Spielfilm bei ARTE

"The Hours – Von Ewigkeit zu Ewigkeit": Das Geschenk der Virginia Woolf

14.06.2023, 08.05 Uhr
von Kai-Oliver Derks

Stephen Daldrys "The Hours" überzeugt nicht nur wegen der meisterhaften Geschichte, sondern auch wegen drei Schauspielerinnen, die seit Jahren in der obersten Liga mitspielen: Nicole KidmanJulianne Moore und Meryl Streep.

ARTE
The Hours – Von Ewigkeit zu Ewigkeit
Drama • 14.06.2023 • 20:15 Uhr

Drei Frauen, drei verschiedene Jahrzehnte und ein Buch, das die Charaktere miteinander verbindet: In Stephen Daldrys Literaturverfilmung "The Hours – Von Ewigkeit zu Ewigkeit" (2002) ist alles genau durchdacht. Basierend auf dem Roman "The Hours" von Michael Cunningham vereint die Filmadaption die Geschichte von drei Damen, die an unterschiedlichen Punkten des Lebens stehen – aber, so wie im Buch, auf der Suche nach sich selbst sind. ARTE wiederholt das Meisterwerk zur besten Sendezeit.

Die Schriftstellerin Virginia Woolf (Nicole Kidman) nimmt sich das Leben. Der erste Zeitsprung von vielen führt zurück in die Zeit, in der sie aufhört, nach Auswegen zu suchen. Sie schreibt ein Buch, "Mrs. Dalloway", und eben das führt zur zweiten Zeitebene: Anfang der 50er-Jahre liest Laura Brown (Julianne Moore) eben diese Erzählung. Sie lebt mit ihrem Mann (John C. Reilly) zusammen, ist Mutter und als solche unglücklich. Nur sehr träge offenbart sich dem Betrachter die Ursache für ihre Verzweiflung, die nach den üblichen gesellschaftlichen Maßstäben nicht verstehbar ist.

Der Schein trügt

Mrs. Dalloway – so nennt Richard, ein Schriftsteller, in der Gegenwart Clarissa Vaughan (Meryl Streep). Die beiden sind Freunde, wohl war früher mehr. Inzwischen stirbt er vor sich hin. Aids. Eine Zeit lang ist Clarissa das einzig Positive an diesem Film, sie strahlt Zuversicht aus. Doch schließlich offenbart sich auch das nur als Spiel, als schöner Schein, um Richard Hoffnung zu geben.

Eine der beiden Geschichten jenseits des Virginia-Woolf-Ursprungs wird traurig enden, die andere nicht. Es ist eine der vielen Stärken dieses Films, dass die Entscheidung, für welche Geschichte was gilt, jeder Zuschauer anders fällen könnte. Dabei drängt ihm "The Hours" das Parabelhafte nicht auf, verzichtet Stephen Daldry doch auf lästig-oberflächliche Metaphern.

Der Regisseur verliert – und das ist die eigentliche Leistung – nie den Gesamteindruck aus den Augen. Mit dezenten Untertönen spielt er mit den vielen einzelnen, mal düster realistischen, mal verträumten Momenten und fügt sie am Ende zu einem harmonischen Ganzen. Ein Plan, der nicht aufgegangen wäre ohne Nicole Kidman, die zwar nicht die meiste Zeit des Films einnimmt, aber die unbestrittene Schlüsselrolle innehat.

Glück braucht Trauer

In den 50-er und 60er-Jahren war die äußere Verwandlung von Kleinigkeiten am Körper des Schauspielers ein recht beliebtes Mittel Hollywoods. Nicole Kidman wurde gleichsam eine neue Nase gegeben, und dem Maskenbildner sollte ein Denkmal gesetzt werden. Die Kidman aber, damals geprägt von der frischen Trennung von Tom Cruise, spielt hier sowieso die Rolle ihres Lebens und wurde dafür zu Recht mit einem Oscar ausgezeichnet. Zunächst hatte sie versucht, bedingt durch die privaten Erlebnisse, aus dem Vertrag zu entkommen. Sie tat es nicht, durfte es nicht, und das mag das Glück ihres Lebens gewesen sein. Ausweglosigkeit, Trauer, Sensibilität, Poesie – alles in einem einzigen Gesicht.

Wenn man "The Hours" etwas vorwerfen wollte, dann dass er sich selbst in gewisser Hinsicht Steine in den Weg legt. Nicole Kidman reißt den Film an sich, und so interessant und routiniert Julianne Moore und Meryl Streep ihre Parts auch spielen, so unterschwellig unzufrieden verfolgt man sie. Und endlich die Antwort: Alle haben Angst vor Virginia Woolf und ihren letzten Stunden, die dann doch in Erlösung münden.

Das Wasser umspielt ihren Körper. Was bleibt, sind ihre niedergeschriebenen Worte. Dazu ein preisgekrönter Roman von Michael Cunningham, der "The Hours" zugrunde liegt. Und nicht zuletzt dieser Film selbst, der zurecht seinen Platz in der Kino-Geschichte bekommen wird. Weil er uns daran erinnert hat, dass Traurigkeit ein Geschenk ist. Nicht nur, weil ohne sie das Glück nicht strahlen kann.

The Hours – Von Ewigkeit zu Ewigkeit – Mi. 14.06. – ARTE: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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