Schon als Kind herrlich komisch: Hans-Peter Kerkeling (Julius Weckauf).
Sehenswert: "Der Junge muss an die frische Luft", die Verfilmung der Autobiografie von Hape Kerkeling.

Der Junge muss an die frische Luft

KINOSTART: 25.12.2018 • Drama • D (2018) • 100 MINUTEN
Lesermeinung
prisma-Redaktion
Originaltitel
Der Junge muss an die frische Luft
Produktionsdatum
2018
Produktionsland
D
Laufzeit
100 Minuten

Filmkritik

Nicht weinen – lachen!
Von Heidi Reutter

Die Münchner Oscar-Preisträgerin Caroline Link hat mit viel Feingefühl die Kindheit des Entertainers Hape Kerkeling verfilmt.

Es ist immer eine Herausforderung, einen Bestseller zu verfilmen. Liegt eine persönliche Lebensgeschichte zugrunde, umso mehr. Hape Kerkeling, einer der größten Entertainer Deutschlands, hat zwei wichtige Episoden seines Lebens aufgeschrieben: zum einen die seines Zusammenbruchs und der Sinnsuche auf dem Jakobsweg in "Ich bin dann mal weg". Und zum anderen "Der Junge muss an die frische Luft", in der er vom tragischen Freitod seiner Mutter erzählt, der das Ende seiner Kindheit markiert. Die tragisch-komische Biografie, 2014 erschienen, hat Caroline Link basierend auf dem Drehbuch von Ruth Toma ("Mein Blind Date mit dem Leben") als bewegende Familien- und Zeitgeschichte für die Leinwand adaptiert.

Seine Kindheit könnte schöner nicht sein: Im engen Verbund der Familie wächst Hans-Peter Kerkeling (Julius Weckauf) Anfang der 70er-Jahre im Ruhrpott auf. Er ist ein Pummelchen, aber wen kümmert's, man liebt ihn ja so, wie er ist. Außerdem hat er ein großes Talent: Er schafft es, andere zum Lachen zu bringen. Der Krämerladen seiner Oma Änne (Hedi Kriegeskotte) ist seine erste Bühne, wo Hans-Peter kaum eine Gelegenheit auslässt, andere gekonnt zu parodieren.

Als seine geliebte Mama (Luise Heyer), die unter einer chronischen Kieferhöhlenentzündung leidet, immer häufiger launisch ist und schließlich operiert werden muss, nimmt auch sein Leben eine tragische Wendung. Durch die Operation hat seine Mutter ihren Geruchs- und Geschmackssinn und damit ein großes Stück Lebensqualität verloren, was ihre Stimmungsschwankungen vergrößert und in einer Depression mündet. Hans-Peter lässt sich nicht beirren und versucht, der Tristesse seiner Mutter mit Humor zu begegnen.

Am Ende will es ihm nicht mehr gelingen, sie zum Lachen zu bringen. Es gibt diese Szene im Film, als der Vater (Sönke Möhring), ohnehin ratlos angesichts der desolaten Befindlichkeit seiner Frau, auf Montage ist, und Hans-Peter mit dem großen Bruder alleine zu Hause bleibt. Die Mutter geht schlafen, man ahnt, dass es nicht gut ausgeht, da sie sich müde und mit einer grausamen Teilnahmslosigkeit in die Nacht verabschiedet. Daran wird der sensible Hans-Peter sein Leben lang zu knabbern haben: "Sie hat sich nicht mal mehr zu mir umgedreht."

Es gehört zu den Stärken von Caroline Link, solche Szenen von großer Emotionalität ganz leise zu erzählen. Nicht mit großem dramatischen Tamtam, sondern mit einer Empathie, die unvergleichlich ist. Und genauso erzählt sie auch aus dem ansonsten sehr fröhlichen Familienleben des kleinen Hans-Peter, dessen Großeltern den Krieg mehr oder weniger unbeschadet überstanden haben und nun jede Gelegenheit zum Feiern nutzen.

Ehrliche, redliche Leute sind das alle, mit dem Herz am rechten Fleck, authentisch dargestellt von einem Ensemble, das Caroline Link stimmig ausgewählt hat. Joachim Król als Opa Willi, der angesichts der drückenden Stimmung zu Hause bestimmt, "der Junge muss an die frische Luft!", ist großartig; genauso Ursula Werner als Oma Bertha und Luise Heyer als junge, kranke Mutter.

Aber sie alle werden von einem noch getoppt: vom Naturtalent des Laiendarstellers Julius Weckauf, der nach langer Suche gefunden wurde und sich als grandioser Glücksfall für diesen Film erweist. Besser hätte man den kleinen Hape nicht darstellen können!

Und so ist "Der Junge muss an die frische Luft" ein durch und durch gelungener Film, der auch für sich, unabhängig von der erfolgreichen Vorlage des Buches, wunderbar funktioniert. Man kann lachen und die eine oder andere Träne verdrücken. Denn es geht um das, was das Leben letztlich ausmacht: Freude und Trauer, Trost und Leid, Liebe und Angst. All das durchlebt Hans-Peter beispielhaft in einer liebenswerten Familie, die allen Widrigkeiten zum Trotz weiter tapfer das Leben bestreitet.

Es ist ein lebensbejahender Film geworden, der eine Facette im Leben des Entertainers Hape Kerkeling beleuchtet, die alles andere als lustig war. Aber die ihn zu dem gemacht hat, der er ist.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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