ARTE-Doku

"Tommy Lee und Pamela": die Amour fou der Neunziger

15.07.2022, 08.21 Uhr
von Eric Leimann

"Baywatch"-Star Pamela Anderson und Rocker Tommy Lee waren DAS – wenn auch etwas schmuddelige – Glamour-Paar der Neunziger. Eine ARTE-Doku analysiert nun auf kluge Weise die wahre Geschichte der beiden.

ARTE
Tommy Lee und Pamela: Liebe, Sex und ein Videotape
Dokumentation • 15.07.2022 • 22:00 Uhr

"Ihre Beziehung war die meistbeachtete Liebesgeschichte der 90er Jahre", heißt es zu Beginn von François Chaumonts ARTE-Doku "Tommy Lee und Pamela: Liebe, Sex und ein Videotape", die im Rahmen des "Summer of Passion" bei ARTE läuft. Welch passende Überschrift für die Liebesgeschichte der beiden Öffentlichkeits-Ikonen, denn ihre Liebe war bei aller Zurschaustellung von maximaler Leidenschaft geprägt. Deren Zeuge sind nicht nur mehrere Versöhnungen und Trennungen, sondern auch die Söhne Brandon Lee und Dylan, die 1996 und 1997 zur Welt kamen

Oberflächlich betrachtet war es die Liebe zweier Show-Biz-Profis. Auf der einen Seite: der verrückte Schlagzeuger einer Hair-Metal-Band, deren 80-er-Jahre-Ruhm mit dem Aufkommen des "authentischen" Grunge-Zeitalters am Verblassen war. Auf der anderen Seite die Kanadierin Pamela Anderson: das wohl berühmteste Playmate seiner Zeit und als in enges Rot gewandete Rettungsschwimmerin der Serie "Baywatch" wohl jene Frau, deren wippende Brüste weltweit am intensivsten in Zeitlupe auf dem Fernsehschirm verfolgt wurden.

Doch Anderson war auch eine getriebene, verletzte Frau. Später berichtete sie davon, in ihrer Jugend mehrfach vergewaltigt worden zu sein. Und selbst, als sie zu den wohl bekanntesten Frauen der Welt zählte, hatte ihr Wort in der mit einer Milliarde Zuschauer pro Folge erfolgreichsten Fernsehserie aller Zeiten wenig Gewicht. In der Serie "Pam & Tommy" (in Deutschland seit Januar 2022 bei Disney+ zu sehen) gibt es eine Szene, in der Pamela Andersons roter Badeanzug vorm Shooting einer Strandszene minutenlang zurechtgezupft wird, um exakt das richtige Maß an Hinterteil zu entblößen. Kurz zuvor ist der Schauspielerin eine längere Dialogszene, auf die sie sich lange vorbereitet hatte, von den (männlichen) Regisseuren kurzerhand gestrichen worden. "It's stronger without words", heißt die lakonische Begründung.

1992 lernt die Welt in der dritten Staffel von "Baywatch" Pamela Anderson kennen. Die damals 25-Jährige und ihre Inszenierung wird zum ikonografischen Bild ihrer Zeit, eine erotische Postkarte der 90er. David Hasselhoff, der eigentliche Star der Serie, war anfangs übrigens gegen das Engagement des "Playboy"-Stars. In der Doku erinnert sich jemand daran, wie Hasselhoff gesagt haben soll: "Ihr Körper, ihre Brüste werden ablenken, wenn ich in einer Szene mit ihr bin. Niemand wird mich ansehen, jeder wird auf ihre Brüste starren". Pam Anderson und Tommy Lee heirateten 1995 übrigens 96 Stunden nach ihrem ersten Date: Partys, Ausraster, Drogen und schließlich die Geschichte eines Tapes mit privaten Sexszenen, das ein rachsüchtiger Handwerker aus dem Safe von Tommy Lee gestohlen hatte, gab dieser öffentlichen Beziehung dann noch einmal eine besondere Wende.

Unter dem Skandal-Video litt hauptsächlich Pam

Während sich das Tape 1996 im aufkommenden Internet-Zeitalter rasch verbreitete und irgendwann "viral ging", wie man heute sagen würde, litten die Karrieren der beiden Stars auf unterschiedliche Weise: Während Skandal-Rocker Tommy einfach nur ein weiteres "starkes Stück" ungebremster Männlichkeit ablieferte, wurde Pamela Anderson fortan als schmuddeliger Erotik-Star eingestuft, der eine Grenze überschritten hatte. 1996 spielt Pamela Anderson ihre erste große Filmrolle in dem B-Movie "Barb Wire". Um auf der Welle des lukrativen Skandals mitzureiten, beschloss der Filmverleih, einen erotischen Vorspann zu drehen. Der Film geriet zum Flop. Auch diese Geschichte ein Zeugnis unterschiedlicher Freiheiten, die Männer und Frauen in ihrer öffentlich wahrgenommenen Sexualität noch bis vor kurzem hatten.

Pamela Anderson kommt in der klug bebilderten und betexteten ARTE-Doku in vielen TV-Ausschnitten selbst zu Wort, ebenso wie Ex-Ehemann Tommy. Von der Fiction-Serie "Pam & Tommy", an der Anderson nicht mitgearbeitet hatte, ist die heute 55-Jährige übrigens nicht begeistert. Und das, obwohl Schauspielerin Lily James ihren Charakter durchaus komplex und liebenswert zeichnet. Was Anderson laut einem Instagram-Post im Frühjahr an der Fiction-Serie nicht gefallen hat: dass sie zu sehr als Opfer der Umstände gezeichnet wird, wobei sie sich selbst "stärker" und "als Überlebende" betrachtet.

Momentan treibt Pamela Anderson eigens die Entwicklung einer Netflix-Doku voran, in der "die wahre Geschichte" der einst bekanntesten Blondine der Welt erzählt werden soll. Die aktuelle ARTE-Doku zeigt hingegen eher, wie sehr die Fiction-Serie "Pam & Tommy" die Realität doch recht gut getroffen haben könnte.

Tommy Lee und Pamela: Liebe, Sex und ein Videotape – Fr. 15.07. – ARTE: 22.00 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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