07.06.2016 Fürst Pückler in Bonn

Zwei durch dick und dünn

Von Detlef Hartlap
Die erste Weltausstellung in London, 1851: Auch Fürst Pückler durchstreifte den Crystal Palace (Foto), nachdem
er bereits zweimal den englischen Heiratsmarkt durchforstet hatte. Die Richtige fand sich auch diesmal nicht.
Die erste Weltausstellung in London, 1851: Auch Fürst Pückler durchstreifte den Crystal Palace (Foto), nachdem er bereits zweimal den englischen Heiratsmarkt durchforstet hatte. Die Richtige fand sich auch diesmal nicht. Fotoquelle: Wikipedia

Den Gestalter schöner Parklandschaften stellt man sich anders vor. Das ruhelose Leben des Fürsten Pückler, Teil 3.

Hermann Fürst Pückler-Muskau, dem in der Bonner Bundeskunsthalle eine Ausstellung mit vielen gärtnerischen Aspekten gewidmet ist, haben wir in zwei Folgen als einen quecksilbrigen, hochintelligenten, zu mancher Gemeinheit fähigen, treulosen und zugleich treuen Mann kennengelernt. Seinen Charakter mit wenigen Pinselstrichen zu malen, hieße, das Wesen Goethes in einen Satz zu fassen.

Ein Ding der Unmöglichkeit.

Seine Ehe mit Lucie, der Tochter des preußischen Kanzlers Hardenberg, war die innigste weit und breit, nur dass er fortwährend anderen Frauen nachstellte. Sie, Lucie, liebte ihn, und er, Hermann, liebte sie. Er betrog sie insofern nicht, als er ihr briefelang von jeder Liebschaft, jedem Liebeskummer berichtete.

Pückler war ein Prachtstück von Landmann und Gartengestalter. Muskau ging ihm über alles, nur hielt er es dort nicht aus. Stieg ein Ballon über Berlin auf, stand Pückler in der Gondel. Gab’s was zu wetten, Pückler riskierte sein Vermögen. Als endlich Züge fuhren, fuhr auch Pückler, selbst wenn die Strecke noch nicht ganz fertig war.

Er sehnte sich nach einer diplomatischen Karriere, scharwenzelte beim Aachener Kongress (1818, der den Wiener Kongress von 1815 in seiner konservativen Lähmung Europas noch verschlimmerte) um die Hauptakteure Metternich und Hardenberg, weil er unbedingt Gesandter werden wollte, am liebsten in Konstantinopel.

Von wegen Muskau ...

Er war ein aufmüpfiger Liberaler, setzte sich für ländliche Grundbesitzer ein und für das mit der Niederlage Napoleons politisch kastrierte Königreich Sachsen (das wie so oft auf der falschen Seite gestanden hatte), aber in Berlin blieb er trotzdem der Darling bei Hofe, und Friedrich Wilhelm III. erhob ihn 1822 in den Fürstenstand.

Als er endlich über das für ihn viel zu enge Europa hinaus die Welt bereisen konnte (1834–40), machte er wohl dem ägyptischen Vize könig Mehmet Ali seine Aufwartung, mindestens genauso aber faszinierte ihn eine Erwerbung, die er auf dem Sklavenmarkt in Kairo getätigt hatte: ein 15-jähriges Mädchen namens Bililee. Pückler, damals 50, nannte sie bald "Machbuba", was auf Arabisch "Geliebte" heißt, und seiner Lucie schrieb er, Machbuba sei seine "Maitresse".

Er brachte die Sklavin mit nach Muskau, wo sie bald starb. Ihr Grab findet sich auf dem evangelischen Kirchfriedhof.

"Ausverkauf englischen Blutes"

Hermann und Lucie gingen weiterhin durch dick und dünn. Dabei passierte sexuell nichts zwischen ihnen, wenn es das Wort "platonisch" nicht schon gäbe, könnte man die Ehe "pücklerisch" nennen. Sie warfen das Geld vierhändig zum Fenster und in den Park hinaus und waren bald so arm, dass Gläubiger öfter in Muskau weilten als Pückler selbst.

Aus Liebe hatte sich Lucie 1826 von Hermann scheiden lassen, damit er in England eine reiche Erbin gewinnen könne, um die Schulden zu begleichen. Doch war dies eine Zeit, in der im wohlhabenden England viele Glückssucher aus aller Herren Länder auftauchten, um fette Beute zu machen.

Die britische Presse schoss gegen die "hinterlistigen, schleimigen, geschlechtskranken und nichtsnutzigen" Kontinentaleuropäer (allen voran Franzosen, Deutsche und Russen) mit dem gleichen Arsenal von Vorurteilen, wie es heute gewisse deutsche Kreise bei Flüchtlingen handhaben. Man warnte vor dem "Ausverkauf unseres teuren englischen Blutes".

Pückler erntete viel Spott in den Zeitungen, hatte gleichwohl einige Romanzen, aber die Richtige wollte sich nicht finden lassen.

Mal war die reiche Dame nicht gut genug ("Du lieber Gott, sie ist wirklich nicht meine Welt"), mal half ihm all seine Verehrung nicht weiter: "Könnte ich dir nur ein Bild schicken, du würdest verwundert sein über ihre Schönheit", schrieb er Lucie.

So blieben sie ein Paar. Lucie starb 1854, Hermann 17 Jahre später, nachdem er noch etliche Affären mit jungen Gespielinnen genossen hatte.

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