Hauptdarstellerin im Interview

Karoline Schuch über Oderbruch: „Die Zeit war einfach reif“

10.01.2024, 12.25 Uhr
von Marcus Italiani & Felix Förster
Maggie Kring (Karoline Schuch) möchte nicht wieder in ihre Vergangenheit eintauchen.
Maggie Kring (Karoline Schuch) möchte nicht wieder in ihre Vergangenheit eintauchen.  Fotoquelle: ARD Degeto/Syrreal Dogs GmbH/CBS Studios/Stefan Erhard

Die achtteilige Mystery-Crime-Serie „Oderbruch“ beginnt zunächst wie eine ganz normale Thrillerserie, bald werden aber die bekannten Genregrenzen übersprungen und die Handlung kippt ins Übernatürliche. prisma hat mit Hauptdarstellerin Karoline Schuch gesprochen.

Sind düstere Rollen Ihre Leidenschaft?

Klar faszinieren mich düstere Stoffe, aber es sind ja keine 08/15-Themen, die in „Oderbruch“ angesprochen werden. Ich finde den Look der Serie sehr eigen und besonders. Aber wenn ich so darüber nachdenke, würde ich demnächst auch gerne wieder mal etwas Leichtes spielen (lacht).

Was haben Sie gedacht, als Sie das Drehbuch gelesen haben?

Ich war zunächst skeptisch und machte mir Sorgen, dass der Stoff nicht funktionieren würde. Wie sollte man so viel spielen und ausdrücken, wenn man so wenig sagt? Aber das Kreativ-Trio Adolfo Kolmerer, Christian Alvart und Arend Remmers hat mir diese Sorgen genommen, weil das einfach drei Typen sind, die sehr genau wissen, was sie wollen und sehr visionär denken. Das ist sehr mitreißend und hat unheimlich viel Spaß gemacht.

Gerade bei Mystery-Formaten ist der Grat zwischen Spannung und unfreiwilliger Komik sehr schmal, wenn das Phantastische irgendwann den Raum füllt. Wie schafft die Serie es, diesen Twist zu bewältigen?

Indem das ganze Team das Format sehr ernstnimmt und alle an einem Strang ziehen. Denn jedem ist doch klar: Wenn man das versemmelt, dann ist das ganze Mystery-Genre, so jung und frisch es in Deutschland noch ist, doch gleich wieder tot. Natürlich hatten wir dafür ein anderes Produktionsbudget als beispielsweise ein Tatort. Trotzdem konnte das Geld nicht mit vollen Händen ausgegeben werden.

Man hat den Eindruck, dass der Trend in Deutschland weg von einfachen Krimi-Formaten hin zu aufwendigeren Serien geht. Angefangen mit Dark, Der Pass, Gestern waren wir noch Kinder, Cleo. Ist man langsam auf dem Weg, alte Muster aufzubrechen und die Sehgewohnheiten des Publikums zu verändern?

Ja, ich denke schon. Ich habe das Gefühl, dass es mehr Möglichkeiten gibt, weil sich auch seit einigen Jahren neue Anbieter auf dem Markt etabliert haben. Viele Zuschauer wollen halt auch nicht ständig Untertitel einschalten. Sie erwarten, dass solche Dinge auch mal in Deutschland produziert werden. Und das ist gut so, denn die Zeit dafür war längst reif. Für einen Schauspieler ist das natürlich ein Geschenk, wir wollen ja gerne auch in neuen und experimentelleren Produktionen von jüngeren Leuten mitwirken. Dennoch haben etablierte Formate nach wie vor ihre Berechtigung – es muss sich eben die Waage halten. Wichtig ist, dass den Zuschauern kein Einheitsbrei angeboten wird.

Stichwort Identität: Wird die mit solchen Formaten geschaffen, und wird man in einigen Jahren sagen können: „Typisch deutsche Mystery-Serie“?

Das weiß ich ehrlich gesagt selbst noch nicht, aber falls man das in ein paar Jahren von der deutschen Mystery sagen kann, dann: Glückwunsch!

In Oderbruch entwickelt sich Ihre Figur der Maggie über acht Folgen – eine lange Zeit. Wie sind Sie an persönlich an die Umsetzung des Charakterkonzepts herangegangen?

Es war eine Mischung aus akribischer Vorbereitung und Spontaneität. Wie spielt man das ganze Elend, das sie erlebt hat, ohne, dass es sich in ihrem Gesicht widerspiegelt? Adolfo Kolmerer hat das bei unserer Premiere in München schön formuliert. Man habe einen weiblichen Clint Eastwood schaffen wollen. Da habe ich mich natürlich wahnsinnig geehrt gefühlt (lacht). Für mich war es ein Geschenk, eine Frau zu spielen, die nicht total sympathisch und empathisch daherkommt. Das Spröde und Kryptische, das sind ja nicht unbedingt Eigenschaften, die man einer weiblichen Hauptfigur gemeinhin anerzählen würde. Dafür bin ich sehr dankbar.

Eine stille Prominente in der Serie ist die Landschaft. Oderbruch steht ja auch für den Beginn der Schlacht um Berlin am Ende des Zweiten Weltkriegs. Wie erspürt man das, wenn man vor Ort ist?

Wir haben im Oderbruch, in Polen und in der Grenzregion gedreht. Natur und Provinz sowie verfallene Gegenden waren natürlich wichtige Aspekte, keine Frage. Ich kann aber nicht sagen, dass der Oderbruch eine besonders düstere Stimmung bei mir erzeugt hat. Wenn man sich die Kriegsgeschichte so anschaut, dann kann man sich glaube ich an vielen Orten in Deutschland das große Leid ausmalen, das damals geherrscht hat und es irgendwie erspüren. Kriegstraumata sind aber am stärksten in Zwischenmenschlichkeiten spürbar – in dem, was Eltern und Großeltern an ihre Kinder oder Enkel weitergeben. Damit müsste man sich noch viel mehr auseinandersetzen.

Sie stehen seit frühester Jugend vor der Kamera, haben so viele Formate bereits bearbeitet. Was fehlt noch in Ihrer Vita? Mehr Komödien? Mehr internationale Produktionen?

Ich mag europäische Produktionen. International ist ein Markt, der sich weiter öffnet, und ich bin total bereit, mitzumischen. Gleichzeitig sitze ich nicht auf gepackten Koffern und muss über den großen Teich. Es gibt genug interessante Stoffe, die hierzulande auf eine Verfilmung warten.

War „Verbotene Liebe“ eher etwas, um sich über Wasser zu halten oder tatsächlich die harte Schule, von der viele Schauspieler berichten, weil man so wenig Zeit hat?

Das war mein allererster Schritt nach dem Abitur und war etwas überfordert. Was man bei Soaps richtig gut lernen kann: Wenn du dich nicht gut vorbereitest, bist du erledigt. Das gilt aber eigentlich für jedes Format. Bei der Soap habe ich es allerdings sehr schnell gelernt, auch mit unterschiedlichen Mentalitäten klarzukommen. Allerdings habe ich auch dann auch schnell gewusst, dass ich noch etwas anderes machen wollte. Zusammengefasst konnte ich für mich extrem viel mitnehmen. Meine anderthalb Jahre dort waren eine gute Schule.

  • Oderbruch, ARD, Freitag, 19. und 26. Januar, ab 20.15 Uhr je vier Folgen
  • Ab 19. Januar in der ARD Mediathek

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