Tatort am Sonntag

Todesängste

11.10.2014, 15.27 Uhr
von Detlef Hartlap

Der neue Tukur-Tatort Im Schmerz geboren bietet Leichen und Sensationen im Minutentakt. Er ist so sehr darauf angelegt, alle jemals gezeigten Tatort-Folgen wie kleinbürgerlichen Pilcher-Mief wirken zu lassen, dass man fragen darf: Steckt auch Substanz dahinter?

Das bekommen wir zu sehen: Einen Italo-Western ohne Mundharmonika-Begleitung, ein Potpourri von Shakespeare-Zitaten, eine Aneignung von Robert-Rodriguez-Filmen (El Mari achi, Sin City), einen guten Ulrich Tukur, eine noch bessere Barbara Philipp als seine getreue Wächterin. 47 Leichen. Einige elaborierte Mordmethoden. Die Fassungslosigkeit von Menschen, die begreifen, im nächsten Augenblick aus dem Leben zu scheiden.

Das bekommen wir zu hören: Einen Erzähler aus dem Off, der Werfels "blassblauer Frauenhandschrift" entsprungen scheint und das Mordgewese konterkariert. Ein Musikgemisch wie aus dem Klassik-Radio-Bauchladen mit Beethoven, Bach, Brahms bis zu Georges Delerue, der die Musik zum Truffaut-Film "Jules et Jim" schrieb.

Doch das Flickwerk von Buch und Regie (Michael Proehl, Florian Schwarz) geht nicht auf. Die Amour fou des Filmklassikers zwischen zwei Freunden und einer Frau wirkt hier wie an den Haaren herbeigezogen. Es geht um Rache und Geisteskrankheit, was durchaus zusammenhängt. Harloff (Ulrich Matthes), Tukurs alter Busenfreund, kehrt nach Jahrzehnten in Bolivien zurück ins traute Hessenland und will alle killen, die ihm einst Steinchen in den Weg legten.

Das ist schnittig arrangiert, auf Todesgags hin inszeniert und von dem famosen Alexander Held mit Augenzwinkern präsentiert. Aber im Jubel um diesen Film, der ausbrechen wird, äußert sich nichts anderes als Sehnsucht nach Abwechslung von Tatort-Langeweile, und sei es durch Todesangst und Exekution.

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