Damals erinnert man sich an den großen Regisseur Richard Brooks, der noch gemeinsam mit John Huston mit "Gangster in Key Largo" (1948) einen der besten Gangsterfilme geschrieben hat und für Jules Dassin den Zuchthaus-Film "Zelle R 17" (1947). Und dann drehte er selbst so aufregende Action-Filme wie "Hexenkessel" (1950) mit Cary Grant, "Die Maske runter" (1952) und den wunderschönen und meisterhaften Büffeljäger-Western "Die letzte Jagd" (1955).
"Die Saat der Gewalt" mit Glenn Ford, Sidney Poitier und Anne Francis war einer der erfolgreichsten Filme der Mittfünfziger Jahre. Das "Rock Around the Clock" der Titelmelodie macht Brooks' Film zum Publikumshit, obwohl es um eine realistische Geschichte mit Rassenhass, Gewalttätikeit und Terrorisierung von Minderheiten in einer amerikanischen Berufsschule geht. Ein neuer, idealistischer Lehrer kommt an eine Schule, wo er nicht nur pädagogisch an verwilderten Rowdies scheitert, sondern beinahe auch zu Tode geprügelt wird. Dass das Ganze am Ende in einer versöhnliche Moral umkippt, die vorgaukelt, man müsse nur stark bei seiner Meinung verharren, ist dem wachen Auge des McCarthy-Ausschusses zu verdanken, der seinerzeit gegen alles "Unamerikanische" zu Feld zog. Und unamerikanisch war auch, was Kritik an sozialen Verhältnissen übte.
Bevor Brooks Drehbücher schrieb, arbeitete er für den Rundfunk und kurze Zeit war er auch Theaterregisseur und er hat sich mit dem Roman "The Brick Foxhole" als Literat einen Namen gemacht. Edward Dmytryk verfilmt später die Geschichte um einen leidenschaftlichen Antisemit, der einen jüdischen Ex-GI ermordet. Robert Ryan ist hier in einer seiner ersten großen Filme zu sehen. Spätere Romane sind "The Boiling Point" und der Hollywood-Report "The Producers". Seit 1962 ist Brooks sein eigener Produzent und widmet sich immer mehr literarischen Stoffen. So entstehen 1958 "Die Brüder Karamasow" mit Yul Brynner, Maria Schell und Richard Basehart. Brooks zeigt Dostojewskis Romanhelden in einer zwar trivialisierten, dennoch aber sehr eindrucksvollen Verfilmung, der auch die schwache Darstellung der Gruschenka und des Dimitri dank hervorragender Regie kaum etwas anhaben kann.
1958 entsteht "Die Katze auf dem heißen Blechdach" mit Elizabeth Taylor und Paul Newman: Auf einer Farm in den Südstaaten feiert Big Daddy seinen Geburtstag. Er ist krebskrank und wird bald sterben. Die anderen wissen das. Sie hecheln und heucheln und zanken um ihn herum, doch er steckt sie alle in die Tasche. Im Mittelpunkt der Geschichte jedoch stehen Brick und Maggie. Brick, früher ein großer Baseballspieler, treibt sich ohne Ziel und Arbeit herum. Mit seiner Frau Maggie hat er kaum noch Beziehungen, Kinder gibt es nicht in der Ehe, sein Bruder hat dafür gleich fünf.
Die Geschichte, nach einem Stück von Tennessee Williams spielt an einem einzigen Tag, beginnt mit Lug und Trug und endet in totaler Aufrichtigkeit. Wie bei "Süßer Vogel Jugend" (1961) zwingen auch hier die Zensurbehörden, die harte Tennessee-Williams-Geschichte zu entschärfen. Vor allem die Homosexualität von Brick wird kaum noch deutlich, dennoch hat Brooks mit Elizabeth Taylor und Paul Newman einen interessanten Film gedreht, der einige Elemente des Stückes noch verdeutlicht. Die Krise einer alternden Schauspielerin macht Brooks in der Tennessee-Williams-Verfilmung "Süßer Vogel Jugend" zwingend deutlich. Diesmal ist nicht die Taylor, sondern die um vieles vielseitigere Geraldine Page Paul Newmans Partnerin.
Ob Joseph Conrads "Lord Jim" oder den großartigen Western "Die gefürchteten Vier" (1966), ob das spannende, aber wenig erhellende Sean-Connery-Abenteuer "Flammen am Horizont" (1982) oder das müde Ryan-O'Neal-Filmchen "Jackpot" (1985) - Brooks hat es sich immer auch leisten können, Gutes und Schlechtes zu mischen - ein Flop konnte nie die Karriere gefährden. Oft ging es in seinen Filmen um menschliche Werte, um Ordnung, um Recht, um den Einzelnen, der sich gegen die Klischees und gegen eine unheilige Ordnung stellt. Richard Brooks gehört zu den bedeutenden Regisseuren des amerikanischen Kinos und selbst der schwächste seiner Filme ist geprägt vom Signum des Richard Brooks.
1960 heiratet Brooks die Schauspielerin Jean Simmons, die bei ihm in "Elmer Gantry" (1960) und "Happy-End für eine Ehe" (1969) spielt. Für "Die Saat der Gewalt" und "Die Katze auf dem heißen Blechdach" erhielt er 1955 und 1958 eine Oscar-Nominierung, für die "Katze" wurde er auch als Regisseur nominiert. 1960 erhält er für das Drehbuch von "Elmer Gantry" den Oscar, 1966 wird er nominiert als Autor und Regisseur von "Die gefürchteten Vier", wie auch 1967 für "Kaltblütig". Zweimal wirkt er am Ende seines Lebens noch einmal als Darsteller im Film mit: 1986 in "50 Jahre Action" und 1990 in dem Film über Quincy Jones: "Listen Up: The Lives of Q. J.".
Weitere Filme von Richard Brooks: "Begegnung in Tunis" (1951), "Arzt im Zwielicht" (1952), "Take the High Ground" (1953), "Damals in Paris" (1954), "Mädchen ohne Mitgift" (1956), "Something of Value" (1957), "Kaltblütig" (1967), "Der Millionenraub" (1971), "700 Meilen westwärts" (1974) und "Auf der Suche nach Mr. Goodbar" (1976).