Ampel-Streit

SPD-Chef Klingbeil schmettert FDP-Vorschläge ab

22.04.2024, 13.46 Uhr

Deutschlands Wirtschaft muss wachsen – da ist sich die Ampel einig. Doch beim Wie scheiden sich die Geister. Nun verärgert die FDP mit ihren Vorschlägen die Partner.

Der Internationale Währungsfond prognostiziert Deutschland nur noch ein Miniwachstum von 0,2 Prozent. "Da muss dringend was passieren", findet auch Lars Klingbeil. Im "ntv Frühstart" am Montagmorgen bezeichnete der SPD-Vorsitzende die Wirtschaftskraft als vielleicht "mit die wichtigste Aufgabe, die wir jetzt in den nächsten zwei Jahren in dieser Legislatur haben". Den Vorschlägen, die die FDP in einem umstrittenen Papier hierzu formuliert hat, kann er allerdings nicht viel abgewinnen. "Ich möchte das nicht mit Konzepten der 90er-Jahre tun. Ich möchte das mit einer Wirtschaftspolitik tun, die auf der Höhe der Zeit ist." Das bedeute, Wirtschaft und Soziales nicht gegeneinander auszuspielen und einen Staat, der Geld für Investitionen in die Hand nimmt.

Ein höheres Renteneintrittsalter lehnt Klingbeil ab. "Wir werden nicht zulassen, dass Angriffe auf die Leistungsträger in dieser Gesellschaft stattfinden", so Klingbeil. Gemeint waren "diejenigen, die den Laden zusammenhalten, die zum Beispiel als Dachdecker, als Erzieherin, als Pflegekräfte heute schon wahnsinnig viel leisten". Wenn diese von der FDP oder von Friedrich Merz (CDU) gesagt bekommen würden, sie müssten länger arbeiten, um die Wirtschaft anzukurbeln, halte Klingbeil das "für eine falsche Rechnung".

"Die haben ein Recht, nach 45 Jahren beitragsfrei in Rente zu gehen und dieses Recht werden wir ihnen nicht nehmen", stellte der SPD-Chef klar. "Das darf doch nicht das Erste sein, was politischen Parteien einfällt, wenn man über Wirtschaftsstärkung redet." Seiner Meinung nach gebe es auch Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger, "dass die Politik da mehr Ideen hat, als das".

"Ein Stück weit stellt die FDP sich ja selbst infrage"

Des Weiteren schlägt die FDP vor, Jobverweigerern 30 Prozent ihrer Leistungen zu kürzen – also Einschnitte beim Bürgergeld vorzunehmen. Man habe das Bürgergeld gemeinsam auf den Weg gebracht und es sei durch Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) noch einmal nachgeschärft worden, betonte Klingbeil. "Ein Stück weit stellt die FDP sich ja selbst infrage, wenn man sagt: Das, was wir vor ein paar Wochen noch auf den Weg gebracht haben, das wollen wir jetzt verändern."

Er mache der FDP stattdessen das Angebot, "dass wir an die wirklichen Faktoren rangehen, die heute die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Landes belasten": Energie, fehlende Investitionen und Fachkräftemangel. Klingbeil appellierte an den Koalitionspartner: "Keine Scheingefechte" zu führen.

Zum FDP-Vorschlag, Überstunden steuerlich besser zu stellen und so einen Anreiz zu schaffen, erklärte der SPD-Chef: Vergangenes Jahr habe es rund 1,3 Milliarden Überstunden in Deutschland gegeben "und die Hälfte davon ist nicht bezahlt". Hier müsse man ansetzen. "Dann gibt es viele, die würden gerne mehr arbeiten." Klingbeil nannte etwa Frauen, die über "das Ehegatten-Splitting dann auch festhängen im Steuersystem und für die es nicht attraktiv ist, zu arbeiten" oder "die Frauen, die in der Teilzeit-Falle festhängen". Deshalb wäre ein Ausbau von Kita-Plätzen "ein richtiger Boost für den Arbeitsmarkt". Für den SPD-Chef ist klar: "Die Menschen wollen mehr arbeiten, aber diese Arbeit muss ihnen doch besser entlohnt werden."

"Markus Söder wechselt ja häufig mal gerne die Position"

Ob eine "Agenda 2030" nach dem Vorbild Gerhard Schröders nötig sei? "Damals hatten wir Massenarbeitslosigkeit, das haben wir heute nicht. Heute haben wir Fachkräftemangel", unterstrich Klingbeil. Zudem brauche es "mehr Investitionen in Deutschland", betonte der Sozialdemokrat. "Wir hatten vor 30 Jahren mal eine Infrastruktur, auf die waren wir stolz. Und heute sind wir froh um jeden Zug, der pünktlich kommt." Er halte "die Schuldenbremse für eine Wachstums- und Innovationsbremse".

Mit Blick auf die Haushalts-Verhandlungen – eine mögliche Zerreißprobe für die Ampel-Koalition – erklärte Klingbeil: "Ich gehe fest davon aus, dass alle sich bewusst sind, welche große Verantwortung wir tragen." Man müsse aber schauen, was sicherheitspolitisch in der Ukraine und im Nahen Osten vor sich gehe und habe im Inland riesige Herausforderungen bezüglich wirtschaftlicher Stärke.

Zum Schluss gab es noch einen Seitenhieb gegen CSU-Chef Markus Söder, der vom FDP-Papier als"Scheidungsurkunde" für die Regierungskoalition sprach. "Markus Söder wechselt ja häufig mal gerne die Position, haut gerne mal einen raus", kommentierte Klingbeil. Damit müsse man leben. "Ich konzentriere mich auf die, die Verantwortung in diesem Land tragen, und da gehört Markus Söder auf der Bundesebene Gott sei Dank nicht dazu."


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

Das könnte Sie auch interessieren