Film bei ARTE

"BlacKkKlansman": brachiale Lust an der Provokation

von Andreas Fischer

Ein schwarzer und ein jüdischer Polizist unterwandern den Ku-Klux-Klan. Spike Lee geht in "BlacKkKlansman", der auf einer wahren Begebenheit beruht, wenig subtil vor. Muss er auch gar nicht.

ARTE
BlacKkKlansman
Drama • 14.07.2021 • 20:15 Uhr

Ein Jude vertritt einen Afroamerikaner, um den Ku-Klux-Klan zu unterwandern. So etwas kann nur Spike Lee ("Malcolm X") erfinden, denkt man. Hat er aber nicht. Die Story für seinen Film "BlacKkKlansman" (2018) hat sich die Wirklichkeit ausgedacht. Lee hat sich lose daran orientiert und sie dankbar weiterverarbeitet: Die Vergangenheit und die Gegenwart werden eins in einem Film, der den alltäglichen Rassismus in den USA in seiner ganzen Unerträglichkeit an den Pranger stellt und nun auf ARTE als Erstausstrahlung zu sehen ist. Subtil geht Spike Lee dabei nicht vor, aber das muss er nicht. Er nutzt das Kino schamlos als Propagandamaschine aus – und das ist nicht nur recht und billig, sondern auch ziemlich unterhaltsam.

Man muss nicht allzu lange warten, bis Ex-Präsident Donald Trump in "BlacKkKlansman" auftaucht. Alec Baldwin parodiert ihn als Ku-Klux-Klan-Agitator vortrefflich. Ein paar Szenen später wird der erste schwarze Polizist in Colorado Springs inbrünstig "America First ... America First ... America first ..." rufen, Trumps Wahlkampfslogan, der nachweisbar bereits vom KKK verwendet wurde. Ron Stallworth heißt der Cop mit dem Ehrfurcht einflößenden Afro. Gespielt wird er von John David Washington (dem Sohn von Denzel Washington) mit beeindruckendem Stoizismus. Stallworth bewirbt sich bei der örtlichen Polizei, wird als erster Afro-Amerikaner eingestellt, fristet zunächst ein Dasein als Archivar und Abladestelle für rassistische Auslassungen seiner Kollegen.

Dann aber steigt er auf in die Undercover-Einheit. Er soll die örtliche Black Students Union unterwandern, die sich immer lautstärker gegen den Rassismus zur Wehr setzt. Ron erledigt diese Aufgabe, indem er mit der Chefin der aufrührerischen Studenten zart anbandelt. Gleichzeitig aber antwortet er auf eine Anzeige des Ku-Klux-Klans und bewirbt sich als Mitglied.

"Der Shit ist wirklich passiert"

Der Klan ist von dem Schwarzen- und Judenhasser am Telefon begeistert, Landeschef David Duke (Topher Grace) setzt sich persönlich für den Vorzeige-Weißen ein. Der schickt zu den Treffen freilich einen Kollegen: Flip Zimmerman (Adam Driver) hat zwar die "richtige" Hautfarbe. Allerdings ist er auch Jude, worüber er bis dahin nicht einmal nachgedacht hatte.

"Der Shit ist wirklich passiert" hat Spike Lee am Anfang des Films, der in den 1970er-Jahren verortet ist, rotzig eingeblendet. Aber das alles ist hochaktuell. Lee zeigt das mit einer brachialen Lust an der Provokation, ist komisch und seriös, nüchtern und aberwitzig – und ziemlich geradlinig.

Man fragt sich natürlich: Darf er das? Darf der Film so simpel konstruiert sein? Dürfen die Klan-Mitglieder ausnahmslos Parodien von Idioten sein? Darf man lachen dürfen, wenn man heulen müsste? Natürlich! "BlacKkKlansman" ist eine Farce, ein politisches Statement – und der Film verliert absolut gar nichts von seiner Wirkung durch Lees Hang zu grotesker Übertreibung.

Im Gegenteil: Indem sich "BlacKkKlansman" in seiner Blaxploitation-Anmutung mit all dem schwarzen Humor an ein Mainstream-Publikum richtet, kann er populär und politisch zugleich sein. Zumal Lee lustvoll alle Register der Filmkunst zieht, in Parallelmontagen Historisches und Aktuelles vermengt, Aufklärung und Fanatismus gegenüberstellt und sich auch nicht scheut, den Black-Liberation-Aktivisten zu zeigen, dass militante Verallgemeinerungen nicht ausreichen, um die Gesellschaft zu verändern.

Wie zwingend die Veränderungen sind, zeigt Lee unkommentiert in den letzten Szenen des Films: Archivaufnahmen von den Ereignissen in Charlottesville im Jahr 2017. Beim Anschlag eines Rechtsextremisten kam eine Bürgerrechtsaktivistin ums Leben. Auch Donald Trump taucht noch einmal auf – mit seiner relativierenden Reaktion auf den gewalttätigen Rassismus.

BlacKkKlansman – Mi. 14.07. – ARTE: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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