Bei Maybrit Illner

Militärexperte warnt: "Das ist ein Mythos, den die Russen gesponnen haben"

11.03.2022, 10.00 Uhr
von Annika Schmidt
Talk-Gastgeberin Maybrit Illner.
Talk-Gastgeberin Maybrit Illner.  Fotoquelle: picture alliance / Dpa/dpa | Dpa

Bisher haben die Gespräche zwischen der Ukraine und Russland kaum zu etwas geführt, weiter regnet es Bomben auf unschuldige Menschen. Am Donnerstagabend diskutierte Maybrit Illner mit ihren Gästen über die Möglichkeiten, die der Westen hat, sich Putin entgegenzustellen.

Die Rolle der Nato sorgte in der ZDF-Talkshow für eine kontroverse Diskussion. Klaus von Dohnanyi warf dem Westen zu wenig Kompromissbereitschaft in früheren Zeiten mit Putin vor. Bei Gesprächen über einen möglichen Nato-Beitritt der Ukraine hätte man den russischen Präsidenten miteinbeziehen sollen. Carlo Masala widersprach dem SPD-Urgestein über die Ost-Ausbreitung der Nato.

"Das ist ein Mythos, den die Russen gesponnen haben, um zu sagen, sie seien bedroht", so der Militärexperte. Ein Ukraine-Beitritt in die Nato hätte gar nicht im Raum gestanden, die russische Regierung würde das Argument als Ausrede für ihr kriegerisches Tun nutzen. "Aus Putins Sicht hat die Ukraine keine Existenzberechtigung, das ist sein Motiv", erklärte Masala. Dohnanyi wies darauf hin, dass vor einigen Monaten diese Debatte erneut aufkam und ein komplett falsches Signal gesendet hätte, Putin somit noch mehr gereizt hätte. Kopfschütteln daraufhin bei Friedrich Merz.

"Da muss ich energisch widersprechen", so der Fraktionsvorsitzende der CDU. "Wir haben einen heißen Krieg, trotz Zurückhaltung der Nato und trotz Gesprächen mit Putin". Als "Popanz" bezeichnete Merz diese Diskussion, betonte dabei aber seinen tiefen Respekt gegenüber den Einschätzungen des ehemaligen Hamburger Bürgermeisters. Der CDU-Politiker hätte sich eher für eine Nato-Aufnahme der Ukraine ausgesprochen. Aktuell fordert der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj diese Mitgliedschaft nicht mehr.

Katja Gloger, die selbst jahrelang in Moskau lebte und ein Buch über Putin geschrieben hat, sah eine neutrale Ukraine als Möglichkeit zu ernsthaften Verhandlungen.

Gerhard Schröder überrascht seine Parteimitglieder

In einem Punkt herrschte Einigkeit in der ZDF-Talkrunde. In einer Pressekonferenz hatte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell die Bombe platzen lassen und verkündet, dass Kampfflugzeuge aus Polen über den US-Stützpunkt Rammstein in die Ukraine geliefert werden sollten. Ein Fehler, erklärten Illners Gäste einstimmig. Diese Aktion hätte heimlich stattfinden sollen, so habe die USA kalte Füße bekommen und ihren Einsatz zurückgezogen. Ebenfalls im Geheimen scheint Altbundeskanzler Gerhard Schröder nach Moskau geflogen zu sein, um mit seinem alten Freund Putin zu sprechen. Jedenfalls war SPD-Parteivorsitzender Lars Klingbeil ebenso wie andere Regierungsvertreter überrascht von Schröders Reise. Ob dieses Gespräch etwas an der Situation ändern wird, bleibt zu bezweifeln, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Um die Bundeswehr fit für ihre zukünftigen Aufgaben zu machen, hat Bundeskanzler Olaf Scholz ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro zugesagt. "Wir rüsten aus, nicht auf", schätzte Carlo Masala die Lage der Bundeswehr ein. Doch Geld ist nach Meinung von Friedrich Merz nicht das alleinige Problem und möchte die Beschaffungsmethoden und somit gewisse Strukturen ändern. "Frieden und Freiheit kann man nicht kaufen, das gibt es nicht im Supermarkt", fasste Merz das Problem der Bundeswehr zusammen.

Ob und wie die Sanktionen gegenüber Russland ihren Sinn erfüllen, darüber gingen die Meinungen auseinander. Der CDU-Vorsitzende gab bekannt, dass seine Partei sich gegen ein Gasembargo ausspricht, aber für einen Stopp von Nordstream 1 wäre. 

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