Modernes Leben

Jawbone und Co.: Spion in eigener Sache

Vermessen: Im Schlaf, während des Joggens oder beim Fahrradfahren messen Fitnesstracker unsere Bewegungen. Alles wird dokumentiert und auf dem Smartphone oder Computer angezeigt.
Vermessen: Im Schlaf, während des Joggens oder beim Fahrradfahren messen Fitnesstracker unsere Bewegungen. Alles wird dokumentiert und auf dem Smartphone oder Computer angezeigt. Fotoquelle: SASIMOTO/shutterstock.com

Sie sind klein und unscheinbar. Die meisten sitzen am Handgelenk, einige können auch an die Kleidung geklemmt werden. Sie beobachten uns auf Schritt und Tritt. Sie wissen, ob wir Treppen steigen, spazieren gehen oder joggen. Ob wir uns beim Yoga ausgepowert oder faul auf dem Sofa gesessen haben. Sie erkennen sogar unseren Schlafrhythmus. Die Rede ist von Fitnessarmbändern, auch Aktivitätsarmbänder oder -tracker genannt.

Die flexiblen Armbänder werden rund um die Uhr getragen und zeichnen – je nach Produkt und Hersteller – so ziemlich alles auf, was wir am Tag machen: Puls, Schritte, zurückgelegte Kilometer, verbrauchte Kalorien und eben auch unsere Bewegungen während des Schlafens. Die Ergebnisse werden direkt aufs Handy oder an den Computer geschickt. Hier können dann detaillierte Statistiken abgerufen werden.

Alarm bei Inaktivität

Manche Tracker sind zudem mit einem kleinen Display ausgestattet, wie etwa das Vivofit von Garmin. Es zeigt durch einen roten Aktivitätsbalken das tägliche Bewegungs-Soll an. Andere verfügen über einen Inaktivitätsalarm. So kann man sich beispielsweise mit dem Jawbone Up mit sanfter Vibration daran erinnern lassen, dass man sich schon zu lange nicht bewegt hat. Das Fitbit Surge besitzt zudem ein eingebautes GPS, das Standort, Distanz, Höhe, Zwischenzeiten und Routenhistorie erfasst.

Wie unterschiedlich die Funktionen auch sein mögen, die Armbänder sollen uns helfen, fitter und gesünder durchs Leben zu gehen. Aber können sie uns dabei tatsächlich helfen? Professor Ingo Froböse sieht in den kleinen Computern am Handgelenk eine Motivationshilfe. "Sie geben uns eine gute Basisinformation darüber, wie viel wir uns bewegen", erklärt der Sportwissenschaftler von der Deutschen Sporthochschule Köln. Denn die Selbsteinschätzung funktioniere leider nicht so gut und die meisten Menschen bewegten sich schlichtweg zu wenig.

Allerdings gibt der Experte zu bedenken, dass die Fitnesstracker – gleich welchen Herstellers – keine echten Werte liefern, sondern nur Berechnungen. "Der Kalorienverbrauch ist zum Beispiel nur eine Berechnung. Auch Tiefschlafphasen kann ein solches Gerät nicht exakt erkennen, dafür muss ich schon ins Schlaflabor gehen."

"Ein kleiner Terrorist am Handgelenk"

Problematisch wird es dann, wenn sich der Träger sklavisch an die Vorgaben des Trackers hält und sich damit überfordert. Diese Erfahrung machte der Wissenschaftler während einer früheren Studie, die "3œ000 Schritte mehr pro Tag" hieß. Sobald die Studienteilnehmer ihre Tagesziele nicht erreicht hatten, versuchten sie, alles am Wochenende nachzuholen, und sie gaben an, dass sie das stressen würde. "Dann ist das Gerät ein kleiner Terrorist am Handgelenk", sagt Froböse. Auch könnten manche Menschen von Informationen wie "Zu wenig Tiefschlafphasen" oder "Du hast 20 Minuten wach gelegen" überfordert sein oder sich sogar Sorgen um ihre Gesundheit machen.

Deshalb rät er zu einem "vernünftigen Umgang". Will heißen: das Band auch mal ablegen. Zu Beginn eine Woche tragen und dann einmal im Monat erneut eine Woche, um zu schauen, ob sich der Lebensstil verändert hat – "als eine Art Zwischendiagnostik". Hierfür seien Tools wie Schrittzähler oder auch Anzeigen zu Ruhephasen, also wie oft und wie lange man am Tag sitzt, sehr gut.

Gut zur Selbstreflexion

Denn wer seinen Lebensstil oder sein Bewegungsverhalten dokumentiert, wird überrascht sein, welche Ergebnisse es zu Tage bringt. Zu viele kleine Snacks und zu viele Minuten im Sitzen geraten bei vielen zu schnell in Vergessenheit. "Es ist so etwas wie ein Spiegelbild, das einem vorgehalten wird. Es hilft bei der Selbstreflexion", sagt Froböse. "Fit machen die Armbänder aber dennoch nicht, das muss dann schon jeder selbst erledigen."

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