Zahlen schreiben Geschichte

SERIE • 2 Staffeln • Krieg & Militär, Dokumentationen • Frankreich • 2018
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Die Zeit teilt das Leben der Menschen ein und besondere Daten werden zu historischen und kulturellen Meilensteinen – im Positiven wie im Negativen -, die im kollektiven Gedächtnis zu besonderen Ankerpunkten werden. Diese Dokureihe behandelt pro Folge ein besonderes, für die Weltgeschichte nicht unerhebliches datierbares Ereignis.

Originaltitel
Quand l'histoire fait dates
Produktionsland
Frankreich
Originalsprache
Französisch
FSK
12
Untertitel
Nein
Besetzung
Patrick Boucheron

Episoden-Guide

1. Staffel 1 (10 Episoden)
01
33 – Die Kreuzigung Jesu
Christ sein heißt glauben, dass Gott als Mensch auf die Erde gekommen ist, um die Menschen von ihren Sünden zu befreien, dass er gepredigt und Wunder vollbracht hat, dass er am Kreuz gestorben und wieder auferstanden ist. So ist auch die Kreuzigung kein Ereignis, sondern eine Tat des Glaubens an ein unendliches Ereignis, das jeden Sonntag gefeiert wird. Dabei gibt es jedoch ein zweifaches Paradox: Zum einen beginnt mit der Ankunft Christi auf der Erde eine neue, lineare christliche Zeitrechnung, die auf das Ende der Zeiten gerichtet ist (darum spielt auch die Berechnung des Osterdatums eine entscheidende Rolle für die Trennung des Christentums vom Judentum). (Text: arte)
02
Am 24. September 622 folgt Mohammed seinen Anhängern, die aus Mekka nach Medina geflohen sind. Für den Islam ist dies ein wichtiges Datum. Die Wanderung auf Arabisch „Hidschra“ genannt stellt einen Bruch in der Chronologie der Zeit dar und markiert den Beginn der islamischen Zeitrechnung. Von nun an beten die Gläubigen nicht mehr in Richtung Jerusalem, der Stadt der monotheistischen Religionen, die den Islam inspiriert haben, sondern zum neuen heiligen Ort Mekka hin. Die Abwendung von Jerusalem ist aber nicht nur ein religiöses, sondern vor allem ein militärisches und politisches Ereignis. Die Geschichte dieses epochemachenden Datums zu erzählen setzt voraus, die Religion in ihrer Geschichtlichkeit zu betrachten. Stellt man die Hidschra in den Zusammenhang der großen territorialen Fragen, die sich im 6. und 7. Jahrhundert auf der Arabischen Halbinsel stellen, erscheint sie als prägendes politisches Ereignis an der Schwelle von der Antike zum Mittelalter. (Text: arte)
03
323 v. Chr. – Tod Alexanders des Großen
Am 28. Tag des Monats Daisios (Mitte Juni) im Jahr 323 vor Christus verkündete ein Herold in Babylon dem Volk den Tod Alexanders des Großen. Mit ihm starb einer der größten Eroberer aller Zeiten, er wurde nur 32 Jahre alt. Keinem anderen gelang es, seine Herrschaft in so kurzer Zeit über weite Teile Eurasiens auszudehnen. Späteren Generationen wurde diese Geschichte als faszinierender Mythos überliefert: als die Legende von Alexander dem Großen. Wie gehen Historiker mit einem solchen Mythos um, der die wahren historischen Ereignisse beinahe überschattet und in Literatur, Kunst und Film auf unterschiedlichste Weise rezipiert wurde? (Text: arte)
04
Im kollektiven Gedächtnis gilt das Jahr 1492 als das geschichtsträchtige Jahr, das den Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit markierte. Aber was hat man tatsächlich in die Neue Welt übertragen: den aufgeschlossenen Geist der Moderne oder den dunklen Mystizismus des Mittelalters? Man kann die Tragweite der Entdeckung Amerikas am 12. Oktober 1492, die einen Wendepunkt in der Geschichte der Menschheit markierte, nur im Kontext seiner Epoche der Herrschaft der so genannten Katholischen Könige über die Alte Welt erfassen. Am 2. Januar 1492 erobern Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragón das Emirat von Granada, den letzten maurischen Flecken auf der Iberischen Halbinsel. Das ist eine außerordentliche Neuigkeit für die Welt, genauso wie das folgenschwere Edikt, das die beiden am 31. März 1492 erlassen, um die Juden aus Spanien zu vertreiben. Der 12. Oktober ist also nur eines von drei wichtigen Daten in diesem schicksalhaften Jahr der Weltgeschichte 1492. (Text: arte)
05
Der Ballhausschwur von Versailles, auf Französisch „Le serment du Jeu de paume“ liegt historisch zwischen der Einberufung der Generalstände-Versammlung im Mai 1789 und dem Sturm auf die Bastille im Juli desselben Jahres. Nachdem sich die Abgeordneten des Dritten Standes am 17. Juni 1789 zur Nationalversammlung erklärt hatten, wurde ihnen der Zugang zum regulären Versammlungsort in Versailles, dem Hôtel des Menus Plaisirs, verwehrt. Am 20. Juni 1789 besetzten sie daher das nahegelegene Ballhaus, eine alte Sporthalle aus dem 17. Jahrhundert. Die Halle diente eigentlich dem „Jeu de paume“ genannten Ballspiel, einem Vorläufer des Tennis. Die Männer gelobten, nicht eher auseinanderzugehen, „bis dass die Verfassung des Königreichs vollendet und durch solide Grundlagen gesichert“ sei. (Text: arte)
06
Die erste Rede nach Nelson Mandelas Freilassung am 11. Februar 1990 wurde von Politikern und Apartheidsgegnern auf der ganzen Welt verfolgt. In den darauffolgenden Tagen und Wochen wird Mandelas Stimme gehört werden – und allen ist bewusst, dass die Zukunft des Landes von den Worten dieses Mannes abhängen könnte. Mandela war 1964 aufgrund seiner politischen Aktivitäten als Mitglied des ANC im Kampf gegen die Unterdrückung der nicht-weißen Bevölkerung dem Todesurteil haarscharf entgangen und zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die längste Zeit seiner 27-jährigen Inhaftierung verbrachte er auf der Gefängnisinsel Robben Island vor der Küste Kapstadts. Doch der willensstarke Mandela gab den politischen Kampf auch dort nicht auf – neben der auferlegten harten Arbeit am Steinbruch nutzte er die Zeit nicht nur für die eigene Fortbildung durch ein Fernstudium, sondern strukturierte auch das Leben seiner Mithäftlinge. (Text: arte)
07
79 – Der Untergang von Pompeji
Mit dem Ausbruch des Vesuvs wurde Pompeji, die kleine Stadt am Golf von Neapel, im Jahr 79 nach Christus für immer vernichtet – und gleichzeitig auf ewig bewahrt. Ihre Überbleibsel galten lange als wichtiges historisches Zeugnis für das damalige Leben in einer römischen Kleinstadt. Doch neuere archäologische Funde und Bodenarchive zeigen, dass die Geschichte von Pompeji länger und einzigartiger ist als bisher angenommen: So wurde die Stadt nicht etwa von den Römern besiedelt, sondern hat sich im Laufe der Jahre selbst romanisiert. Auch und der pompejische Alltag war bei weitem weniger mustergültig als bislang vermutet. (Text: arte)
08
Als am 6. August 1945 eine Bombe über Hiroshima niederging, starben augenblicklich 70.000 Menschen, an den späteren Folgen noch einmal die gleiche Anzahl. Die vielen Opfer kannten den Grund für ihren Tod an diesen Tagen nicht: Es handelte sich um eine Atombombe. Seit dem Ereignis steht Hiroshima weltweit für die Angst vor dieser Gefahr – einer Bombe, die dazu in der Lage ist, das Leben Tausender Menschen in nur kurzer Zeit auszulöschen. Der Atombombenabwurf vom 6. August geht in die Geschichte als ein Moment des Schreckens ein, in dem der Menschheit die Möglichkeit ihres eigenen Untergangs bewusst wurde. Anders als die offiziellen Aussagen glauben machen wollen, sahen die USA den Abwurf als großangelegtes wissenschaftliches Experiment, mit dem Japan zur Kapitulation gezwungen und der Kriegseintritt der Sowjetunion verhindert werden sollte. (Text: arte)
09
Im Jahr 1347 wurde Europa vom „Schwarzen Tod“ heimgesucht. Die Seuche, die Angst und Schrecken verbreitete, raffte in fünf Jahren ein Drittel der Bevölkerung dahin. 40 Jahre lang flackerte die Pest immer wieder auf, in Marseille wurde sie erst 1722 besiegt, in Istanbul 1839. Von der schlimmsten Katastrophe des Mittelalters zeugen nur wenige, indirekte Spuren: In zeitgenössischen Texten wurde die Epidemie selbst meist verschwiegen, höchstens wurden ganz beiläufig die Auswirkungen vermerkt. Es ist, als hätte man die Folgen des Massensterbens irgendwie abfedern wollen – obwohl mancherorts mehr als die Hälfte der Einwohner der Pest zum Opfer fiel. Doch der eigentliche Ansteckungsprozess bleibt mehr als 500 Jahre lang ein Rätsel. Als die Pest nach einer letzten Epidemie in Marseille 1722 aus Europa verschwindet, ist ihre wahre Ursache noch immer unbekannt. (Text: arte)
10
Der Name Angkor Vat bedeutet „Stadt in Form eines Tempels“. Aber eigentlich handelt es sich um ein Kloster von der Größe einer Stadt. Von Angkor sieht man heute nur noch Ruinen, oder genauer: die Inszenierung ihrer Entdeckung. Einst befand sich hier eine bedeutende Zivilisation. Beide, Stadt und Zivilisation, gingen unter, wurden vergessen und schließlich von den Europäern wiederentdeckt. Mit dem Fall der Hauptstadt des Khmer-Reichs gerieten die großen Gleichgewichte in Südostasien ins Wanken. Schon damals war Angkor eine mythische Stadt, bevor es vom Dschungel überwuchert und erst mit der Kolonialisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von französischen Forschungsreisenden wiedergefunden wurde. Die Entdeckung der Ruinen von Angkor weckte Träume von Größe und beflügelte die Fantasie: Man wollte an das Verschwinden einer ganzen Zivilisation glauben, ähnlich dem Untergang des Römischen Reiches, wie man ihn sich damals vorstellte. (Text: arte)
2. Staffel 2 (20 Episoden)
01
Ein bekanntes Sprichwort lautet: „Rom wurde nicht an einem Tag erbaut.“ Aber wenn die Römer ihrer Geschichte gedenken, dann feiern sie den Gründungstag. Und dieser Tag ist der 21. April 753 vor Christus. Es stellt sich die Frage: Warum ausgerechnet dieses Datum?
02
52 v. Chr., Schlacht um Alesia
Die Schlacht von Alesia im Jahr 52 v. Chr. setzte dem berühmten „Gallischen Krieg“ ein Ende, der vom siegreichen Julius Cäsar in dessen Schriften verewigt wurde. Den Franzosen gilt die Schlacht von Alesia als Geburtsstunde eines gegen alle Widerstände geeinten Galliens.
03
315, Konstantinische Schenkung
Die Konstantinische Schenkung ist vielleicht das bekannteste, auf jeden Fall aber das folgenschwerste Dokument, das uns aus dem Mittelalter überliefert ist. Es handelt sich dabei um eine etwa auf das Jahr 800 datierte, gefälschte Urkunde.
04
Die Eroberung Konstantinopels und damit der Untergang des Byzantinischen Reichs wurde bewusst als Ende der antiken Tradition des Römischen Reichs dargestellt. Dabei besaßen die Osmanen zu diesem Zeitpunkt schon über hundert Jahre lang die Vorherrschaft auf dem Gebiet der heutigen Türkei.
05
Man nennt sie auch die „Sixtinische Kapelle“ der Urzeit: die Höhle von Lascaux. Obwohl sie weltweite Bekanntheit erlangt hat, gilt sie mittlerweile nicht mehr als die Geburtsstätte der Kunst. Entstand sie womöglich in einer Art prähistorischem Mittelalter?
06
Im Januar 1911 erreichte der norwegische Seefahrer Amundsen die Antarktis, aber erst am 20. Oktober startete seine Expedition zum Südpol nach einem Fehlstart. Bereits am 14. Dezember kam er am Südpol an und erreichte damit sein Ziel 35 Tage früher als sein Rivale Robert Scott.
07
Die Ermordung von Heinrich IV., der als gnädiger König, Reformator und Friedensbringer galt, gehört zu den berühmtesten Ereignissen der französischen Geschichte und als entscheidender Wendepunkt in der politischen Moderne.
08
399 v. Chr., Prozess des Sokrates
Warum wurde Sokrates 399 vor Christus von den Athenern hingerichtet? Hat der Philosoph wirklich die Jugend verdorben und stellte somit eine Gefahr für die griechische Demokratie dar?
09
Am 25. August 1270 stirbt der französische König Ludwig IX. vor den Mauern von Karthago – auf den Tag genau 22 Jahre nach Beginn seines ersten Kreuzzugs. Später wird er zum Heiligen erkoren und zum Nationalheld Frankreichs hochstilisiert. Seine Herrschaft, die als „Goldenes Zeitalter“ im Gedächtnis blieb, endete jedoch Chaos. Wie konnte es dazu kommen?
10
Am 17. Oktober 1961 demonstrierten mehr als 20.000 Franzosen algerischer Herkunft in Paris gegen den Krieg in Algerien. Was als friedlicher Protest begann, wurde von der Polizei blutig niedergeschlagen. Es war die gewaltsamste staatliche Unterdrückung einer Demonstration in Europa seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Auch heute fällt Frankreich das Gedenken an das Massaker schwer.
11
Die dritte französische Revolution, die zweite Französische Republik und die erste europäische Revolution: 1848 war ein ereignisreiches Jahr. In Frankreich wird die Republik ausgerufen. Aber welche Republik? Die Republik der Bürgerlichen oder der Arbeiter? Soll es eine liberale oder eine demokratische und soziale Republik sein?
12
Oktober 1860, Zerstörung des Sommerpalastes in Peking
Im Oktober 1860 plünderten und zerstörten 3.000 britische und ebenso viele französische Soldaten den Sommerpalast Yuánmíng Yuán des chinesischen Kaisers Qing Xianfeng.
13
Bis heute ist der 4. Juli einer der höchsten Feiertage in den USA. Er erinnert an den Gründungstext der Vereinigten Staaten aus dem Jahr 1776: „Folgende Wahrheit erachten wir als selbstverständlich, dass alle Menschen gleich geschaffen sind.“ Doch wie lässt sich das universalistische Ideal der Aufklärung mit einer aus einem Krieg hervorgegangenen, liberalen Nation vereinen?
14
Das Jahr Tausend
Was ist im Jahr Tausend passiert? In diesem Jahr hat sich nichts Bedeutendes ereignet. Der Übergang vom ersten ins zweite Jahrtausend war für die Menschen dieser Zeit kein besonderer Höhepunkt, ganz anders als für uns heute: Die Legende vom Chaos und Schrecken des Jahres Tausend ist zum Großteil eine Erfindung der von der Romantik geprägten Geschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts.
15
Vielleicht hatten Blake und Mortimer in „Das Geheimnis der großen Pyramide“ ja Recht? Jedenfalls bleibt die Geschichte von Echnatons 17-jähriger Herrschaft ein wahres historisches Rätsel. Mitte des 14. Jahrhunderts vor Christus benannte sich Amenophis IV. in Achenaton um, für uns heute Echnaton. Den Namen wechselte er, weil er sich zu einem neuen Gott bekannte.
16
Im Jahr 1324 tritt ein schwarzer Herrscher aus dem äußersten Westen der damals bekannten arabischen Welt die Pilgerfahrt nach Mekka an. Auf seinem Weg verändert der malische König Mansa Musa nicht nur die Sicht der arabischen Völker auf die schwarze Bevölkerung Afrikas, sondern bereitet auch den Weg für eine goldene Zeit auf dem Kontinent.
17
Im Herzen Zentralasiens, im Grenzgebiet zwischen den heutigen Republiken Kasachstan und Kirgisistan, wurde in der Mitte des 8. Jahrhunderts eine Schlacht ausgetragen, aus der kein Sieger hervorging. Damit fanden die jahrzehntelangen chinesisch-arabischen Konflikte ein Ende.
18
Am 21. April 1526 eroberte der mutige Kleinfürst Babur, Herrscher über Kabul, das Sultanat von Delhi in Nordindien. Baburs Sieg über Sultan Ibrahim Lodi läutete die zweite Islamisierungsphase auf dem indischen Subkontinent ein, durch die sich der Islam bis zu den Küsten Indonesiens ausbreitete.
19
Borodino, eine Ortschaft etwa hundert Kilometer westlich von Moskau, erinnert heute noch an den russischen Widerstand gegen Napoleon I. Im Jahr 1812 spielte sich hier eine Schlacht ab, die der damalige französische Propagandaapparat als Napoleons Sieg verkaufte. Doch im abgebrannten Moskau begann ganz im Gegenteil der Untergang des französischen Kaisers und der Zerfall seiner ohnehin erschöpften Armee.
20
Vor den Terroranschlägen 2001 in Amerika stand das Datum des 11. September für ein anderes, nicht weniger erschütterndes globales Ereignis: Im Jahr 1973 stürzte das chilenische Militär mit der Unterstützung des US-Geheimdienstes die sozialistische Regierung, die Unidad Popular und den Präsidenten Salvador Allende. Wenige Stunden später nahm sich Allende das Leben.