Film im ZDF

"Sarah Kohr – Irrlichter": Ist die Ermittlerin eine Corona-Leugnerin?

27.12.2022, 08.27 Uhr
von Elisa Eberle

Verschwörungstheoretiker planen einen Anschlag, Sarah Kohr muss ermitteln: Der neue ZDF-Krimi bringt das Thema Corona noch einmal in die Primetime.

ZDF
Sarah Kohr – Irrlichter
Krimi • 27.12.2022 • 20:15 Uhr

Ein locker besetzter Bus in Hamburg: Vereinzelte Fahrgäste tragen Masken, die Mehrheit der Münder und Nasen sind jedoch unbedeckt. Es ist eine Szene wie aus dem Corona-armen Alltag im Sommer 2022, die am Anfang dieses achten Teils der ZDF-Reihe "Sarah Kohr" steht. Doch das, was wenige Sekunden später passiert, möchte wohl niemand in der Realität erleben: Zwei junge Männer, sie heißen David (Lasse Myhr) und Mark Jennert (Kjell Brutscheidt), albern laut herum. Sie scheinen sich über irgendetwas zu freuen. Doch als ein dritter Fahrgast sein Handy zückt, kippt die Stimmung: Tony Krohm (Alexandru Cirneala) erkennt die beiden auf einem Video, welches einer der Brüder ins Internet gestellt hatte.

Es zeigt, wie sie vermummt und mit einem Baseballschläger bewaffnet auf das renommierte Mediziner-Ehepaar Kippmann (Sarah Masuch und Alexander Wipprecht) losgehen: "Ihr gehört eingesperrt", schimpft Tony, ehe er von den Männern verprügelt wird. Sarah Kohr (Lisa Maria Potthoff) sitzt währenddessen ungerührt im Bus. Erst als das Fahrzeug anhält und die übrigen Fahrgäste fliehen, greift sie ein. Doch anstatt dem Opfer zu helfen, streckt sie es selbst mit Krav Maga Nahkampf nieder: "Schlaf du sch*** Mitläufer", schimpft sie und wird schließlich von der Polizei gestellt.

Sarah Kohr, die Polizistin, ist eine Corona-Leugnerin? Die Zuschauerinnen und Zuschauer dieses mit "Irrlichter" übertitelten Krimis sind nach diesem Einstieg sicher mindestens genauso schockiert wie Sarahs Chef: Anton Mehringer (Herbert Knaup) steht kurz vor seiner Berufung zum Oberstaatsanwalt und kann einen Fehltritt seiner besten Ermittlerin wenig gebrauchen. In der Untersuchungshaft versucht er deshalb, Sarah zur Vernunft zu bringen, während sich wenige Kilometer weiter ein weitaus größeres Drama zusammenbraut: Felix Morgenroth (Matthias Matschke) ist während der Pandemie mehr und mehr in Verschwörungsmythen abgedriftet, dass er dadurch den Kontakt zu seiner Familie verlor, möchte er nun rächen: Gemeinsam mit seinen Handlangern David und Mark bereitet er sich auf den alles entscheidenden Anschlag am Tag X vor...

Will der Zuschauer das Thema Corona noch sehen?

Ein Krimi zur Corona-Krise: Wer möchte das nach knapp drei Jahren Pandemie mit teils krasse Einschränkungen im alltäglichen Leben noch sehen? Diese Frage schießt einem gleich zu Beginn von "Sarah Kohr – Irrlichter" unweigerlich durch den Kopf. Ja, der Krimi ist spannend und ein Teil der Faszination speist sich sicher auch daraus, dass jede und jeder sich zwangsläufig mit der Grundthematik auseinandersetzen musste, während es in vielen anderen TV-Krimis häufig doch um für die Allgemeinheit eher abstraktere Phänomene wie Waffenhandel ("Sarah Kohr – Das verschwundene Mädchen") oder Giftgasdiebstahl ("Sarah Kohr – Stiller Tod") geht. Doch auf der anderen Seite erhoffen sich viele Menschen ein wenig Zerstreuung und Ablenkung von den Sorgen des Alltags, wenn sie abends das Fernsehgerät einschalten.

Es bleibt somit abzuwarten, ob dieser von Timo Berndt erdachte und von Mike Marzuk inszenierte Krimi mit seinen Vorgängern mithalten kann, die mit Zuschauerzahlen zwischen 5,68 Millionen und 7,66 Millionen stets gute Werte erreichten. Sorgen, dass der Krimi gesellschaftliche Spannungen zwischen Impfbefürwortern und Impfskeptikern verstärken könnte, hat Hauptdarstellerin Lisa Maria Potthoff nicht: "Im Gegenteil: Ich glaube, Diskussion ist in einer Demokratie immer wichtig und gut", sagt sie im Interview: "Wichtig ist nur, dass wir in dieser Diskussion oder in Diskussionen über den Ukraine-Krieg oder über die Klima-Krise anderen Meinungen gegenüber offen sind und vielleicht mal heftig diskutieren, aber nie unter der Gürtellinie landen."

In Zukunft, so bleibt zu hoffen, wird es dann womöglich auch Filme über die (gesellschaftlichen) Folgen der Lockdowns insbesondere in den doch eher zu kurz gekommenen Gruppen der Studentinnen, Kindern und Jugendlichen geben. Dies wäre dann zumindest ein zeitweilig neuer Blick auf ein altbekanntes Thema.

Sarah Kohr – Irrlichter – Di. 27.12. – ZDF: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

Das könnte Sie auch interessieren