Tatort
07.06.2020 • 20:15 - 21:45 Uhr
Serie, Krimireihe
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Produktionsland
D
Produktionsdatum
2020
Serie, Krimireihe

Der große Schmerz

Von Eric Leimann

Im letzten neuen "Tatort" vor der Sommerpause tauchen die Münchener Kommissare Batic und Leitmayr in die Untiefen zweier gut situierter Familien ein. Ein bärenstark gespielter und optisch überwältigender Abschied in eine lange Pause.

Man sollte neue "Tatort"-Ware genießen, solange es sie noch gibt. Mit drei Monaten Sommerpause fällt die premierenfreie Zeit 2020 ungewöhnlich lange aus. Vor allem ist das dem Corona-Lockdown geschuldet, der eben auch Dreharbeiten unmöglich machte. So verabschiedet sich das Format mit dem Fall der Münchener Kommissare Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) aus einer durchaus starken Saison 2019/20. Am nächsten Sonntag ermitteln noch einmal die "Polizeiruf 110"-Kollegen aus Rostock – ehe eine Phase von durch Zuschauer-Votings ermittelten Wunsch-"Tatort"-Wiederholungen eingeläutet wird, die den 50. Geburtstag der Krimireihe im November vorfeiert.

"Lass den Mond am Himmel stehen" taucht ein in die Welt zweier miteinander befreundeter, gut situierter Familien. Man lebt in einer grünen Münchener Bungalow-Siedlung. Judith (Laura Tonke) ist mit dem Chirurgen David Kovacic (Lenn Kudrjawizki) verheiratet. Mit dem halbwüchsigen Sohn Emil (Ben Lehmann) aus einer früheren Beziehung hat man es sich in einer schicken Villa gemütlich gemacht. Eines Morgens liegt der Junge nicht wie vermutet in seinem Bett, offenbar ist er nicht von seinem Freund Basti (Tim Offerhaus) zurückgekehrt. Dessen Eltern (Victoria Mayer, Hans Löw), die noch die 18-jährige Tochter Hannah (Lea Zoe Voss) haben, sind eng mit den Kovacics befreundet. Doch auch sie wissen nichts über den Verbleib von Emil. Wenig später wird seine Leiche in der Isar geborgen. Der Junge wurde ermordet.

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Das Leid der Mutter, die ihr einziges Kind verloren hat, ist unermesslich. Batic und Leitmayr versuchen, den Schmerz der Hinterbliebenen zu respektieren – und dennoch in einem komplexen Beziehungsdickicht Wahrheiten aufzudecken. Die vor der Tat scheinbar sorglose Welt der Jugendlichen und ihrer Familien könnte Risse aufweisen, die Hinweise auf die Tat vermitteln. Oder ist Emil doch seine jugendliche Neugier zum Verhängnis geworden? Seine Handyspur endet in der Nähe eines Parkplatzes im Wald, der als Treffpunkt für anonyme Geschlechtsakte bekannt ist.

Subtiles Leid vor tollen Wohnkulissen

Das Leid von Menschen, die ein Kind verloren haben, wird regelmäßig in Krimis "durchgespielt" – mit durchaus großen Qualitätsunterschieden. Die Besetzung der zurückgelassenen Mutter mit Laura Tonke ("Hedi Schneider steckt fest") ist allerdings ein kreativer Coup – da es kaum eine zweite deutsche Schauspielerin gibt, die die Fragilität des Alltags so feinnervig verkörpern kann, wie die 46-jährige Berlinerin. Ihr bei der leisen Abschiedsreise aus dem alten Leben, beim Betreten von Räumen, die eben noch vom Leben des Kindes erfüllt schienen, zuzusehen, ist einfach große Schauspielkunst. Tonke spielt wunderbar leise, doch gerade deshalb ist der Effekt so anrührend.

Überhaupt die Schauspieler – sie agieren allesamt sehr stark: "Tatort"-Dauergast Victoria Mayer, die schon im ersten, ebenfalls sehr starken Schwarzwald-"Tatort: Goldbach" von 2017 eine Mutter spielte, die mit anderen Familien um ein Kind trauerte – macht ihre Sache ebenso ausgezeichnet wie ihr Filmmann Hans Löw ("Alles Isy") oder die jugendlichen Darsteller. Verantwortlich für kammerspielhafte Glanzleistungen dieser Qualität ist jedoch auch die Kunst einer Gruppe von österreichischen Kreativen, die diesen psychologisch dichten, bärenstarken "Tatort" gezimmert haben. Das Drehbuch stammt vom Duo Stefan Hafner und Thomas Weingarten (ORF-"Tatort: Her mit der Marie"). Regie führte Christopher Schier, der nach zwei ORF-Folgen nun ebenfalls seinen ersten deutschen "Tatort" inszenierte.

Überragend sind auch die Bilder des Films, die mit Thomas W. Kiennast ("3 Tage in Quiberon") ein weiterer Österreicher in Szene setzt. Seine Stilleben von subtilem Leid vor tollen Wohnkulissen, die jedes High End-Architekturmagazin fotografisch schmücken würden, sind mit das Beste, was man an Kameraarbeit in der abgelaufenen "Tatort"-Saison gesehen hat. Diesen Fall zu genießen, fällt angesichts seiner traurigen Story schwer. Als dichte, mitreißende Erzählung aus dem Zentrum einer innerlich verzweifelten Wohlstandsgesellschaft heraus, ist der letzte "Tatort" der Saison jedoch noch einmal große Fernsehkunst.

Tatort: Lass den Mond am Himmel stehen – So. 07.06. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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