ZDF-Doku

"The True Story of Elon Musk": Wie ist der reichste Mann der Welt wirklich?

04.01.2023, 16.41 Uhr
von Frank Rauscher

Er ist Visionär, Tech-Tycoon und umstrittener Twitter-Boss. Doch wie wurde Elon Musk zu alldem? Die ZDFinfo-Dokumentation "The True Story of Elon Musk" bringt vieles ans Licht.

Er ist Exzentriker, Visionär und Milliardär, gilt bei seinen Fans als Messias der Tech-Welt und bei Kritikern als größenwahnsinniger Eigenbrötler: Jeder kennt den Super-Globalisten Elon Musk (51), einen der prominentesten Unternehmer dieser Zeit, und doch gibt er aller Welt Rätsel auf. Wer ist dieser Mann abseits der Schlagzeilen wirklich, was treibt ihn an, wo kommt er her? – Der extrovertierte Musk, heute immerhin auch emsig mitzwitschernder Twitter-Boss, macht es der Welt trotz seiner Omnipräsenz nicht leicht. Filmemacher Carsten Obländer, CEO der Produktionsfirma Story House Productions, begibt sich in "The True Story of Elon Musk" auf Spurensuche, gräbt sich tief in die Biografie der Silicon-Valley-Ikone hinein und fördert reichlich Erhellendes zutage. ZDFinfo zeigt den 45-minütigen Beitrag am Dienstag, 10. Januar, um 20.15 Uhr. In der ZDFmediathek ist er schon jetzt zu sehen.

Musk sei "ein Träumer, der wagt, was sich sonst niemand traut", heißt es in dem Film. Treffender kann man die Biografie, die hier von Musks Kindheit in Südafrika bis hin zu den hochtrabenden Ambitionen seines Raumfahrtunternehmens SpaceX und der aktuellen Twitter-Wut akribisch erzählt wird, kaum überschreiben. Wie bei so vielen Ausnahme-Charakteren ist es auch in diesem Fall besonders lohnend, die Sozialisierung zu ergründen und den Blick auf die Herkunft und das Aufwachsen zu errichten. Eine Zeit, über die bis dato nicht so viel bekannt war.

Der Mann, für den ferne Planeten die Zukunft der Menschheit sind und der reklamierte, dass es bis 2029 eine bemannte Raumfahrt zum Mars geben wird, wurde am 28. Juni 1971 als ältestes von drei Kindern eines Südafrikaners und einer Kanadierin in Pretoria geboren. Elon Musk, so wird zu Familien- und Kinderbildern berichtet, sei in wohlhabenden Verhältnissen aufgewachsen. Der Vater war ein erfolgreicher Ingenieur und Geschäftsmann, die Mutter war Model. In einem Interview erinnert sich die Mutter an Elons Schulzeit: "Ich habe immer gesagt, er ist ein Genie – und alle haben immer gesagt: typisch Mutter!" Aber natürlich hatte die Frau recht. "Er las Enzyklopädien und merkte sich alles", gab sie über den hochbegabten Sohn zu Protokoll. Musk hingegen offenbarte seine Schul-Erinnerungen an anderer Stelle: "Ich dachte, ich sei verrückt." Schließlich sei den anderen Kids nicht der Kopf vor lauter Ideen explodiert ...

Eine erste Zäsur erfuhr das Leben des späteren Tech-Milliardärs, als sich die Eltern scheiden ließen. Neun Jahre war Elon Musk da alt, er blieb als einziges der drei Kinder beim Vater, obwohl dieser seine Frau misshandelt hatte. "Das ist eine Beziehung, über die er nicht viel spricht", sagt die Bloomberg-Reporterin Dana Hull, die zu den exklusiv befragten Interviewpartnern im ZDFinfo-Film gehört. "Er hat öffentlich nur gesagt: Mein Vater ist ein furchtbarer Mensch, und er hat Dinge getan, die niemand tun sollte." Tatsächlich bekannte Musk, alles andere als eine glückliche Kindheit gehabt zu haben. Zudem wird kolportiert, er sei der Kleinste seiner Klasse und ein Außenseiter gewesen. "Für die anderen ein leichtes Opfer", wie es im Film heißt.

"Toxische Form von Antrieb"

Es gibt in "The True Story of Elon Musk" etliche dieser Aha-Momente, die sich wie bei einem Puzzle zu einem erstaunlich stimmigen Bild fügen. Der Journalist Sascha Lobo bringt es sicher auf den Punkt, wenn er sagt: "Ich glaube, dass diese Form von Erziehung mit dazu geführt hat, dass Elon Musk es fortwährend allen Menschen auf der Welt und speziell seinem Vater zeigen möchte." Dies sei eine "sehr toxische Form von Antrieb", analysiert Lobo, "aber auch eine sehr wirksame".

Dass Musk sich in der Kindheit und Jugend zu Computerspielen und zu allen möglichen Science-Fiction-Themen hingezogen fühlte, wirkt logisch. Mit zwölf Jahren programmierte er "Blastar", sein erstes eigenes Computerspiel. – Eine Computerzeitschrift kaufte ihm den Code für 500 Dollar ab. Der erste Erfolg scheint etwas in ihm ausgelöst zu haben. Der Wall Street Journal-Reporter Tim Higgins stellt den Zusammenhang her: "Schauen Sie sich seine Unternehmungen an. Sie stammen alle direkt aus den Köpfen der größten Science-Fiction-Werke."

Die Zeit des von allen drangsalierten Nerds war bald vorbei. Mit 15 Jahren, nach einem Wachstumsschub, übte sich Musk im Kampfsport, er lernte Karate und Judo. "Bis heute schreckt er nicht vor einem Kampf zurück, wenn er das Gefühl hat, dass er schikaniert oder ungerecht behandelt wird", weiß Tim Higgins. 1989, nach dem Schulabschluss, beschloss Elon Musk zusammen mit seinem jüngeren Bruder nach Kanada auszuwandern – wohl auch um dem Militärdienst in einem von Unruhen geplagten Südafrika zu umgehen.

Die folgenden Stationen – Studium, erste Ehe, Umzug in die Vereinigten Staaten, erste erstaunlich erfolglose Andockversuche im Silicon Valley – werden im Film relativ schnell abgehakt. Musk, kaum Geld in der Tasche, gründete mit seinem Bruder ein erstes eigenes Unternehmen. Er "digitalisierte das Telefonbuch und andere Inhalte", fasst es Wall Street Journal-Mann Higgins lapidar zusammen. Programmiert wurde in einer mickrigen Studentenbude unter dürftigsten Bedingungen, doch bald rührten sich die Investoren, legten Musk für seinen Anteil 22 Millionen Dollar auf den Tisch. Die Geschichte vom "Dotcom-Wunderkind" nahm ihren Lauf ...

Die Bilder von seinem ersten Sportwagen, einen höchst seltenen MacLaren, sind durchaus beeindruckend. Noch beeindruckender ist jedoch die Haltung, die Elon Musk da schon offenbarte: Er investierte den Großteil seines Geldes sofort in das nächste Start-Up, das irgendwann zum Unternehmen PayPal wurde. Als PayPal später von ebay übernommen wurde, verdiente Musk mit dem Verkauf 180 Millionen Dollar – da war er noch keine 30 Jahre alt. Die meisten hätten sich nun wohl zur Ruhe gesetzt. Musk tat bekanntlich anderes. "Ich glaube nicht, dass Elon Musk Geld antreibt", erklärt Finanzmanager Vitaliy Katsenelson. "Bei ihm geht es um Innovation, Kreativität, die Schaffung neuer Produkte, die Verwirklichung von Dingen, die vorher unmöglich schienen."

SpaceX als große Leidenschaft

Wieder setzt Musk alles aufs Spiel – um seine "wahren Träume" zu verwirklichen, wie es im Film heißt. Im Juni 2002 wurde SpaceX aus der Taufe gehoben. "Die Idee, ein Raketenunternehmen zu gründen, erschien einfach lächerlich", erinnert sich die Journalistin Dana Hull. "Aber das ist bis heute seine größte Leidenschaft." Seine andere wurde Tesla.

Als das Unternehmen aus dem Silicon Valley nach Investoren für die Entwicklung stromgetriebener Autos suchte, trat Musk auf den Plan. Sein Engagement für die Idee, so wird er selbst im Film zitiert, rühre "von der Sorge her, dass uns irgendwann das Öl ausgeht oder extrem teuer wird. Und dann die Zivilisation zusammenbricht". Mit sieben Millionen Dollar kaufte er sich in das Start-Up ein. "Wir werden nicht aufhören, bis jedes Auto auf der Straße elektrisch ist. Das ist gerade erst der Anfang vom Anfang", erklärte der Aufsichtsratsvorsitzende Musk als zwei Jahre später der Tesla-Roadster präsentiert wurde. – Ein Credo, das damals noch verrückt klang, heutzutage aber einen durchaus realistischen Sound hat. Ende 2021 beschäftigte das Unternehmen rund 100.000 Mitarbeiter.

"Er denkt ohne Grenzen über die Zukunft nach, und dann handelt er danach", sagt Sascha Lobo an einer Stelle des Films. Das ist die eine Seite des Tech-Unternehmers. Die andere, die private, die im Film vergleichsweise kurz angerissen wird, bringt Wall Street Journal-Reporter Tim Higgins auf diesen Nenner: "Es ist schwer, mit Elon Musk zusammenzuleben. Er ist ein Mann, der ständig arbeitet, der sich mehr darum kümmert, was in seinen Fabriken vor sich geht, als zu Hause. Er hat seine Geschäfte, seine Kinder ... Und dann ist da noch irgendwo sein Liebesleben."

Als im September 2008 die Weltwirtschaft in den Finanzcrash stürzte, sei Musk nach eigener Aussage näher an einem Nervenzusammenbruch gewesen, als er es je für möglich gehalten hätte. "In dem Moment hat er seinen Einsatz verdoppelt", so Higgins über den Mann, der, gerade wenn es eng wird, kein Risiko scheut. "Er setzte alles auf eine Karte." Mit dem Rücken zur Wand startete er einen letzten Versuch, eine SpaceX-Rakete ins All zu schicken – wäre er gescheitert, hätte er alles verloren. Aber der Test war erfolgreich und bescherte Musk einen 1,5 Milliarden-Dollar-Auftrag der NASA. Und er gewann im gleichen Jahr einen Investor, der die Probleme bei Tesla löst.

2021 führt Musk die Rangliste der vermögendsten Menschen der Welt an. "Er ist sozusagen in der Blüte seines Lebens, und er hat Dinge erreicht, die niemand für möglich gehalten hätte", doziert Bloomberg-Reporterin Dana Hull. Er lebe den amerikanischen Traum, befindet Higgins. Der Film ufert trotzdem nicht in Lobhudelei aus, geht mit kritischer Distanz auch auf die Negativschlagzeilen und von Whistleblowern kolportieren Missstände in den Fabriken ein. Hull nennt Musk einen "unberechenbaren und ungehobelten Unternehmer-Titan", wie man ihn selten finde. Higgins erinnert sich an einen Besuch in Musks Unternehmen, bei dem Musk ausgesehen habe wie der Tod. "Er erzählte mir, dass er seit Tagen nicht geduscht habe." Bei Musk wisse man oft nicht genau, was man bekommt, so der Reporter: "Je nach Tag kann er mal unglaublich witzig und charmant sein. Er kann aber auch ein A... sein, das einem am liebsten den Kopf abreißen würde. Seine Augen werden rot, und dann ist da nur noch Wut."


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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