Die Beziehung von Delphine (Emmanuelle Seigner, links) und Elle (Eva Green) kippt immer wieder beinahe ins Erotische.
Einmal mehr hat Roman Polanski einen Psychothriller gedreht. "Nach einer wahren Geschichte" ist allerdings einer der schwächsten Filme des Regisseurs.

Nach einer wahren Geschichte

KINOSTART: 17.05.2018 • Thriller • F (2017) • 101 MINUTEN
Lesermeinung
prisma-Redaktion
Originaltitel
D'après une histoire vraie
Produktionsdatum
2017
Produktionsland
F
Budget
11.329.550 USD
Laufzeit
101 Minuten

Filmkritik

Obsession im kleinsten Kreise
Von Sven Hauberg

Da steht er also doch, der Name des Regisseurs. Fettgedruckt sogar, in der Mitte des Kinoplakats zu "Nach einer wahren Geschichte": "Ein Film von Roman Polanski". Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. In Zeiten der bisweilen in Hysterie umschlagenden "MeToo"-Debatte dann aber doch nicht unbedingt. Kevin Spacey musste das erleben, als nicht nur sein Name vom Poster zu "Alles Geld der Welt" verschwand, sondern auch seine Szenen durch einen anderen Schauspieler ersetzt wurden. Polanski wird seit Jahrzehnten vorgeworfen, 1977 ein 13-jähriges Mädchen vergewaltigt zu haben, eine Anschuldigung, die zuletzt zum Ausschluss des Regisseurs aus der Oscar-Akademie führte. Einen wirklich großen Film konnte der 84-Jährige lange nicht mehr drehen. "Nach einer wahren Geschichte" ist nun ein kleines Kammerspiel, das sich auf nur eine Handvoll Schauspieler konzentriert.

Trotz all der Vorwürfe gegen ihn: In Frankreich, seiner Wahlheimat, hat man Polanski noch nicht verstoßen. "Nach einer wahren Geschichte" durfte der Regisseur im vergangenen Jahr in Cannes präsentieren, nicht im Wettbewerb zwar, aber doch als inoffiziellen Abschlussfilm. Polanski schrieb zusammen mit Olivier Assayas ("Die Wolken von Sils Maria") das Drehbuch nach dem Bestseller-Roman von Delphine de Vigan. Polanskis Ehefrau Emmanuelle Seigner (sie war bereits 1988 in Polanskis "Frantic" zu sehen) spielt die Schriftstellerin Delphine, die mit einem sehr persönlichen Roman über ihrer Mutter einen großen Erfolg feiern konnte. Bei einer Lesung steht eines Abends eine junge Frau (Eva Green) vor ihr, die sich einfach nur Elle nennt – französisch für "sie". Sie sei ein großer Fan, sagt Elle, so wie es schon Kathy Bates gesagt hatte, bevor sie in der Stephen-King-Verfilmung "Misery" James Caan das Leben schwer machte.

Viel erfährt man nicht über diese quasi namenlose Frau, die sich fortan zur besten Freundin von Delphine entwickelt. Sie ist ebenfalls Schriftstellerin, verfasst als Ghostwriterin Autobiografien für Stars und Sternchen. Delphine hingegen leidet an einer Schreibblockade. Immer wieder zeigt Polanski, wie sie in ihrer Pariser Traumwohnung vor ihrem Laptop sitzt und das leere Word-Dokument vor sich anstarrt. Elle will Delphine eine Muse sein, ermuntert sie, ihr "verborgenes Buch" zu schreiben, ihre eigene Autobiografie. Aus Freundschaft wird bald Besessenheit. Elle zieht bei Delphine ein, kleidet sich wie sie und reist einmal gar für sie in die Provinz, um an ihrer statt eine Lesung zu geben. Die Doppelgängerin selbst aber gibt sich weiterhin verschlossen, erzählt nur wenig über sich, und ob das stimmt, was sie da verrät, bleibt höchst zweifelhaft.

In seiner Auflösung vorhersehbar

Roman Polanski erzählt von dieser Frauenfreundschaft, die immer wieder kurz davor ist, ins Erotische zu kippen, überraschend nüchtern. Man merkt schnell, dass "Nach einer wahren Geschichte" eigentlich ein Psychothriller sein will. Doch: Es dauert, bis so etwas wie Spannung aufkommt. Erst im letzten Drittel des Films, wenn sich Delphine und Elle in ein Haus aufs Land zurückgezogen haben, kommt es in der dunklen Einsamkeit zur Eskalation. Bis dahin ist der Film viel Oberfläche und schließlich in seiner Auflösung allzu vorhersehbar.

Dabei ist gerade Polanski einer, der sich auf düsteres Kammerspiel versteht. Zuletzt, in "Venus im Pelz", reichten ihm zwei Schauspieler für ein packendes Psychoduell. In "Der Mieter" trieb er 1976 das Spiel mit Identitäten meisterhaft auf die Spitze. Die Flucht in andere Realitäten, sie war für Polanski überhaupt schon immer das Thema seines Lebens. Schon als kleiner Junge, nach seiner Flucht aus dem Ghetto von Krakau, legte er sich selbst ein neues Ich zu, verbarg seine jüdische Herkunft und gab sich fortan als Katholik aus. Seine Eltern starben in den Konzentrationslagern, er überlebte. Dass nun ausgerechnet dieser Film über Wahrheit und Fiktion einer der schwächsten von Roman Polanski ist, verwundert. Man muss leider festhalten: "Nach einer wahren Geschichte" ist ein unpersönliches, distanziertes Werk geworden. In Cannes gab es dafür, ganz zu Recht, nur verhaltenen Applaus.

Quelle: teleschau – der Mediendienst

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