Neue Show bei ProSieben

"Late Night Berlin": So lief die Premiere mit Klaas Heufer-Umlauf

von Andreas Schöttl

Late-Night-Talk im deutschen Fernsehen? Die Königsklasse schien lange verwaist. Doch seit Montagabend, 23 Uhr, versucht sich Klaas Heufer-Umlauf bei ProSieben an dem Format.

Gut 60 Minuten lieferte er in seiner Premiere politischen Stand-up, Sidekick-Gags und einen sehr langen zweiteiligen Rückblick der Groko-Verhandlungen. Eine Band begleitete und rettete ihn bei flachen Rohrkrepierer-Witzen ("Horst Seehofer hat gleich drei Jobs: Innenminister, Heimatminister und Außenminister Bayerns"). Mit Anne Will war auch ein Interviewgast bei dem 34-Jährigen im "hammerschönen Studio". Aus diesem sendet Heufer-Umlauf nun jeden Montag seine "Late Night Berlin", die tatsächlich in Potsdam-Babelsberg aufgezeichnet wird. Petitessen – und wer will schon kleinlich sein. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zur neuen Show und sagen, was sich alles noch "einruckeln" muss.

Kann Klaas Late Night – ohne Joko?

Ja, es geht auch ohne seinen Buddy Joko Winterscheidt. Aber zu zweit geht manches einfacher. Beispielsweise im Dialog einen Witz landen. Wen ansprechen oder gegebenenfalls aufziehen, wenn da niemand ist? Klaas Heufer-Umlauf suchte sich daher doch einen Gesprächspartner. Er fand ihn in "Gott". So nannte er jedenfalls bei einer ersten Präsentation der Late-Night-Show für die Presse die Stimme aus dem Regie-Off. Nun fragte er: "Ist das der Moment, wo ich anfangen muss?" Gott blieb stumm. Heufer-Umlauf allein nur auf sich angewiesen. Er machte den Buckel, deutete auf sein Kreuz: "Ich spüre den Druck, der auf mir lastet", gab er zu. Doch keine Sorge, der Arzt musste nicht kommen, die gesamte Sendung nicht. Die Premiere von "Late Night Berlin" wurde zu keinem Notfall – und einen echten Sidekick gab es dann auch noch.

Was ist wirklich neu an "Late Night Berlin"?

Die Kulisse! Am eigens zur Show errichteten Studio wurde bis zuletzt gewerkelt. Sogar der Geruch vielfach verwendeten Holzes lag noch in der Luft, hieß es. Viel neuer geht also nicht – auch wenn Heufer-Umlauf zunächst etwas abschätzig witzelte, man produziere im Tischtennis-Keller von Günther Jauch, dem ohnehin halb Potsdam gehöre. Auch der spätere Interviewgast Anne Will sprach von einem "hammerschönen Studio". Rund 200 Zuschauer fühlten sich darin offensichtlich gut aufgehoben und sorgten für eine Atmosphäre. Wohl auch, weil sie vor allem Bekanntes serviert bekamen. Heufer-Umlauf eröffnete mit Stand-up. Er ließ sich viel über die Große Koalition aus. Und einen Sidekick hat Heufer-Umlauf auch schon. Der heißt Jacob Lundt, ist Redaktionsleiter, will nach eigenem Bekunden eigentlich nicht ins Fernsehen, war aber schon bei "Circus Halli Galli" und anderen "Joko und Klaas"-Formaten aufgetaucht. Er gibt den Manuel Andrack. Darauf einen Tusch, gespielt von Gloria. Das ist Heufer-Umlaufs eigene Band, sie ist natürlich längst nicht mehr unbekannt.

Wie politisch war "Late Night Berlin"?

Die politische Gewichtung war erstaunlich. In seiner Show wolle er "Haltung beziehen". Das betonte Heufer-Umlauf im Vorfeld mehrfach. Gerade "wenn eine rassistische Partei in den Bundestag einzieht, wie es jetzt passiert ist". Beim Namen nannte er die AfD am Montag aber nicht. Wohl aber flogen Spitzen nach ganz rechts außen. Über einen dramatischen Mitgliederschwund bei der urdeutschen "Sportart" Kegeln sagte Heufer-Umlauf: "Wenn heute besoffene Deutsche alle Neune erwischen wollen, meinen sie die Flüchtlingsfamilie nebenan." Ansonsten arbeitete er sich an der Findung der Großen Koalition ab – mit einem langen zweiteiligen Rückblick. Darin übernahm der gebürtige Oldenburger eine Rolle. Heufer-Umlauf spielte den Martin Schulz.

Wie gut waren die Gäste?

Gäste ist übertrieben. Es gibt nur einen. Zum Auftakt kam mit Anne Will Prominenz vom Öffentlich-Rechtlichen. Die Polit-Talkerin versank beinahe in einem cremefarbenen Sessel vor einem sehr großen Schreibtisch Heufer-Umlaufs. Ihren guten Ruf hat sie sich bei dem Auftritt entgegen der Ankündigung des Gastgebers dann aber nicht kaputt gemacht. Obwohl: Will gestand, dass sie beim "Bergdoktor" weinen müsse. Oder wenn sie in der "Tagesschau" Berichte über gestrandete Pottwale sehe.

Wie waren die Gags?

Wie sagte Heufer-Umlauf noch während seiner Premiere? "Es muss sich alles ein bisschen einruckeln!" Das galt vor allem für die Gags. Das womögliche Treffen zwischen Donald Trump mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un als "Bad Hair Day" zu bezeichnen, blieb vorhersehbar. Das war genau die Gewichtsklasse von Witz, die das Publikum bei Laune halten sollte. Das gelang ihm überwiegend gut. Gute Sprüche hatte Heufer-Umlauf bei der "Gag-Vorschau". In dieser blickt er auf die wichtigsten Termine der Woche. Über die Eröffnung der Leipziger Buchmesse sagte er: "Dank Kindle können Nazis nun Tausende Bücher verbrennen." Rumms, das hatte gesessen.

Was war der Aufreger des Abends?

Es gab keinen. Schlagzeilen generiert Klaas mit seiner Show wohl kaum. Im anheimelnd schönen Studio mit seinen modernen Holzkonstruktionen regten höchstens wirr animierte Hintergundbilder und ein ebenso unruhiger zu großer Bildschirm an seinem Schreibtisch auf.

Was war der Tiefpunkt der Sendung?

Im losen Gespräch mit Anne Will wollte Heufer-Umlauf wissen, wie die Stimmung nach ihren Sendungen denn sei, wenn die Kameras aus sind. Dies wäre nach seiner Premiere auch eine spannende Frage an ihn selbst. Denn: "Richtig eingeruckelt" war sein Late-Night-Auftakt noch nicht.

Soll man nächste Woche wieder einschalten?

Unbedingt. Die Show ist noch in der Findungsphase, hat aber Potenzial.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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