TV-Premiere im Ersten

"Leberkäsjunkie": Charme pur, liebevoll erzählt und großartig gespielt

von Kai-Oliver Derks

Um den Kriminalfall geht es beim Film-Eberhofer, anders als in den Büchern, natürlich auch diesmal nur am Rande. Es geht um Leberkäs. Und ums Bier. Und um die Frage, wie viel davon ein Bayer so braucht – am Tag. Darum, ob Gemüse essbar und Cholesterin irgendwie bedeutend ist.

ARD
Leberkäsjunkie
Komödie • 03.08.2020 • 20:15 Uhr

"Leberjäskunkie" (2019) ist die mittlerweile sechste Verfilmung eines Buches aus der erfolgreichen Regionalkrimi-Reihe der Autorin Rita Falk. Jährlich kam zuletzt eine neue, und jedes Mal laufen die stets von Regisseur Ed Herzog mit zauberhaft leichter Hand verfilmten Komödien bestens auch im großen Kinosaal. Kein Wunder: Das ist Charme pur, liebevoll erzählt, großartig gespielt und dazu traumhaft sicher balancierend zwischen politischer Unkorrektheit und menschlicher Vernunft. Nur: Wer halt einen richtigen Krimi erwartet, der wird vermutlich enttäuscht sein.

Mit "Leberkäsjunkie", der jetzt zur besten Sendezeit im Ersten seine TV-Premiere hat, feierten die Filmemacher dabei einen ganz besonderen Erfolg: Bereits in der fünften Spielwoche wurde die Besucher-Million an den Kinokassen geknackt – ein Rekordergebnis für die Verfilmungen der Kultbücher von Autorin Rita Falk. Erstmals wurde ein Film der Reihe auch außerhalb des bayerischsprachigen Raums gezeigt.

"Alles Spießer", schreit der Eberhofer (Sebastian Bezzel), und er hat ja irgendwie auch recht in dieser Zeit, in der im Netz scheinbar alles, im wahren Leben aber dann doch ziemlich wenig geht. Er hat's mal wieder krachen lassen, und dann sinkt er mir nix dir nix ohnmächtig dahin. Wieder erwacht, erstellt der Arzt eine eindeutige Diagnose: Der Alkohol muss weg. Und die Leberkässemmel auch: "Pures Gift!" Für einen urbayerischen Niederbayern kommt dieses Urteil freilich einer Katastrophe gleich. Das grüne Zeug, das die besorgte Oma Eberhofer (Enzi Fuchs) fortan kocht, will jedenfalls so gar nicht hinein in den Polizisten-Magen. Und auch Vater Eberhofer (Eisi Gulp) ist mit der Gesamtversorgung jetzt eher unzufrieden: "Wegen dem Hirsch müssen wir jetzt unseren Komposthaufen zusammenfressen."

Der Tragödie nicht genug: Die Beziehung des Franz Eberhofer zu "seiner Susi" (Lisa Maria Potthoff) ist weitgehend zum Erliegen gekommen. Aber: Es gibt ja ein gemeinsames Baby, auf das er nun eine ganze Woche lang aufpassen soll. Und ausgerechnet jetzt geschieht er dann doch: der Mord.

Ach ja, einen Mord gibt's auch

Das Haus der Mooshammer Liesl (Eva Mattes) ist abgebrannt, und drin wird die verkohlte Leiche einer jungen Frau gefunden. Eher beiläufig beginnt die Suche nach Verdächtigen: Hat ihr Tod etwas mit einem geplanten Hotelbau in Niederkaltenkirchen zu tun? Die Orts-Rechtsextremen könnten es auch gewesen sein. Oder ihr homosexueller bester Freund? Oder gar der Buengo (Castro Dokyi Affum), was dann ganz blöd wäre, weil der angolisch-stämmige Einwanderer halt auch der beste Stürmer des örtlichen Fußballclubs und insofern unverzichtbar ist. Als Buengo gar in U-Haft geht, muss Eberhofer schon zu ungewöhnlichen Mitteln greifen.

Natürlich haut auch dieser Eberhofer-Krimi wieder ein Klischee nach dem anderen raus. Und natürlich ist das auch diesmal völlig wurscht, weil der spielerisch-leichte Umgang mit Vorurteilen eben auch sein Gutes haben kann, wenn man es so angeht wie hier. Zumal keine einzige Person schadlos durch die Handlung kommt. Sie haben alle ihre Macken, merkwürdige Eigenarten, und am Ende greift das Korrektiv, und die Vernunft setzt sich durch.

Eva Mattes – ein Ereignis!

Dass die Eberhofer-Krimis, ob als Buch oder auch als Film, so gemocht werden, liegt nicht zuletzt aber auch den Darstellern, die sich allesamt bereitwillig auf diese ja dauerhafte und damit auch in Schubladen verfrachtende Reihe einlassen. Man merkt ihnen die Freude, die sie hier vermutlich haben, durchgehend an.

Diesmal, neben dem wie üblich sensationell unterhaltsamen Eisi Gulp, ganz vorne auf der Sensationsliste: Eva Mattes. Zusammen mit Sebastian Bezzel stand sie 14 Jahre lang als "Tatort"-Kommissarin vor der Kamera. Und hier nun darf sie als Mooshammer-Liesl in einer Art und Weise die Sau rauslassen, dass es eine wahre Freude ist. Sie hat mit Fassbinder und Werner Herzog gedreht, Stücke von Ibsen auf der Bühne gespielt und hohe Kunst gemacht wie "Deutschland, bleiche Mutter" (1980). Und nun eben die sabbernde, geifernde Mooshammerin, die nicht weniger grandios ist.

Mit Freuden wird zumindest der bayerische Zuschauer darüber hinaus das Wiedersehen mit einem altbekannten Vorzeigebayern erleben: Klaus Augenthaler ist dabei – die Ikone des FC Bayern hat sogar eine Sprechrolle. Regisseur und Hauptdarsteller nutzten dem eigenen Bekunden nach die erste Begegnung mit dem Libero unterwürfigst zunächst für Selfies. Ehre, wem Ehre gebührt.

Unklar ist derzeit noch, wann es im Kino mit den Eberhofer-Filmen weitergehen wird. Der ursprünglich für Mitte August vorgesehene Start von "Kaisersschmarrndrama" wurde aufgrund der Corona-Lage verschoben. Wann Film sieben, bei dem erneut Ed Herzog Regie führte, zu sehen sein wird, steht nicht fest.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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