ZDF-Talkshow

Linder verspricht bei Maybrit Illner Klarheit über Entlastungspaket "vor Oktober"

26.08.2022, 09.14 Uhr
von Lena Rittmann
Finanzminister Christian Lindner.
Finanzminister Christian Lindner.  Fotoquelle: picture alliance/dpa | Christophe Gateau

Preisanstiege und Entlastungen sorgen für große Verwirrung. Auf dem Energiemarkt herrsche der "wilde Westen". Christian Lindner erklärt bei "Maybrit Illner" die Absicht der Gasumlage und spricht über weitere geplante Entlastungsschritte.

Zu Gast im Studio sind Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), der Ministerpräsident von Niedersachsen Stephan Weil (SPD), Ökonomin Veronika Grimm, Referatsleiterin Energieberatung bei der Verbraucherzentrale Thüringen Ramona Ballod sowie Robin Alexander, Journalist bei der "Welt".

Seit nun einem halben Jahr lässt der russische Angriffskrieg in der Ukraine die Energiepreise in Deutschland ins unermessliche ansteigen. Der Höhepunkt ist noch nicht erreicht und schon jetzt bereitet der Gedanke an die nächste Abrechnung vielen Bürgern existenzielle Sorgen. Der Staat griff bislang mit zwei Entlastungspaketen ein, um, wie es Maybrit Illner zu Beginn ihrer Sendung formuliert, aus der Energiekrise keine soziale Krise entstehen zu lassen. Jedoch sind aktuell weniger die Entlastungen als vielmehr die Verwirrung innerhalb der Bevölkerung zu spüren. Insbesondere die kürzlich beschlossene Gasumlage wirft bei vielen die Frage auf, warum gerade die Verbraucher für große Energieunternehmen zahlen müssen, die, wie bekannt wurde, teilweise gerade Rekordgewinne durch die Krise einfahren.

Bei Maybrit Illner versucht Finanzminister Lindner das Handeln der Regierung zu erklären. So stellt er klar, dass die Absicht der Gasumlage nicht sei, Konzerne zu retten, sondern Verbraucher zu schützen. Während Kunden von Gasunternehmen, die bisher russisches Gas bezogen haben, mit immensen Ersatzkosten konfrontiert werden, bleiben Kunden von Unternehmen, die kein russisches Gas beziehen, diese Mehrkosten erspart. Die Gasumlage sei eine solidarische Lösung unter Gaskunden, da diese nicht wissen, woher ihr Gas stamme.

Einer Befreiung dieser Zusatzkosten von der Mehrwertsteuer machte die EU einen Strich durch die Rechnung, daher wird die Steuer nun auf die gesamte Gaslieferung gesenkt. Für Lindner ein Prinzip von Ethik, schließlich dürfe der Staat nicht von Solidarität profitieren. Dass diese Maßnahme vor allem dazu diene, die großen Konzerne zu retten, weist Lindner zurück und weckt stattdessen Erinnerungen an das Jahr 2009: "Wir wollen einen Effekt wie damals bei der Finanzkrise verhindern, dass es einen Domino-Effekt gibt und am Ende sind einzelne Stadtwerke betroffen. Es geht darum, die Stadtwerke und die Verbraucher zu schützen." Dass der Staat die gesamte Gasversorgung mit Steuermitteln zahlen kann, sei schlichtweg unmöglich.

Kritik kommt unter anderem vom "Welt"-Journalisten Robin Alexander. Er behauptet, die Gasumlage sei ein "Kompromiss" zwischen den Grünen und der FDP: "Am Ende einigt man sich, wie so häufig, auf etwas, was nicht funktional ist." Auch die Ökonomin Veronika Grimm zweifelt an der Effektivität des Zusammenspiels der Maßnahmen. Die aktuelle Situation benötige einen Anreiz zum Sparen von Energie. Die Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas sei somit kontraproduktiv, weil sie die Preise senke und Anreize vernichte. Die Gasumlage sei grundsätzlich richtig, Entlastungen für die Bürger hätten jedoch andersweit hergestellt werden müssen. Was sagt Christian Lindner zu Direktzahlungen an die Bürger? Er schließe nichts aus. Auch "scheue" man sich in der Regierung nicht davor, Korrekturen am Instrument vorzunehmen, um es zielsicherer zu machen, so der Finanzminister.

Verbraucherschützerin: "Wilder Westen auf dem Energiemarkt"

Ramona Ballod von der Verbraucherzentrale Thüringen geht davon aus, dass, bei weiterer Steigung des Preisniveaus, bereits die "Mitte der Gesellschaft" die Rechnungen nicht mehr bezahlen könne. Zudem beobachte sie schon länger, wie einige Versorger bereits mehrfach im Jahr ihre Preise erhöhten – und das ohne Recht. Es herrsche ein "wilder Westen auf dem Energiemarkt". Ein Überblick und entsprechende Maßnahmen vom Kartellamt wären daher erforderlich. Auch empfiehlt sie Betroffenen, sich rechtlich zu wehren und zu klagen.

Nichtsdestotrotz wird das Preisniveau auch weiter steigen. Die Erwartungen an das bereits angekündigte dritte Entlastungspaket sind daher enorm. Auch hier klärt Lindner auf. Rentner bekommen einen Mietzuschuss. Bei Menschen mit Grundsicherung (Hartz4) werden die Heizkosten komplett übernommen. In den Strommarkt und die derzeitige Organisation der Preise müsse die Politik ebenfalls eingreifen. Zum 1.1.2023 sollen die Maßnahmen – und 10 Milliarden Euro an Solidarität in der Gesellschaft – auf den Weg gebracht werden.

Über die Situation im diesjährigen Winter hat Lindner weniger zu sagen: "Noch vor Oktober werden wir Klarheit über ein Entlastungspaket für den Winter haben", so der Finanzminister.

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