Tatort am Sonntag

Krösus im Niemandsland

11.09.2014, 16.07 Uhr
von Detlef Hartlap
Brillanter Auftritt: Yasin el Harrouk (Foto mit Morgane Ferru) als Nasir.
Brillanter Auftritt: Yasin el Harrouk (Foto mit Morgane Ferru) als Nasir.  Fotoquelle: BR/Heike Ulrich/Claussen+Wöbke+Putz Filmproduktion GmbH

Eins darf man dem neuen Tatort aus München - Der Wüstensohn heißt er - bescheinigen: an Themen, Nebenaspekten und Konfusionen mangelt es ihm nicht. Manches davon ist eher was für den Boulevard bzw. die Twitteristen des Sonntagsabends, was übrigens auf dasselbe hinausläuft.

Sie werden sich prächtig über Wilson Gonzalez Ochsenknecht beömmeln, der nun auch kein wilder Kerl mehr ist, stattdessen eine Studie als koksendes und schmarotzendes Weichei liefert. Wie er das macht, das hat schon was.

Die Twitteristen werden sich auch freuen, Udo Wachtveitl alias Hauptkommissar Franz Leitmayr bei bester Gesundheit und gefestigter Gemütslage anzutreffen. Im vorigen Münchner Tatort waren ihm seelische und körperliche Zusammenbrüche in Vielzahl zugemutet worden.

Eine Leiche an Bord

Zu erwarten ist auch, dass sich das Netz in fachkundiger Kommentierung den Sportwagen des Nasir al Yasaf widmen wird. Als fünfter Sohn des Emirs von Kumar liebt er die dröhnende Beschleunigung auf den Münchner Ringstraßen, nur dass er es an einem frühen Sonntagmorgen übertreibt und die Polzei auf sich aufmerksam macht. Damit hebt das Geschehen an. Nasirs weißer Lamborghini gegen die geballte bayerische Staatsgewalt. Zu dumm, dass Nasir nicht nur flott unterwegs ist, er hat auch eine Leiche an Bord.

Dieser junge Mann, gespielt von Yasin el Harrouk, ist das eigentliche Drama dieses Tatorts, eine berührende Studie des Verlorenseins. Er hat alles, genießt Geld, Immunität, Dienerschaft und die Möglichkeit, sich über ein Studium für höhere Aufgaben zu qualifizieren. Nur die Liebe seines Vaters, die hat er nicht. Freunde und Bedienstete in seiner Umgebung vermag er nicht einzuschätzen. Er ist großzügig wie ein Krösus, jähzornig wie ein Kind, manipulativ wie ein verwöhntes Blag und misstrauisch selbst in liebevoller Umarmung.

Entwurzelter im Niemandsland

Yasin el Harrouk spielt sämtliche ­Facetten eines Entwurzelten im Niemandsland zwischen den Kulturen brillant durch. Natürlich erinnert er stark an den einen oder anderen Gaddafi-Sohn. Die vielen Plattitüden ­dieses Tatorts wiegt er allemal auf.

Das könnte Sie auch interessieren