"Germany's Next Topmodel"

Heidi, deine Stimme ist einfach nicht schön!

13.02.2015, 07.30 Uhr
von Lena Köhnlein und Saskia Nothofer

"Germany's Next Topmodel" geht in die zehnte Runde. Die Jury besteht wie in der vergangenen Staffel aus Heidi Klum, Wolfgang Joop und Thomas Hayo. Jeden Donnerstag sitzen Millionen Mädchen also wieder vor den TV-Bildschirmen. Auch unsere Autorinnen geben ihren Senf dazu.

Die erste halbe Stunde

Saskia Nothofer: ... ist nichts anderes als eine Selbstdarstellung der Jury. Bevor nämlich die potenziellen Topmodels im Mittelpunkt der Show stehen, wollen Heidi, Thomas und Wolfgang sich schließlich auch mal ein wenig wichtig machen. Zwar machen die drei sich offiziell auf den Weg, um einige der Mädels zu überraschen, doch eigentlich sind sie nur Mittel zum Zweck. Viel wichtiger ist: Heidi hat Hunger, Heidi ist müde, Wolfgang hat Platzangst, Wolfgang ist schlecht…

Lena Köhnlein: Was dieses Jahr besonders toll ist – und schon im Vorspann angepriesen wird: der Bus! Ja, ihr habt richtig gehört, ein Bus. Wow. Los geht's dann auch mit dem Bus. Der ist schwarz, und hat "das kleinste Klo, das ich jemals gesehen habe", sagt Thomas. "Es ist so eng im Bus", jammert dann auch Heidi. Blöd. Aber immerhin prangert das Gesicht der drei Juroren ganz groß auf dem zweistöckigen Gefährt. Heidi findet es wohl selbst ein bisschen übertrieben, denn sie scherzt: "Wir sind so unauffällig mit unserem Bus". Ein bisschen wirken Thomas, Wolfgang und Heidi wie eine kleine Familie, die in dem Bus wohnt. So blökt Heidi auch ein "Gute Nacht, ihr Lieben" zu ihren männlichen Begleitern. Nur Wolfgang findet ihn doof: "Da krieg' ich Platzangst, ich will nicht Probe liegen, das will ich auch nicht in nem' Sarg."

Das Casting

Lena Köhnlein: Es war viel zu lang! Ich glaube, bei einem Männer-Casting hätte ich besser aufgepasst (Tipp für die nächste Staffel, ProSieben!). So fand ich es eher ein bisschen anstrengend. Ganz viele Mädels und deren wirres Gerede. Dann noch eine Drehscheibe, auf der die jungen Frauen laufen müssen, bis die Jury ihre Favoriten anhält. Und es geht immer nur um eins: die Größe (der Mädels natürlich). Außerdem lässt die Jury einige Kandidatinnen tanzen – Fremdschämen pur.

Saskia Nothofer: Die Fleischbeschau verläuft wie immer: Einige der Mädchen sind so selbstbewusst, dass man sie mal wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen möchte, andere nerven vor allem aus dem Grund, dass sie anderen Leuten etwas beweisen wollen. "Ich gönns hier jedem, ich gönns mir aber auch" – dieses Motto einer Kandidatin ist wohl kaum auf alle zu übertragen. Denn es ist doch klar: Alle wollen gewinnen, einfach nur dabei sein will keine. Obwohl: Auch das Reisen wollen sich einige vielleicht nicht entgehen lassen. Wie kommt man schon sonst in so kurzer Zeit an so viele über die Welt verstreute Orte? Und noch besser: Am Ende winken der Gewinnerin immerhin 100.000 Euro.

Das interessanteste Mädchen

Lena Köhnlein: Drei bleiben mir in Erinnerung: Ein Tattoo-Model, weil es viele Frauen gibt, denen Tattoos als Körperschmuck gut stehen. Sie kommt aber leider nicht weiter. Außerdem Cecilia aus der Nähe von Dortmund: hübsch und keine Tussi, wie viele der Kandidatinnen. Pari aus Berlin sorgt als Transsexueller genauso für Abwechslung. Er läuft besser als viele der Mädchen auf ihren High-Heels.

Saskia Nothofer: Für mich gibt es in der ersten Folge nicht DAS interessanteste Mädchen. Was ich in der Show lieber sehe, sind diejenigen, die ernsthaft das Potenzial haben, als Model zu arbeiten. Also hübsche, halbwegs natürliche Mädchen, die vielleicht auch noch den ein oder anderen gehaltvollen Satz von sich geben können. Denn egal wie sehr es nach Klischee klingt: Jedes Mädchen von nebenan ist meiner Meinung nach spannender als die Extremheulsuse, die Megazicke oder das Übermädchen, die alle zumindest einmal in ihrem Leben wichtig sein oder im Mittelpunkt stehen wollen. Die wirklich interessanten Mädchen kommen in den ersten Folgen leider meistens zu kurz – sie sind ja "langweilig". Den Großteil der Zuschauer bindet man eben leider durch die extremen Charaktere. Am Ende sind es dann aber doch die "Unauffälligen", die punkten. Potenzielle Kandidatinnen dafür: Cecilia, Jovana oder die hübsche Tunesierin.

Vollkommen überflüssig

Lena Köhnlein: Eine Stuttgarterin erzählt, dass sie ihrer Oma einen toten Fisch aus einem Gulli in den Mund gelegt hat. Die Großmutter dachte, sie bekomme ein Geschenk und freute sich auf eine Praline. Fies und nicht lustig. Und zu allem Überfluss ist die Blondine auch noch weiter.

Saskia Nothofer: Das Tattoo-Mädchen: Denn klar, sie ist etwas Besonderes. Aber dass sie nur zu Showzwecken dabei ist, sollte einem auch bewusst sein. Man sieht sofort, dass sie niemals eine realistische Chance auf den Sieg hätte. Überraschenderweise weist die Jury sie direkt ab – fast sympathisch und glaubwürdig von den Dreien. Auch die Männer, die sich vor die Jury stellen, sind fehl am Platz. Denn so sehr sich manche der Zuschauerinnen auch ein GNTM für Männer wünschen – bisher gibt es das nicht. Jungs, bleibt zu Hause.

Bestes Outfit

Lena Köhnlein: Sorry, Mädels, es ist natürlich das von Heidi: In rosafarbenem Minirock und Tiger-Oberteil überzeugt sie mich davon, dass sie zwölf Jahre alt ist. Und wenn sie in den Bus steigt, kann der Zuschauer leider auch ein bisschen drunter gucken – nun ja, das hat bestimmt keiner vom Kamerateam gesehen.

Saskia Nothofer: Das gibt es für mich noch nicht. Eher war ich damit beschäftigt, mir die Gesichter anzuschauen und schon mal heimliche Favoritinnen rauszusuchen.

Das hat an Heidi am meisten genervt

Lena Köhnlein: Ihre Kommentare, die zu jeder Kleinigkeit aus dem Off eingespielt werden. Heidi, deine Stimme ist einfach nicht schön! Wenigstens in den Momenten, in denen ich dich nicht sehe, will ich dich nicht hören!

Saskia Nothofer: Aus unerklärlichen Gründen musste man in dieser Folge gar nicht die "als-wie"-Schwäche von Heidi ertragen. Dass es zwischen den beiden kleinen Wörtern nämlich einen kleinen aber feinen Unterschied gibt, ist der Model-Mama nicht bewusst. Viel schlimmer noch: Sie benutzt die Kombination der beiden Wörtchen: "Sie ist viel größer als wie du", ist einer ihrer Standardsätze. Thomas Hayo nervt dafür umso mehr. Er gibt eine inhaltslose Weisheit nach der anderen von sich.

Unglaubwürdigstes Ereignis

Lena Köhnlein: Heidi isst einen Döner und sagt zu Thomas: "Glaubst du, ich kann mir noch einen bestellen?"

Saskia Nothofer: Der extreme Out-of-Bed-Look, als Heidi sich nach der ersten Nacht im Bus aus dem Bett schält. Wer soll schon glauben, dass sie und Thomas ernsthaft im Bus geschlafen haben? Auch die darauf folgende Styling-Szene, in der Heidi angeblich wach geschminkt wird, kann man ProSieben nicht abnehmen. Man – und vor allem Heidi selbst – muss sich einfach mal eingestehen, dass die Gute 41 Jahre alt ist. Da kann auch der 28-jährige Lover Vito Schnabel nichts dran ändern.

Der schönste Moment

Lena Köhnlein: Wolfgang Joop gesteht, dass er die Mädchen aus der letzten Staffel vermisst. Süß. Wenigstens eine Person schenkt den Mädels noch Beachtung, nachdem GNTM vorbei ist.

Saskia Nothofer: Die Selbstverständlichkeit, mit der die 18-jährige Katharina erzählt, dass sie schon bei der Fashion Week in London gelaufen ist. Sie berichtet davon nämlich in einer derart unspektakulären Weise, dass sie einfach nur sympathisch wirken kann. Arroganz sieht anders aus.

In der nächsten Woche sind hoffentlich schon die No-Gos aussortiert. Und auch die Jury sollte sich weniger wichtig nehmen als beim Start der Sendung.

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