Sender von ARD und ZDF

Phoenix: 25 Jahre Demokratie in Echtzeit

29.03.2022, 17.26 Uhr
von Maximilian Haase

Seit 25 Jahren informiert Phoenix als "Ereignis- und Informationskanal" die TV-Zuschauer. Bisweilen schrieb der Sender Fernsehgeschichte. Dass es ihn heute noch braucht, zeigen die jüngsten Ereignisse.

Am 19. April 2005 geschah beim Sender Phoenix Bemerkenswertes: Vier Minuten vor der offiziellen Verkündung des neuen Papstes berichtete Reporter Stephan Kulle – aus sicherer Quelle im Vatikan informiert – live und vor allen anderen von der Wahl Joseph Ratzingers. An jenem Tag ereignete sich ein Stück deutscher Fernsehhistorie – und der acht Jahre zuvor gegründete Sender geriet endgültig zur festen Bastion der hiesigen TV-Landschaft. "Phoenix war immer dabei, wenn Geschichte geschrieben wurde", sagte ZDF-Intendant Norbert Himmler nun anlässlich des bevorstehenden 25-Jahre-Jubiläums des "Ereignis- und Dokumentationskanals" von ARD und ZDF, der am 7. April 1997 erstmals auf Sendung ging. Auch heute, ein Vierteljahrhundert nachdem die damaligen Intendanten Fritz Pleitgen (WDR) und Dieter Stolte (ZDF) den gemeinschaftlich betriebenen Sender ins Leben riefen, braucht es seine unaufgeregte Tiefe und Aktualität.

Das bewiesen nicht zuletzt die Kriegsereignisse in der Ukraine. "Wie unverzichtbar Phoenix ist, haben die Kolleginnen und Kollegen gerade in den vergangenen Wochen während des Krieges in der Ukraine wieder eindrucksvoll gezeigt", lobte WDR-Intendant Tom Buhrow nun vor Journalisten – in einem Gespräch, welches nicht nur zurück-, sondern naturgemäß auch auf die derzeitigen Geschehnisse blickte. Mit der aktuellen Berichterstattung an den ersten Kriegstagen habe sich der Sender viel Ansehen erworben, konstatierte Michaela Kolster (ZDF), eine der beiden Phoenix-Programmgeschäftsführerinnen. Besonders gefreut habe sie, dass das Programm erstmals von ARD und ZDF übernommen wurde. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine hatten die öffentlich-rechtlichen Hauptsender das Phoenix-Programm übertragen. ARD-Kollegin Eva Lindenau betonte: "Gerade in der aktuellen weltpolitischen Situation zeigt sich die besondere Stärke von Phoenix für alle Menschen, die Politik in Echtzeit erleben wollen und das ganze Bild erwarten".

Kein Nachrichtenkanal

Von der Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyi vor dem EU-Parlament über Statements des russischen Machthabers Wladimir Putin bis zur Sondersitzung des Bundestags: Phoenix spielte seine Stärke – Live-Übertragungen in aller Gänze und Ausführlichkeit – in den vergangenen Wochen eindrücklich aus. Live dabei zu sein, wenn sich politisch Relevantes ereigne, ließe sich "nur schwer planen und ist in Zeiten von Krieg und Corona wichtiger denn je", verweist Norbert Himmler auf die Herausforderungen eines Senders, dem seit 25 Jahren nicht die schnelle News und nicht das komprimierte Zusammenfassen wichtig sind – sondern die Breite, die Hintergründe und die komplexen Zusammenhänge.

"Ihr seid kein Nachrichtenkanal", brachte es der ZDF-Intendant auf den Punkt. Es werde auf die kleinen Dinge geschaut – "diese Kompetenz findet man sonst an keiner Stelle". Phoenix brauche es deshalb nötiger denn je, räumte er auch die "Irritationen" aus, die er mit Blick auf den Ausbau des ARD-Senders Tagesschau 24 erst kürzlich geäußert hatte. Im Gegensatz zu Tagesschau 24 kümmere sich Phoenix vor allem um langfristige Entwicklungen und Hintergründe, erklärte auch Kollege Buhrow, der zudem die gesellschaftliche Bedeutung des Kanals hervorhob. Die Verknüpfung aus Live-Berichterstattung, Gesprächen und Dokumentationen mache Phoenix "so einzigartig und wertvoll für unsere Demokratie", so der WDR-Intendant. Er befand gar, der Sender "erweitert den Blickwinkel".

Umzug geplant

Das Räderwerk der Demokratie sei komplex – Phoenix stelle sich dem und traue dies den Zuschauern zu. Und ist dabei durchaus gefragt: Erwähnenswert sind nicht nur die 2018 mit dem Preis der Bundespressekonferenz ausgezeichneten Hauptstadt- und Parlamentskorrespondenten Gerd-Joachim von Fallois und Erhard Scherfe, sondern auch vom Publikum goutierte Debatten in Bundestag und -rat wie jene um Hartz IV und Stuttgart 21. In den Jahrzehnten seines Bestehens tat sich Phoenix immer dadurch hervor, entscheidende Parlamentsdiskussionen abzubilden und damit Demokratie nachvollziehbarer zu machen.

Entscheidend ist dies, wie so oft, für die jüngere Generation, die bekanntermaßen digitale und soziale Medien dem klassischen linearen TV-Betrieb vorzieht. Auch hier sehen die Programmgeschäftsführerinnen Phoenix für die Zukunft gerüstet – samt Identifikation als multimedialer Politikplattform, stärkerer Bespielung der Mediatheken und einem Instagram-Kanal, der den Jungen vor allem die Funktionsweise des Bundestags nahebringen soll.

Dort, wo letzterer schon seit 2000 nicht mehr tagt, in Bonn nämlich, will man indes ansässig bleiben: Bis 2024 zieht Phoenix an einen neuen Standort in der Stadt am Rhein um – in den früheren Schürmann-Bau, in dem heute die Deutsche Welle ihren Sitz hat. Vielleicht, so kann man vermuten, braucht es für den ganzheitlichen und nüchternen Blick auf die Dinge genau diesen Abstand zum hektischen Weltgeschehen.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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