Sozialreportage

"Hartz und herzlich": RTL II in den Plattenbauten von Bitterfeld-Wolfen

von Eric Leimann

RTL II versucht sich mit "Hartz und herzlich: Die Plattenbauten von Bitterfeld-Wolfen" ein drittes Mal an der Langzeitbeobachtung eines Armuts-Brennpunkts. Voyeurismus in puncto Trash-Leben oder ernstgemeinte Sozialreportage?

RTL II
Hartz und herzlich: Die Plattenbauten von Bitterfeld-Wolfen
Reportage

Die riesigen Wohnblöcke in Bitterfeld-Wolfen, wo einst das Herz der DDR-Chemieindustrie schlug, sind weitgehend verlassen. Früher wohnten hier 50.000 Menschen. Heute sind es nur noch ein paar Abgehängte. Unter dem Titel "Hartz und Herzlich", der lustiger klingt als es gemeint ist, widmete sich der Trash-affine Sender RTL II schon zweimal ungewohnt ernsthaft dem Genre der Sozialreportage. Oder sollte man es eher Doku-Soap vom unteren Rand der Gesellschaft nennen, damit dem Sender sein Publikum nicht davonläuft? Für drei neue, jeweils zwei Stunden lange Folgen beobachteten mehrere Kamerateams über vier Monate nun das Leben in Bitterfeld-Wolfen.

Zum Beispiel jenes der 26-jährigen, vierfachen Mutter Jenny, die lieber noch mehr Kinder zur Welt bringen würde, als arbeiten zu gehen. Auch Rainer und Gerhard, beide fast im Rentenalter, versuchen im fast leeren Wohnblock, über die Runden zu kommen.

Kritik am Format

Nach guten Quoten für zwei vorangegangene "Hartz und Herzlich"-Reportagen über eine Eisenbahnsiedlung in Duisburg und die Benz-Baracken in Mannheim, steht nun der Alltag an einem mittlerweile menschenleeren Industriestandort der DDR im Vordergrund. Inspiriert wurde das RTL II-Format von der Vox-Doku "Asternweg". Es ist der Versuch, sich dem Tellerrand der bürgerlichen Gesellschaft ein wenig ernsthafter zu nähern als in vielen verwandten, aber überzogen und weitgehend inszenierten Formaten des Senders.

Für die Umsetzung setzte es allerdings auch Kritik. Nach Ausstrahlung der Doku über die Eisenbahnsiedlung in Duisburg schrieben Bewohner, die sich vom Format ausgenutzt und falsch dargestellt fühlten, einen offenen Brief an den Sender. Am 5. September 2017 (20.15 Uhr) zeigte der Privatsender deshalb einen Nachklapp, der erzählte, wie es den Protagonisten aus Duisburg heute geht.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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