TV-Visionär wäre 100 Jahre alt geworden

"Ein Herz und eine Seele", "Millionenspiel" und mehr: Wie Wolfgang Menge das Fernsehen prägte

10.04.2024, 13.19 Uhr

Wolfgang Menge prägte das deutsche Fernsehen entscheidend mit und erfand TV-Klassiker wie "Das Millionenspiel" und Ekel Alfred Tetzlaff. Am 10. April wäre der Visionär 100 Jahre alt geworden. Wir blicken auf sein außergewöhnliches Wirken zurück. 

Das Lebenswerk von Wolfgang Menge

"Es gibt zwei Sorten von Fernsehkritikern", sagte Wolfgang Menge einmal. "Diejenigen, die mich am A.... lecken können und diejenigen, die nicht einmal das dürfen." Der Film- und Fernsehautor war ein Mann der klaren Worte, sowohl mündlich als auch schriftlich. Und er war ein Visionär. Beides machte ihn zur TV-Legende. Wie kein anderer verstand es der Mann mit der markanten Glatze, Unterhaltung, Satire und politische Information zu einem Paket zu schnüren. Dabei nahm der Erfinder von "Das Millionenspiel" und Ekel Alfred Tetzlaff seine Zuschauer immer ernst. Am 10, April hätte der TV-Visionär seinen 100. Geburtstag gefeiert.

Als Menge im Oktober 2012 im Alter von 88 Jahren starb, würdigten viele Fernsehmacher sein Schaffen: "Mit Wolfgang Menge haben wir einen der ganz Großen der deutschen Fernsehunterhaltung verloren", sagte Monika Piel, damalige ARD-Vorsitzende und WDR-Intendantin. "Im Laufe vieler Jahre hat Menge ein Lebenswerk geschaffen, das im deutschen Fernsehen seinesgleichen sucht." Der ehemalige Programmdirektor Volker Herres schloss sich an: "Wolfgang Menge war ein Schwergewicht des Leichten, der Unterhaltung im Fernsehen."

Er habe das ARD-Hauptprogramm entscheidend geprägt und bereichert, etwa mit der "Stahlnetz"-Reihe und dem Zollfahnder Kressin für den "Tatort". "Sein Dokumentarspiel 'Smog' thematisierte die Folgen einer Umweltkatastrophe lange vor der Ökobewegung, die Fernsehparodie 'Das Millionenspiel' den menschenverachtenden Voyeurismus lange vor quotenorientiertem Sensationsfernsehen und Reality-TV."

Wolfgang Menge: Autor, Journalist, Talkshow-Moderator

Bereits Ende der 60er-Jahre ahnte Wolfgang Menge voraus, wohin sich das Fernsehen entwickeln würde. "Das Millionenspiel" (1970) ist eines seiner bekanntesten Werke, die heutzutage fast prophetisch anmuten. Er thematisierte darin die Vermischung von Fiktion und Realität. Mit der Mediensatire um eine fiktive Fernsehshow, die den Überlebenden einer tödlichen Hetzjagd unter Beteiligung der Öffentlichkeit mit einer Million Mark belohnte, war Menge seiner Zeit weit voraus. Legendär ist auch sein Ekel Alfred Tetzlaff, der "Held" der TV-Satire "Ein Herz und eine Seele" (1973-1976) nach britischem Vorbild. Der großmäulige deutsche Spießer lässt den Betrachter auch bei der x-ten Wiederholung noch frösteln und lachen.

Man kann sagen, Menge machte Qualitätsfernsehen der dritten Art: Die Kritiker jubelten, das Publikum klatschte oder geiferte, und die Programmchefs rieben sich angesichts der Einschaltquoten die Hände. Es sei denn, sie waren zu beschäftigt damit, waschkörbeweise Beschwerdebriefe zu beantworten. Denn der erstklassige Beobachter und Zuhörer Menge legte seine Finger mit Vorliebe in die offenen Wunden, die der Rest der Republik gelegentlich lieber übersieht. Scharfsinnig lotete er etwa die deutsch-deutschen Befindlichkeiten aus ("Die Dubrow Krise", 1969, "Motzki", 1993).

Der einmalige Spürsinn des preisgekrönten Fernsehmachers

Sein Spürsinn und seine Fähigkeit, die Dinge auf den Punkt zu bringen, brachten den 1924 in Berlin geborenen Wolfgang Menge bereits in seinen Anfängen als Journalist weit: Er war der erste Reporter, der 1949 vom "Hamburger Abendblatt" eingestellt wurde, der erste deutsche Korrespondent in Tokio nach dem Krieg und schließlich auch noch der erste deutsche Journalist, der mit der Transsibirischen Eisenbahn von Peking nach Moskau reisen durfte. Später gehörte Menge zu den Mitbegründern der Radio Bremen-Talkshow "3nach9" und von 1974 bis 1982 auch zum Moderatorenteam der Runde (damals "III nach 9").

In seinem letzten Drehbuch "Kelly Bastian – Geschichte einer Hoffnung" (2001) schlug der passionierte Ironiker schließlich sogar sanfte, besinnliche Töne an, um die tragische Liebesgeschichte zwischen der Grünen-Politikerin Petra Kelly und ihrem Mitstreiter und Geliebten Gert Bastian möglichst authentisch auf den Bildschirm zu bringen. "Ich habe mich nie als warnende Kassandra vor den Auswüchsen des Fernsehens verstanden", sagte der vielseitige und vielfach preisgekrönte Fernsehmacher in einem seiner seltenen Interviews. "Mein Ziel war es immer, den Zuschauer nicht zu langweilen, und das habe ich geschafft."


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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