Schauspieler im Interview

Wie viel Möhring steckt in Falke?

17.03.2022, 13.39 Uhr
von Felix Förster
Thorsten Falke ist im neuesten Fall auf sich allein gestellt.
BILDERGALERIE
Thorsten Falke ist im neuesten Fall auf sich allein gestellt.   Fotoquelle: NDR/Marc Meyerbroeker

Thorsten Falke alias Wotan Wilke Möhring muss im neuen "Tatort: Tyrannenmord" ungewohntes Terrain betreten: Er ermittelt in einem Elite-Internat. Erschwerend kommt für ihn hinzu, dass seine Kollegin Franziska Weisz in Hannover festsitzt. prisma hat Wotan Wilke Möhring befragt.

Der neue "Tatort: Tyrannenmord" befasst sich mit den Themen Eliten, Diktaturen und dem Umgang mit entsprechenden Staaten. Ihr Charakter, Thorsten Falke, trifft auf eine Welt, die ihm ziemlich fremd ist. Er muss in einem Elite-Internat ermitteln. Eine Welt, die ihn zunächst sichtlich abstößt. Wie haben Sie die Rolle in dieser Folge angelegt?

Wotan Wilke Möhring: Falke ist Falke. Internat ist für ihn erst einmal immer Elite, doch in diesem Fall liegt er da nicht so ganz richtig. Die Vorselektierung, die er bei einer solchen Schule im Kopf hat, dass jeder erst einmal 30.000 Euro bezahlen muss, damit die eigenen Kinder dort aufgenommen werden, wirkt auf ihn natürlich ungerecht. Von dieser Haltung ist anfänglich sein Blick auf diese Schule geprägt. Als der Schule am Ende das Aus droht, hat sich seine Wahrnehmung aber dahin gehend geändert, dass Internate manchmal auch eine gute Alternative sein können, etwa für Leute, die auf dem Land leben und sich eine gute Schule für ihre Kinder wünschen. Wenn aber durch eine finanzielle Auswahl vorsortiert wird, dann wird es ein Problem, denn dann haben nicht mehr alle die gleichen Möglichkeiten. Die Frage für Falke ist natürlich erst einmal, was soll er denn da? Was gibt es zu ermitteln? Vor allem, weil ihm ja auch nicht alle Informationen gegeben werden. Das nervt ihn schon, auch getrennt von der Kollegin zu sein. Und dann ist da auch dieser neue Kollege aus dem Dorf...

Ihre erste Begegnung mit dem neuen Kollegen Felix Wacker hat dann auch komödiantische Züge...

Wotan Wilke Möhring: Falke nerven die Umstände eigentlich schon genug, und dann kommt dieser Typ auch noch mit dem Klapprad zur Arbeit. Das ist so eine spannende Lethal-Weapon-Situation, er kommt aus der Großstadt, ist aber angewiesen auf den Kleinstadtbullen.

Diese "Tatort"-Folge hat einen ernsten Grundtenor, aber einige Situationen mit dem Kollegen Wacker sind durchaus humorvoll. Ist das eine einmalige Geschichte mit ihm oder kann sich daraus noch mehr entwickeln?

Wotan Wilke Möhring: Nein, das ist nur eine Gastrolle. Falkes Kollegin Julia Grosz ist ja in dieser Folge anders eingespannt, sie wird aber im nächsten Fall wieder voll dabei sein. Wacker sagt ja auch zum Schluss "Das ist wohl doch nichts für mich" und so war das dann auch gedacht.

Um noch einmal zum Thema Internat zurückzukommen: Wenn Politiker ihre Kinder auf Privatschulen und Internate schicken, fernab von den Problemen der öffentlichen Schulen, kann das problematisch sein?

Wotan Wilke Möhring: Das ist eine individuelle Entscheidung. Ich würde diese Schulform für meine Kinder nicht wählen, weil ich sie dann zu wenig um mich haben würde.

Das Ende von "Tyrannenmord" ist dann eine große Überraschung, wodurch das politische Thema dann doch etwas in den Hintergrund geschoben wird. Wie fanden Sie persönlich diesen Twist, weg vom Politischen hin zum – sagen wir einmal eher "Zwischenmenschlichen"?

Wotan Wilke Möhring: Ich bin davon überzeugt, dass hinter vielen großen politischen Entscheidungen meistens auch eine persönliche Haltung steht. Jede Geschichte wie wir sie auch in "Tyrannenmord" erzählen, ist meistens auch eine persönliche Tragödie. Egal, was auch immer passiert, letztlich sind wir am Ende alle nur Menschen, unabhängig vom Status, der Bildung oder der Herkunft.

Dieser "Tatort" wartet mit tollen Schlusssätzen auf: einmal der Ihres Vorgesetzten, der sagt "Wir tun, was wir können, mehr können wir nicht tun." Sie sagen: "Man kann immer mehr tun", und dann dieser wunderbare Dialog zwischen Franziska Weisz und Ihnen: "War so langweilig ohne dich." – "Ohne dich auch". Wie war diese "Alleingänger-Episode" für Sie?

Wotan Wilke Möhring: Man weiß das ja vorher, deshalb war ich nicht überrascht, aber diese Sätze passen schon. Unsere Figuren kennt man ja immer im Austausch miteinander, und das findet hier nicht so statt. Den Partner, auf den man sich blind verlassen kann, den gibt es in dieser Folge einfach nicht.

Ich habe schon mit Ihren Kollegen Udo Wachtveitl, Anna Schudt oder auch André Kaczmarczyk vom Polizeiruf darüber gesprochen, dass es in den Krimireihen "Tatort" und auch "Polizeiruf" mitunter sehr ernst zugeht und sie sich mehr Humor wünschen würden. Wie sehen Sie das?

Wotan Wilke Möhring: Schwierige Frage. Man muss eben sehen, was man erzählen will. Wenn ich ein bestimmtes Schicksal im Auge der Zuschauer als "Tatort"-Ermittler nicht so ernstnehme, dann kann das respektlos wirken. Es soll keine Abgestumpftheit transportiert werden, denn es ist ja ein Drama dahinter, und jeder Fall soll in Falke etwas bewegen oder ihn berühren. Sonst ist das "Dienst nach Vorschrift", und das wäre ja nicht Falke. Grundsätzlich finde ich den Humor schon wichtig. So ein Satz wie "Man kann immer mehr tun", der stammt von mir. Da bin ich mit Falke einer Meinung.

"I’m so bored with the USA" von The Clash hört Falke im Auto, er trägt ein Shirt der amerikanischen Punk-Band Hüsker Dü, Sie waren ja selbst in einer Punk-Band. Etwas Möhring steckt in Falke, das kann man schon so sagen, oder?

Wotan Wilke Möhring: Bestimmt. Es gibt natürlich viele Unterschiede, ich bin Familienmensch und großer Fußballfan, Falke gar nicht. Bei der Entwicklung der Figur wollten sie mir ja St. Pauli andrehen oder den HSV, da habe ich gesagt, nee, das geht mir zu weit. Dann lieber gar nichts. Falkes Herkunftsnachweis ist der Kiez, das hat gereicht.

Sie sind aktuell noch mit einer anderen Sendung im Fernsehen zu sehen. In "Baum & Möhring – Im Einsatz mit deutschen Spezialeinheiten" waren Sie mit Henning Baum für RTL+ bei der GSG9. Was verbirgt sich hinter dem Format? Wie war das für Sie?

Wotan Wilke Möhring: Mich hat die Realität dieser Einheit interessiert, auch für meine Rolle als Thorsten Falke. Ich bin immer wieder erstaunt, wie naiv manche Menschen bezüglich der Rolle der Polizei in einem Rechtsstaat sind. Da ist dann im Tatort auch nicht die Frage, wie stelle ich mir eine Verhaftung vor, sondern wie ist das in echt? Deswegen war diese Nummer mit der GSG9 mal ein schöner Reality-Check, um das mal zu überprüfen. Das Format war ein sehr interessanter Ausflug.

Sie haben bei "Sing 2" zum ersten Mal in einem Animationsfilm gesprochen. Wie war diese Erfahrung?

Wotan Wilke Möhring: Das habe ich nur gemacht, damit meine Kinder endlich mal ins Kino gehen können in einen Film von mir, und wenn es nur meine Stimme ist (lacht). Dass das so eine große Rolle ist, war mir gar nicht bewusst. Es war interessant, nur mit der Stimme arbeiten zu können. Das war mal etwas komplett anderes.

  • "Tatort: Tyrannenmord", Sonntag, 20. März, 20.15 Uhr, ARD

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