Vierteiler bei ARTE

"Rottet die Bestien aus!" – Doku hält Kolonialmächten knallhart den Spiegel vor

von Wilfried Geldner

In vier Teilen wird dem Zuschauer in der Doku-Reihe "Rottet die Bestien aus!" Rassismus und Kolonialgeschichte um die Ohren gehauen. Von Kolumbus und den ersten Siedlern Nordamerikas bis zum Holocaust.

ARTE
Rottet die Bestien aus!
Dokumentation • 01.02.2022 • 20:15 Uhr

Raoul Pecks vierteilige Essay "Rottet die Bestien aus!", dessen Titel einen Satz des grausamen Kolonialagenten Kurtz in Joseph Conrads "Herz der Finsternis" zitiert, wiederholt viel Bekanntes, von der Landnahme Amerikas durch weiße Siedler und dem Völkermord an den Eingeborenen bis hin zur Eroberung neuer Welten nach Kolumbus und der folgenden Sklaverei. Keine Angelegenheit einzelner Länder, sagt der 1953 in Haiti geborene Raoul Peck, der später mit seinen Eltern in den Kongo ging, kurzzeitig Kulturminister auf Haiti war und in Amerika sowie auf der Berliner Filmhochschule DFFB studierte.

Mit dem Film "I am not your negro" nach James Baldwin wurde er 2017 für den Oscar nominiert. Seine Kulturktitik aus der Sicht eines Schwarzen ist radikal. "Wir wissen alles!" ist ein letztes Kapitel seines Vierteilers überschrieben. Wir wissen alles, schauen aber immer wieder weg. Es ändere sich nichts.

"Rottet die Bestien aus!" ist von Wissen und Wut geprägt. Man könnte die von harten Spielfilmszenen durchsetzte Dokumentation auch als filmisches Pamphlet wider die alle Nationen umgreifende Unmenschlichkeit und die Gier gegenüber Unterlegenen bezeichnen. Als deren Ursache hat Peck einen strukturell immer gleichen Rassismus, den Dünkel einer weißen Überlegenheit, ausgemacht.

Antirassistisches Pamphlet

Dabei bringt sich der Autor als Person auch selber ein. "Wie passe ich selber in die diese Geschichte hinein?", so fragt er und kommt zu der Erkenntnis: "Neutralität ist keine Option!" Flapsig ausgedrückt, bekommen Amerikaner, Engländer, Franzosen, Belgier und viele andere ihre – im weiteren Sinne – Kolonialgeschichte um die Ohren gehauen. Lange lässt der Autor die Spielfilm-Bilder von der Überwältigung der Ureinwohner Amerikas stehen, so prägen sie sich noch einmal ganz besonders ein. Hollywood-Firlefanz gibt es auch – albern getanztes Musical mit Kongotrommeln von 1949. So blöde wie auf seine Weise fantastisch.

Die Vorstellung, es habe bei der "Besiedlung" Amerikas Gewalt von beiden Seiten gegeben, lehnt er ab. Es sei, wieder mal, ein Mythos der Mächtigen. Von ihnen, den Siegern, werde stets die Geschichte geschrieben. Der belgische König Leopold II., der sich nach der Kongo-Konferenz von 1884 den gesamten Kongo samt seiner Kupfer-, Gold- und Diamantenminen persönlich einverleibte, wird mit einer unmenschlichen Parallelszene zur Sklavenhaltung bedacht.

Ein "simpler Pigmentunterschied" wurde zur Machtquelle, zum "Merkmal der Überlegenheit", sagt Peck in seinem Kommentar. Sein antirassistisches Pamphlet schließt am Ende die Rampe von Auschwitz und die nazistische Doktrin vom Übermenschen ein, es macht aber auch vor der jüngst wiedererwachten weltweiten Rechtsradikalität nicht halt. Bei Peck kommt kaum einer ungeschoren davon, noch nicht einmal wir. "Mir scheint, dass es um das Überleben der westlichen Welt geht, die angesichts dieser Herausforderungen im Sterben liegt und manchmal nicht in der Lage zu sein scheint, anders als mit Verleugnung oder der Benennung neuer Schuldiger zu reagieren", heißt es im ARTE-Begleitinterview. "Um zu handeln, muss man zunächst die Tatsachen anerkennen. Das ist der Sinn meiner Filme, die ich immer als ein Instrument der Diskussion und des Wandels betrachtet habe."

Rottet die Bestien aus! – Di. 01.02. – ARTE: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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