Tracks - Nicolas Becker, Fujita, Boris Lehman

Info • Fr., 17.12. • 30 Min.
(1): Nicolas Becker Headliner dieser Folge von „Tracks“ ist der Tonzauberer Nicolas Becker. Er begann mit zuschlagenden Türen und Ohrfeigen-Imitationen in der amerikanischen Seifenoper „Im Schatten der Leidenschaft“, gewann als 25-Jähriger beim französischen Filmpreis den César in der Kategorie „Bester Sound“ für „Hass“ und vertonte bislang mehr als 250 Filme. Für sein Sounddesign zum amerikanischen Filmdrama „Sound of Metal“ über einen ertaubenden Schlagzeuger wurde der inzwischen 51-jährige Franzose letztes Jahr mit einem Oscar ausgezeichnet. Nicolas Becker sieht sein Schaffen in der Tradition der „Foley Artists“. Die nach dem amerikanischen Soundeditor Jack Foley benannten Geräuschemacher galten Anfang der 1930er Jahre als Meister des Nachvertonens von Filmen. Becker verfügt in dieser Kunst über sein ganz eigenes Fantasie-Arsenal. Für „Gravity“ erschuf er einen Sound für die Stille des Weltalls, in „Arrival“ ließ er Außerirdische miteinander kommunizieren, und in „Sound of Metal“ brachte er die Körpergeräusche des tauben Schlagzeugers zu Gehör. Seine Methode ist ebenso einfach wie genial: Er taucht ein in die jeweilige Welt, deren Klang es zu erschaffen gilt. Für den Film „Zidane, un portrait du 20e siècle“, der den französischen Mannschaftskapitän 90 Minuten lang auf dem Spielfeld begleitet, kaufte er Stollenschuhe und eine Rolle Rasen. Um die universelle Stille aufzunehmen, reiste er in die Wüste von Dschibuti. In seinem Pariser Studio lüftet der Klang-Gott einige seiner Geheimnisse. (2): Fujita Gitarre oder Klavier reichen ihm nicht. Um in unerschlossene Klanggefilde vorzudringen, baut FUJIIIIIIITA alias Fujita Yosuke seine eigenen Instrumente. Für seinen 2009 erschaffenen Geräuscheerzeuger nahm der aus Hiroshima stammende Künstler die orgelähnlichen Intonarumori zum Vorbild. Die Klangmaschinen wurden 1913 vom italienischen Futurismus-Künstler Luigi Russolo erfunden, dem auch das Manifest „L’arte di rumori“ (Die Kunst der Geräusche) zu verdanken ist. Inspiriert vom höfischen Stil der japanischen Gagaku, zieht Fujita mit seinem Instrumentarium durch die Welt, um seine Zuhörer in neue Sphären der Musik eintauchen zu lassen. (3): Boris Lehman Mit 500 Filmen und insgesamt 500.000 Fotos ist der Belgier Boris Lehman der Ich-Erzähler schlechthin. Der 77-jährige Experimental- und Essayfilmmeister sagt von sich, sein Leben sei zum Drehbuch eines Films geworden und dieser selbst zu seinem Leben. Seine filmischen Selbstporträts erzählen von seiner Geburt, seinen Freunden, Liebesbeziehungen und sogar vom eigenen Tod. Von seinem Leben bewahrt er alles auf: Bilder, Töne ebenso wie Zähne oder Haar. Wer seine Filme sehen will, muss Boris Lehman zu sich nach Hause einladen, dann klingelt er ganz sicher mit seinen 16- oder 8-mm- Spulen und Projektor an der Tür!