Selbstbestimmt - Ich bin Autist - Mein steiniger Weg zum passenden Job

Info • So., 23.03. • 29 Min.
Michael Kretschmer, heute angestellt bei DHL, hat alle zwei bis drei Jahre die Arbeitsstelle gewechselt. Wie andere Autisten auch, kann er Umgebungsreize schlecht filtern, Kommunikation stresst ihn. St\xe4ndige \xdcberforderung und das Gef\xfchl, nicht zu gen\xfcgen, werfen ihn regelm\xe4\xdfig aus der Bahn. Er selbst ahnte es schon l\xe4ngst, aber erst jetzt, mit 57 Jahren, hat er die Diagnose schwarz auf wei\xdf. Er weiht die Kollegen ein und hofft auf Akzeptanz und R\xfccksichtnahme. In Zukunft will er sich nicht mehr verstellen m\xfcssen: Dieses "Maskieren" raubt ihm zunehmend die Kraft f\xfcr die Arbeit.\x0a\x0aDie Gr\xfcnde f\xfcr die geringe Besch\xe4ftigungsquote bei Menschen im Autismus-Spektrum sind vielf\xe4ltig. Introvertierten Einzelg\xe4ngern wird die Teamf\xe4higkeit abgesprochen, Kollegen mit Ticks werden als anstrengend empfunden, ihr Wunsch nach strukturierten Abl\xe4ufen als unflexibel abgetan. Wissen und ein Mindestma\xdf an Verst\xe4ndnis hilft - und staatliche F\xf6rderung auch. Auf die haben Menschen mit Behinderung gesetzlichen Anspruch.\x0a\x0aDie Werkstatt f\xfcr behinderte Menschen hat Maria Sch\xfcnemann den Einstieg in das Erwerbsleben geebnet. Nach R\xfcckschl\xe4gen in der Ausbildung und Arbeitslosigkeit konnte die Autistin hier eine Aufgabe und Anschluss finden. Als sie dann in den ersten Arbeitsmarkt wechseln wollte, bekam sie von der Werkstatt alle nur m\xf6gliche Unterst\xfctzung. Heute betreut Maria Sch\xfcnemann Senioren in einem Pflegeheim. Ihr Platz auf dem ersten Arbeitsmarkt wird gef\xf6rdert mit dem "Budget f\xfcr Arbeit", einem Lohnkostenzuschuss. Der soll ausgleichen, was Maria Sch\xfcnemann weniger schaffen kann als ihre Kollegen. Heute ist sie stolz, den Schritt aus der Werkstatt heraus geschafft zu haben. Aber die hohen Anforderungen an einem reiz\xfcberfluteten Arbeitsplatz sp\xfcrt sie. Jeden Tag.\x0a\x0aDie Frage, wo passe ich beruflich hin, \xfcberfordert viele Jugendliche - Autisten noch mehr. Berufsbildungswerke sind in Deutschland die \xfcblichen Anlaufstellen f\xfcr Auszubildende mit Hilfebedarf. Xenia Klunker hat in Gera die Ausbildung zur Fachpraktikantin f\xfcr B\xfcrokommunikation begonnen. Im dortigen Berufsbildungswerk sind 80 von 300 jungen Menschen Autisten. Diese Zielgruppe wird hier schon seit Jahren bed\xfcrfnisorientiert betreut. Angepasste Ausbildungs- und Wohnformen sowie spezifisch geschultes Personal sind Voraussetzung f\xfcr die Zertifizierung zum "Autismusgerechten BBW". Auf dieses Siegel arbeiten die Geraer gerade hin.\x0a\x0aOft sind es nur kleine Dinge wie ein reizarmes Umfeld und Verst\xe4ndnis f\xfcr Eigenheiten, um dem autistischen Mitarbeiter das Arbeitsleben zu erleichtern. Manchmal braucht es Coaching oder F\xf6rdermittel f\xfcr die Eingliederung. Eine Arbeitswelt, die h\xe4nderingend Fachkr\xe4fte sucht, kann und sollte auf das brachliegende Potential autistischer Menschen nicht verzichten.