Krimi-Kombi in "Morderney"

"Wilsberg" trifft "Friesland": Charmant, aber belanglos

von Kai-Oliver Derks

Immer nur Münster ist doch auch langweilig. Also raus. Ans Meer. Den neuen Fall des ZDF-Privatdetektivs Georg Wilsberg (Leonard Lansink) hat der Autor Stefan Rogall an die Küste verlegt. Genauer gesagt auf die Insel Norderney. Dort sollen sich Wilsberg und Kommissarin Springer (Rita Russek) erholen. Und womöglich geschieht ja auch noch mehr. Schließlich umschwirren sich die beiden nun schon seit Jahren. Vielleicht hilft die steife Brise, den Kopf klar zu bekommen und aufs Herz zu hören. Es hätte also wirklich romantisch werden können auf der kleinen ostfriesischen Insel. Wenn nicht schon bei der Ankunft ein Mann gefesselt im Ferienhaus sitzen würde, vornüber ins Klo gebeugt. Deckel obendrauf. Immerhin: Er lebt. Noch ...

ZDF
Wilsberg: Morderney
Kriminalfilm • 06.01.2018 • 20:15 Uhr

Denn schon am Tag darauf wird Gregor Schott, Kellner in einem Norderneyer Restaurant, ermordet am Strand aufgefunden. Wilsberg und Springer gegenüber hatte er noch angegeben, bei der Toilettensache habe sich nur um einen dummen Streich seiner Kumpels gehandelt. Doch jetzt, da seine Leiche da liegt, ist klar: Die beiden sind mittendrin in einem Mordfall.

Treffen sich zwei Krimireihen...

Schon lange wird, vor allem unter den Fans darüber diskutiert, ob man nicht die beiden Münsteraner Erfolgsteams mal in einen Krimi packen sollte. Boerne und Thiel aus dem ARD-"Tatort" treffen auf Wilsberg und Kollegen. Fraglos eine charmante, aber eben schwer umsetzbare Idee. Viel leichter ist es da schon, ZDF-intern zwei Krimibelegschaften zu vereinen. Gemeint ist "Friesland" – eine Krimireihe, die seit 2014 zu sehen ist. Fünf Folgen wurden bislang ausgestrahlt, allesamt mit mehr als sechs Millionen Zuschauern ausnehmend erfolgreich. Nun also tauchen zwei der dortigen Ermittler auf Norderney auf, um den Fall zu lösen.

Da ist zum einen Kriminalhauptkommissar Jan Bronckhorst (Felix Vörtler), der aus Leer vom Festland anreist. Und zum anderen Insa Scherzinger (Theresa Underberg), die auch in den "Friesland"-Krimis, obgleich nur Apothekerin, als Hobbyforensikerin den dortigen Kriminalern zur Hand geht.

Mit Wilsberg und Springer sind es also deren vier Ermittler. Aber nicht genug: Da ist auch noch die resolute Inselpolizistin Grit Vierboom (Nadine Wrietz). Macht fünf. Und Merle (Janina Fautz), die Nichte von Kommissarin Springer, der das Ferienhaus gehört und die so gerne Polizistin werden würde. Sechs! Dann taucht auch noch Overbeck (Roland Jankowsky) auf, Springers Assistent. Also sieben! Gibt's auch selten, dass die Zahl der Ermittler die der Verdächtigen bei Weitem übersteigt. Immerhin: Alex (Ina Paule Klink) und Ekki (Oliver Korittke), die sonst an Wilsbergs Seite die Münsteraner Verbrecher jagen, haben diesmal Pause.

Konstruierter Nord-Krimi

Es geht, wie bei Verbrechen ja fast immer, vor alle um zwei Dinge: Liebe und Geld. Schott, das Opfer, hatte ganz offensichtlich ein Verhältnis mit der äußerst attraktiven Saskia Tiedemann (Rike Schmid) – ehemals "Miss Norderney", inzwischen aber vor allem Ehefrau des deutlich älteren Unternehmers und Inselrats Hauke Tiedemann (Bernhard Schütz). Es liegt also nahe: Er könnte seinen Nebenbuhler getötet haben. So einfach ist es aber dann natürlich doch nicht in diesem turbulenten, aber auch ein bisschen konstruierten Nord-Krimi, in dem es streng genommen weniger um den Fall als vielmehr um allerlei darüber hinaus gehende amouröse Spielereien zwischen allen beteiligten Ermittlern geht.

Bronckhorst findet Springer toll. Overbeck ist schockverliebt in die Apothekerin. Merle scheint Overbeck ganz gut zu finden. Und Wilsberg muss sich fragen, ob nicht diese Insel der rechte Platz ist, um in seiner platonischen Beziehung zu Kommissarin Springer endlich mal Butter bei die Fische zu geben? Jeder flirtet irgendwie mit jedem, jeder führt auf eigene Faust noch ein paar Ermittlungen. Klingt wirr, ist am Ende aber wie immer bei "Wilsberg" vor allem charmante Unterhaltung.

Leider bleiben darüber diesmal aber Spannung und auch eine gewisse Originalität auf der Strecke. "Morderney", der 58. Film aus der Reihe, gehört trotz bester Voraussetzungen sicher nicht zu den besten. Was leicht und luftig gedacht war, geriet eine Spur zu belanglos und oberflächlich. Und wer am Ende dem armen Schott den Garaus gemacht hat, ist eigentlich nicht mehr wirklich wichtig. Zumal nur wenige Minuten vor Schluss ein zweiter Toter ausgebuddelt wird.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

Das könnte Sie auch interessieren