf dem Zettel. Dank eines Praktikums beim Rundfunk habe ich über die Arbeit am Mikrofon festgestellt, dass mir das Texte-Einsprechen totalen Spaß macht. Darüber ist mir die Idee gekommen, Synchronsprecherin zu werden, wobei ich dann erfahren habe, dass man dafür in der Regel eine Schauspielausbildung braucht. Also habe ich Schauspiel studiert. Und so kam eins zum andern. Deshalb freue ich mich jedes Mal riesig, wenn ich für einen Animationsfilm synchronisieren kann, wie bei "Ich – Einfach unverbesserlich" oder "Drachenzähmen leicht gemacht".

prisma: Wie merkt man eigentlich, dass man eine Begabung für Humor hat?

Martina Hill: Ich war keine klassische Ulknudel oder der Pausenclown. Aber wenn ich es mir aussuchen konnte, habe ich Quatsch dem eigentlichen Unterricht vorgezogen. Vor allem in Mathe und Chemie. Bei uns zu Hause wurde auch immer viel gelacht, meine Eltern haben mit uns Kindern immer viel Blödsinn gemacht.

prisma: Vom schauspielerischen Talent einmal abgesehen – welche Eigenschaften braucht es noch für Ihren Job? Worauf kommt es an?

Martina Hill: Man sollte sich gut fühlen mit dem, was man tut, und möglichst frei und selbstbestimmt sein. Auf den eigenen Bauch zu hören, ist enorm wichtig. Aber in erster Linie ist es der Spaß an dem, was man tut. Wenn man das Glück hat, zusammen mit Kollegen arbeiten zu dürfen, denen es ebenso geht, ist das die beste Grundlage.

prisma: Also geht es lustig zu am Set?

Martina Hill: Bei der Arbeit bin ich ziemlich perfektionistisch und fleißig, anders als in der Schule. Ich feile gerne an Nummern herum und probiere vieles aus. Aber ja, der Spaß steht bei mir, auch wenn es oft harte Arbeit ist, auf jeden Fall im Vordergrund.

prisma: Wie entwickeln Sie Ihre Witze, und ab wann können Sie über Ihre eigenen Sketche lachen?

Martina Hill: Das kommt immer ein bisschen darauf an, um welche Figur es geht. Bei Parodien ergibt sich das oft schon durch das Studium der prominenten Vorlage. Da habe ich beim Fernsehgucken schon manchmal das Gefühl, das könnte lustig werden. Da ich mich den Figuren mit einem gewissen parodistischen Ansatz nähere, schaue ich bereits im Vorfeld, in welche Richtung ich bei der Erarbeitung der Figur gehen kann, damit es auch lustig wird. Wie und ob die Figur funktioniert, merke ich in den meisten Fällen allerdings zum ersten Mal, wenn ich am Drehtag selbst in Maske und Kostüm vor die Kamera trete und die Figur zum Leben erwecke. Bei fiktiven Figuren habe ich den Ansatz meistens schon etwas früher. Die kommen aus mir heraus. Wo ich die herhole, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Das passiert meist ganz unbewusst.

prisma: Nun also die "Martina Hill Show": eine Show mit Glitzer, Glamour, Showtreppe – und dem eigenen Namen im Titel: Sind Sie am Ziel aller Träume?

Martina Hill: Die Martina Hill Show" war für mich einfach der nächste Schritt. Nach sechs Staffeln "switch reloaded" und vier Staffeln "Knallerfrauen" wollte ich ein neues Gefäß haben, in dem ich beides verbinden kann: Parodien und lustige Figuren, aber eben auch den aus dem Alltag gegriffenen Mutter-Kind-Sketch. Ich hatte einfach mal wieder wahnsinnig Lust auf laut, bunt und wild. Alles ist erlaubt. Außerdem wollte ich schon immer mal in 'nem Glitzerfummel eine Showtreppe runtergetanzt kommen.

prisma: Worauf darf sich das Publikum freuen?

Martina Hill: Es gibt tolle Sketche, tolle Gäste, ein wunderschönes Studio und tolle Kostüme. Es wird laut, knallig bunt und lustig. Bei "switch reloaded" gab es nur Parodien auf die Fernsehlandschaft, bei "Knallerfrauen" ging es fast ausschließlich um Alltagsthemen. "Die Martina Hill Show" ist quasi eine bunte Mischung aus "Switch reloaded", "Knallerfrauen" und einer Live-Comedy-Show. Es gibt "Knallerfrauen"-Sketche, unterschiedliche Parodien, neue Figuren, und es ist alles erlaubt, was Spaß macht! Da ist für jeden was dabei.

prisma: Nachdem heute die Politik allgegenwärtig ist und kein Thema mehr gänzlich unsensibel zu sein scheint: Wie politisch wird Ihre Show?

Martina Hill: Meine Sendung ist in erster Linie eine Unterhaltungssendung. Wir sehen uns mit unserem kleinen Programm mehr als Teil des Amüsement-Betriebs. Die Politik findet bei uns, wenn überhaupt, dann nur am Rande statt. Im Grunde nur dort, wo sie das alltägliche Leben oder die Inhalte unserer Fernseh-Parodien streift. Auch wenn ein Politiker in der Sendung stattfindet, steht hier kein politischer Ansatz im Vordergrund. Dafür gibt es die "heute-show" und die politischen Satire-Programme. Das kann und möchte ich auch gar nicht in der Sendung erfüllen.

prisma: Stichwort Social Media: Muss man als Unterhaltungskünstler heutzutage mehr aushalten als früher – gehört das dicke Fell einfach dazu?

Martina Hill: Früher wurde mit welkem Gemüse geworfen, das stell ich mir unangenehmer vor.

prisma: Was sagen Sie jenen, die noch immer auf eine Reunion von "Switch reloaded" hoffen?

Martina Hill: Never say never.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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