Nicht immer schlüssig, aber immer unterhaltsam: Stephen Frears' "Immer Drama um Tamara".
Natürlich ist England schön. Was einer der Hauptgründe für mancherlei Erfolge der jüngeren Film- und Fernsehgeschichte sein dürfte. Das beginnt bei der herrlichen Serie "Der Doktor und das liebe Vieh" und zieht sich hin bis zu den watteweichen Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen, auf die sich allsonntaglich diejenigen freuen können, denen der "Tatort" zu aufregend für das Ende einer Woche ist. Stephen Frears greift selbstverständlich auf dieselbe Hardware zurück wie erwähnte Produktionen. Auch in der Komödie "Immer Drama um Tamara" (2010), die nun im Ersten ihre Free-TV-Premiere feiert, sind die Hügel grün und sanft. Der Film basiert lose auf einem Graphic Novel von Posy Simmonds, das wiederum einiges aus Thomas Hardys "Far From The Madding Crowd" nimmt. Auch hier besitzen die Häuser trotz einer gelegentlichen Grundverlottertheit eine Eleganz, die an den Shabby Chic erinnert, der einem dieser Tage in "Schöner Wohnen" und Co. entgegenspringt.
Aber Frears kann natürlich mehr. In diesem herrlichen und vielleicht eine Spur zu watteweichen Setting inszeniert er eine Geschichte, die von ihren Dramen lebt: Tamara Drewe (Gemma Arterton) kommt nach Jahren zurück in das kleine Nest, in dem sie einst aufwuchs. Ihr Selbstbewusstsein ist neu, ihre Nase ist es ebenfalls.
Schnell sieht sie sich gleich zwischen drei Männern. Drei Prototypen, die nicht ohne Klischees auskommen. Einmal der Rockstar Ben (Dominic Cooper). Gut aussehend, aber nicht der Hellste. Ein Sportwagenfahrer, der das Herz am verblüffend rechten Fleck hat. Dann der Jugendfreund. Natürlich der gefährlichste. Zwischen Andy (Luke Evans) und Tamara liegt von Beginn des Filmes an das in der Luft, was man gemeinhin sexuelle Spannung nennt. Und dann der alte Mann. Der Bestsellerautor, Nicholas Hardiment (Roger Allam), der in seinem Haus allerhand andere Großgeister aus der literarischen Szene beherbergt. Es entsteht also ein Reigen an emotionalen Verwirrungen, der einige Beitänzer hat. Da gehen eifersüchtige Ehefrauen durch das Bild (großartig: Tamsin Greig), vergeistigte Schriftsteller mit – haha – Thomas-Hardy-Obsession, die jede Menge Unheil anrichten und – man hat schließlich einen Rockstar im Ensemble – kreischende Teenager.
Der Knaller kommt zum Schluss
Frears zimmert aus diesem nicht weiter ungewöhnlichen Handlungsstrang ein nicht immer schlüssiges, aber meistens zielgenaues Feuerwerk, das davon lebt, dass seine Witze bis zum Exzess ausgerollt werden. Erwähnte Teenager entwickeln bemerkenswerte kriminelle Energie, um ihrem Idol nahe zu sein, erinnern dabei aber trotz ihrer obszönen Bauernschläue an die Charaktere der herrlichen England-Comedy "Little Britain". Die vereinigte Schreiberzunft besteht größtenteils aus saturierten Schuften und Möchtegerns, die ihre Eitelkeiten zur Schau tragen wie obszönen Schmuck.
Am Ende steuert alles auf eine deftige Katastrophe zu, die Frears genüsslich austapeziert. Dass die glamouröse Gemma Arterton für ihre Rolle vielleicht etwas zu souverän agiert, streckenweise eher Besuch aus einem anderen, amerikanischeren Kino als Darstellerin in der britischen Provinz zu sein scheint, darf man dem Film nicht zu sehr ankreiden: Die Diskrepanz zwischen ihr und den anderen Protagonisten ist schließlich auch einer der wichtigsten Kniffe des Drehbuchs.
Erst 2017 standen Gemma Arterton und Dominic Cooper wieder gemeinsam vor der Kamera – als Ehepaar. In dem emotionalen britischen Film "The Escape" spielte Arterton eine Mutter und Ehefrau, die mit ihrem Leben unzufrieden ist und dringend etwas ändern muss.