Dekadenz
30.09.2020 • 21:40 - 22:35 Uhr
Info, Dokumentation
Lesermeinung
Kulturhistoriker Jürgen Wertheimer sieht das Ende des Westens kommen.
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Kunsthistoriker Wolf Eiermann, Leiter des Museums Georg Schäfer in Schweinfurt, betrachtet die Werte des Westens als stabil.
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Produktionsland
D
Produktionsdatum
2019
Info, Dokumentation

Sehnsucht nach dem Verfall?

Von Andreas Schoettl

Der Mensch gilt als die Krone der Schöpfung. Doch ist seine von ihm geschaffene Gesellschaft auch geschützt vor dem Verfall? Unter anderem dieser Frage geht der Regisseur Wilfried Hauke in seinem Film über die "Dekadenz" nach. Sie gilt für viele als der Anfang vom Ende. Wirklich?

Dekadenz sei der Anfang vom Ende einer Gesellschaft. So lautet zumindest eine Vermutung mancher Philosophen und Historiker. Doch dafür hält sie sich nun auch schon recht lange, die Dekadenz. Moralapostel mahnten bereits im frühen Mittelalter vor einem sittenlosen, enthemmten Leben. Dieses sei, wie sie glaubten, schließlich der Grund gewesen für den Untergang des römischen Reiches.

"Es war zunächst mein Hauptanliegen, einmal nachzuspüren, was ist eigentlich dran an diesem Mythos von der römischen Dekadenz, von Fress- und Sauforgien der Oberschicht, der Elite, die sich nicht mehr um ihre Gesellschaft, um ihren Staat gekümmert haben", erklärt Wilfried Hauke. "Das römische Reich ist ja zerfallen. Ist es tatsächlich daran, an diesem moralisch-ethisch verwerflichen Leben zerfallen, oder ist es vielleicht ein Mythos, mit dem wir bis heute arbeiten?" Diese Fragen stellte sich der merhfach ausgezeichnete Filmregisseur nach eigener Aussage. Hauke ist dem Phänomen der Dekadenz auf den Grund gegangen. Sein zweiteiliger Film "Dekadenz" ist nun bei ARTE erstmals zu sehen,

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Hauke schlägt einen großen Bogen von der Welt der alten Römer über die Kunstepoche der Décadence und des Fin de Siècle bis in die Gegenwart. Zunächst jedoch taucht er ab. In den Golf von Neapel. Teile des antiken Baiae liegen dort unter Wasser. Der Ort entwickelte sich vor allem in der späten römischen Republik zu einem beliebten Heilbad. Gelage und Verlustierungen aller Art sollen dort ausgiebig zelebriert worden sein. Zeitgenossen wie etwa der römische Philosoph Seneca nannte die Leichtlebigkeit in Baiae ein "Rasthaus der Laster".

"Opulente Lebensbejahung"

Beeindruckende Unterwasseraufnahmen in der Gefolgschaft der italienischen Tauchlehrerin Cristina Canoro zeigen untergegangene Statuen wie der des Dionysos, ausgerechnet der griechische Gott der Fruchtbarkeit, des Wahnsinns und der Ekstase, sowie Ruinen ehemaliger Prachtbauten. Zum Bruch kommt es, wenn Hauke wieder auftaucht. Er führt aus vergangenen Epochen direkt ins Neapel der Gegenwart. Bilder von großer Armut in der Stadt am Vesuv stehen im krassen Gegensatz zur vermeintlichen Opulenz der Antike. Zwar gilt die Schönheit nach wie vor als Idea, doch nicht nur in Neapel regieren längst auch Armut und Unrecht.

In Haukes Film führen Kunsthistoriker wie Wolf Eiermann oder der Philosoph Michael Foessel weiter aus, wie nah doch ausschweifendes Leben und die Lust am Untergang beieinanderstehen. Die sehenswerte, anregende Dokumentation warnt aber auch vor den negativen Strömungen politischer Dekadenz in der Gegenwart. So sind es extreme Populisten oder religiöse Fanatiker, die den westlichen Lifestyle und nicht zuletzt auch die Demokratie als verdorben ansehen und deren Untergang herbeireden.

Bleibt wohltuend wenigstens eine optimistischere Einschätzung der Dekadenz: Die österreichische Kabarettistin Lisa Eckhart etwa definiert sie so: "Dekadenz ist für mich wirklich opulente Lebensbejahung. Aber mit dem Wissen um die Sterblichkeit, was immer darüber schwebt. Es ist ein Exzess, der nicht versucht, dieses Wissen um die Sterblichkeit zu betäuben, sondern darüber zu triumphieren."

Dekadenz – Mi. 30.09. – ARTE: 21.55 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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