Interview mit Sabine Postel

"Diese Rolle war wie ein Ritterschlag"

06.03.2018, 06.10 Uhr
von Matthias M. Machan
Hört 2019 beim "Tatort" auf eigenen Wunsch auf: Schauspielerin Sabine Postel.
BILDERGALERIE
Hört 2019 beim "Tatort" auf eigenen Wunsch auf: Schauspielerin Sabine Postel.  Fotoquelle: Stephan Pick/Radio Bremen

In prisma spricht Schauspielerin Sabine Postel über die Dreharbeiten zum jüngsten Tatort und ihren Abschied als langjährige Hauptkommissarin Inga Lürsen.

TV-Tipp

Beklemmender Krimi über Ungerechtigkeiten im deutschen Pflegesystem und persönliche Schicksale alter Menschen. "Tatort: Im toten Winkel" Sonntag, 11. März 20.15 – 21.45 Uhr.

Dieser "Tatort" aus Bremen geht an die Nieren. Gleich in der ersten Szene erstickt Rentner Horst Claasen (Dieter Schaad) seine demenzkranke Frau. Hauptkommissarin Inga Lürsen (Sabine Postel) und ihr Kollege Stedefreund (Oliver Mommsen) sehen sich mit einem Tabuthema konfrontiert, das aktueller kaum sein könnte: dem Pflegenotstand. Hat sich Claasen die häusliche Pflege tatsächlich nicht leisten können? Die beiden Kommissare ermitteln tief in den Abgründen des deutschen Pflegesystems.

Frau Postel, "Im toten Winkel" konfrontiert uns auf beklemmende Weise mit der Ohnmacht in der häuslichen Krankenpflege. Wie haben Sie sich dem genähert?

Es ist ein Appell zur rechten Zeit! Ich war sehr berührt, dass diese Thematik Platz im Tatort findet. Wir alle sind ja irgendwann vom Thema Pflege betroffen. Leider gibt es hierzulande bei der häuslichen Pflege unglaubliche Missstände. Es ist ein Skandal, wie man im reichen Deutschland mit den Pflegebedürftigen umgeht. Nur, wenn der Pflegebereich gesellschaftlich wie finanziell deutlich aufgewertet wird und ausreichend Stellen für diese verantwortungsvolle Arbeit geschaffen werden, haben wir eine Chance, in Würde und Respekt zu altern.

Wie lange blieb die Rolle an der Kleidung haften?

Da bleibt was hängen. Ich habe den Rohschnitt gesehen und war bedrückt.

Lürsen möchte im Alter niemandem zur Last fallen und hat für sich ein "sozialverträgliches Frühableben" beschlossen.

Lürsen ist ja per se ein einsamer Mensch. Ich weiß nicht, ob ich mutig genug wäre. Ich hänge so sehr am Leben. Viel wichtiger ist eine Patientenverfügung. Die, die einen lieben, sollen entscheiden, wenn man das selbst nicht mehr kann.

Was haben Lürsen und Sie gemeinsam?

Wir sind beide sehr sozial engagiert, sehr geradeaus und geerdet. Doch ich habe einen ganz anderen Ansatz zum Leben. Ich bin ein Familienmensch!

36 Folgen in 22 Jahren sind eine Ewigkeit!

Das "Bremer Format" und der Ansatz, dass der Mörder nicht immer der Gärtner ist, haben dazu geführt, dass man nicht übermü- det. Ich hätte mir allerdings ein bisschen mehr Privates bei Inga Lürsen gewünscht.

Sie ist Ihnen in all den Jahren trotzdem ans Herz gewachsen.

Als mir die Rolle damals angetragen wurde, fühlte ich mich sehr geehrt. Das war ein Ritterschlag. Obwohl mir die Polizeiarbeit sehr fremd und die Schießübungen noch fremder waren. Aber ich bin hineingewachsen.

Ist sonntags auch für Sie "Tatort"-Zeit?

Ich schaue jeden Sonntag "Tatort". Dabei gucke ich kritisch, aber neidfrei. Ich mag die Kollegen aus München und Köln. Mit einigen anderen gehe ich nicht konform, aber ich gönne ihnen den Erfolg.

Also kein Ritterschlag mehr?

Nein, aus meiner Sicht kein Ritterschlag mehr. Die Krimi-Landschaft ist ausufernd geworden. Mir wechseln die neuen Teams zu schnell und ich finde, manche haben nicht so viel an Glaubwürdigkeit.

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