ARD-Talkshow

Söder setzt sich bei "Anne Will" für ein Comeback der Atomkraft ein

04.04.2022, 15.20 Uhr
von Annika Schmidt
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder.  Fotoquelle: picture alliance/dpa | Peter Kneffel

Die schrecklichen Bilder des Massakers in der ukrainischen Stadt Butscha haben erschüttert. Muss nun ein sofortiger Stopp der Energielieferungen aus Russland die Antwort Deutschlands auf Putins Gräueltaten sein?

Nein, das sei nicht der richtige Schritt, erklärte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder am Sonntagabend in der ARD-Talkshow "Anne Will". Söder wolle ein Ende von der Abhängigkeit Russlands, aber nicht sofort. Dafür zog der CSU-Vorsitzende sogar die Verlängerung von Atomkraft in Betracht.

In dem Polittalk sprach sich Lars Klingbeil ebenfalls gegen ein sofortiges Embargo aus und verteidigte das Vorgehen der Bundesregierung in der Ukraine-Krise. Dafür kassierte der SPD-Vorsitzende herbe Kritik.

"Im Moment denkt die Hälfte des Kontinents: Was ist denn mit Deutschland los?"

Ob Deutschlands Schritte wirklich ausreichen, um Putin aufzuhalten, wollte Moderatorin Anne Will von dem SPD-Politiker wissen. Klingbeil zählte daraufhin die Sanktionen, politischen Druck und Waffenlieferungen auf und geriet so in einen verbalen Schlagabtausch mit dem "Welt"-Journalisten Robin Alexander und der Grünen-Politikerin Marieluise Beck. Etliche Länder würden nicht verstehen, warum sich Deutschland so oft querstellen würde. Zuerst die zaghaften Waffenlieferungen und nun die Weigerung zu einem sofortigen Embargo. Robin Alexander gab zu bedenken, dass unsere Nachbarländer Deutschland vertrauen können müssen. "Im Moment denkt die Hälfte des Kontinents: Was ist denn mit Deutschland los?".

Marieluise Beck, die einen Tag vor der Sendung aus Kiew zurückgereist war, bestätigte diesen Eindruck. Beim Unternehmen "Rheinmetall" läge eine Anfrage für 67 gepanzerte Fahrzeuge vor, doch es würde aktuell an einer Genehmigung scheitern. "Die Bitterkeit in der Ukraine und die Enttäuschung über die Deutschen ist kaum zu fassen", schätzte Beck die Lage ein und hoffte auf eine schnelle Wende. Die Argumente schienen Lars Klingbeil kurzzeitig sprachlos zu machen. "Ich glaube, wir hören dazu nichts mehr", schmunzelte Anne Will daraufhin. Im Nachgang stellte der SPD-Politiker klar, dass über aktuelle Waffenlieferungen aus Sicherheitsgründen nicht gesprochen werden dürfe.

Söder fordert Rückkehr zur Atomkraft - aber bitte nicht in Bayern?

Würde die plötzliche Ablösung von russischen Energien wirklich so ein Chaos in Deutschland ausrichten? Die Meinungen der Experten gehen aktuell auseinander. Veronika Grimm, Mitglied der Wirtschaftsweisen, hielt das Szenario für übertrieben. Grimm würde bei einem sofortigen Stopp, zwar harte wirtschaftliche Einschnitte mit Kurzarbeit für Deutschland erwarten, dennoch sprach sich die Wirtschafts-Expertin für diesen Weg aus. "Wenn wir nicht hart genug reagieren, kann das auch eine Einladung sein, weiterzumachen".

Der zugeschaltete CSU-Vorsitzende Markus Söder sah ebenfalls Verbesserungsbedarf bei der Waffenlieferung und meinte bei der Verteidigungsministerin Christine Lambrecht Überforderung zu erkennen. Dabei warnte Söder vor einem vorzeitigen Ausstieg aus den Energielieferungen. "Es muss so organisiert werden, dass wir nicht den absoluten Schock bekommen", so der bayerische Ministerpräsident. Dennoch müsse man raus aus der russischen Abhängigkeit. Die Verlängerung der Atomkraft sei dabei eine Möglichkeit. "Ich bin da echt kein Fetischist", erklärte der 55-Jährige, aber man müsse auch dies in Betracht ziehen. Den Vorschlag, zu dieser veralteten Technik zu greifen, stieß auf große Ablehnung in der Talkrunde. Klingbeil wies darauf hin, dass Söder sich bisher immer gegen Endlager in Bayern geweigert hatte.

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