Neue Amazon-Serie

"El Cid": Ein hoffnungsloser Ehrenmann

von Andreas Fischer

In der historische Schmachtserie "El Cid" erzählt Amazon hieb- und stichfest von glorreichen Schlachten und gemeinen Intrigen im Leben des spanischen Nationalhelden.

Wenn irgendjemand noch ein Argument gegen Kleinstaaterei braucht, gegen Landesfürsten, die ihr eigenes Süppchen kochen und dabei das große Ganze aus den Augen verlieren: Amazon Video liefert mit der spanischen Historienserie "El Cid" ab dem 18. Dezember ein paar eindrückliche Gründe. Wer da im Spanien des 11. Jahrhunderts alles König ist, wer in kleinen Reichen alles große Politik machen will und nur Verwirrung stiftet, wer je nach Machtverhältnis sein Fähnchen in wechselnde Winde hält – kein Wunder, dass sich Land und Leute nach einem starken Mann sehnen, nach einem Ritter ohne Furcht und Tadel.

Diesen Mann gab es in Spanien wirklich. El Cid wird als Nationalheld bedingungslos verehrt. Historisch gesehen war Rodrigo Díaz de Vivar, so sein bürgerlicher Name, allerdings eine streitbare Figur, ein Diener vieler Herren, dem es, anders als im Volksglauben verankert, durchaus um sich selbst ging, wenn er glorreiche Schlachten zum Wohl der Nation ausfocht. Der Mann wusste seine Scherflein ins Trockene zu bringen. Davon erzählen die Serienschöpfer José Velasco und Luis Arranz allerdings nicht viel.

El Cid (Jaime Lorente "Haus des Geldes") ist der Amazon Originalserie ein Heiliger, der mit Witz, Charme und jugendlicher Unbekümmertheit voranprescht. Als zwölfjähriger Junge an den Hof von Léon verschafft, wächst der Knappenknabe zu einem stattlichen Mann heran, dem Loyalität wichtiger als alles andere ist. So ehrenwert sein Ansinnen, so hoffnungslos ist es: Am Hofe intrigieren die Kinder von König Ferdinand untereinander, die Königin plant den Umsturz, Grafen sind abtrünnig, die Nachbarreiche aufmüpfig, und dann sind da ja auch noch die Mauren im Süden.

Wer akzeptiert, dass ständig neue Namen fallen, neue Intrigen gesponnen werden, neue Allianzen geschmiedet und alte Bündnisse aufgekündigt werden, wer sich nichts daraus macht, den Überblick zu verlieren, der bekommt mit "El Cid" eine ansehnliche Historienserie, die unter der Sonne Spaniens das Beste aus schmieriger Seifenoper und brutaler Schlachtplatte miteinander verbindet. Spannend ist das allemal: Zum einen ist immer ziemlich viel los in den zehn Episoden, zum anderen wurde die prächtig ausgestattete Serie mit ordentlichem Budget produziert und sieht dementsprechend klasse aus.

Es mag wenig zwar wenig glaubwürdig sein, dass El Cid seinen heldenhaften Weg inmitten von Komplotten und Meuchelmorden, Eitelkeiten und Geschwisterliebe, politischen Winkelzüge und wirtschaftlichem Hegemonialstreben unbeirrt und einsam geht. Aber er erfüllt eben als glorreicher Kämpfer eine Sehnsucht nach Beständigkeit und Ehrgefühl, und es bleibt rechts und links des Weges genug Raum für faszinierende Anekdoten über das Leben im mittelalterlichen Spanien. Wenngleich die Seitenhiebe gegen das Patriarchat und dem Aushebeln rechtsstaatlicher Prinzipien etwas deplatziert wirken angesichts der überwiegenden Ritterromantik.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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