Einfach mal innehalten, um die richtigen Worte zu finden, fällt Alain (Fabrice Luchini) ziemlich schwer.
Zur Ruhe kommen? Nur über meine Leiche, denkt sich ein Top-Manager kurz vor einem Schlaganfall: "Das zweite Leben des Monsieur Alain" lässt ihn die Langsamkeit entdecken.

Das zweite Leben des Monsieur Alain

KINOSTART: 22.08.2019 • Tragikomödie • F (2018) • 100 MINUTEN
Lesermeinung
prisma-Redaktion
Originaltitel
Un homme pressé
Produktionsdatum
2018
Produktionsland
F
Laufzeit
100 Minuten

Filmkritik

Ein Mann der falschen Worte
Von Andreas Fischer

Nach einem Schlaganfall muss sich ein gestresster Geschäftsmann neu erfinden und kommt mit Ruhe und Gelassenheit nicht wirklich klar: "Das zweite Leben des Monsieur Alain" macht aus der wahren Geschichte eines ehemaligen Managers eine ziemliche Schmonzette.

Fabrice Luchini jedenfalls ist sein Eintrittsgeld wert. Es ist schlicht genial, wie der französische Ausnahmeschauspieler mit aus dem Kontext gerissenen Wörtern umgeht, wie er munter Silben vertauscht und Konsonanten neu sortiert. Luchini spielt in "Das zweite Leben des Monsieur Alain" den erfolgreichen, aber ziemlich gestressten Manager eines Autokonzerns, einen Mann der Eile und des Undanks. Doch erleidet Alain Wapler einen Schlaganfall, bei dem sein Sprachzentrum neu verkabelt wird. Den Kabelsalat könnte man zwar wieder sortieren: Allerdings fehlt Wapler für die Reparatur seines Dachschadens die Geduld.

Schwäche zeigen, das kommt für Alain Wapler auch dann nicht infrage, als sein Körper schon längst kapituliert hat vor der ewigen Hast zwischen Börsennachrichten, Produktentwicklungen, Messeauftritten. Er ist halt ein Workaholic, verwitwet noch dazu. Seine Tochter Julia (Rebecca Marder) nimmt er immerhin zur Kenntnis, seinen Hund eher nicht. Haushälterin und Chauffeur können sich glücklich schätzen, wenn er sie mal kurz anknurrt.

Wer nun denkt, der Schlaganfall bringt den Mann zur Räson, der irrt gewaltig. Wapler hat nicht vor, seine Chef-Allüren abzustellen. Im Gegenteil: Er will so weitermachen wie bisher. Nur leider sind seine herrischen Anweisungen nur noch Kauderwelsch. Notgedrungen lässt sich der Manager also auf ein Sanierungsprogramm seiner Schaltzentrale ein.

Die Logopädin Jeanne (Leila Bekhti) wird so etwas wie seine ziemlich beste Freundin und versucht, ihm den "Scht'i"-Komplex auszutreiben. Sie erträgt die Launen ihres Patienten mit bewundernswerter Gelassenheit, obwohl sie selber ziemlich verstört ist, weil sie als Adoptivkind nur allzu gerne ihre leibliche Mutter kennenlernen würde. Dass sie den Widerspenstigen zähmen wird, ist nur eine Frage der Zeit, in der die beiden ungleichen Charaktere – wenig überraschend – freundschaftliche Bande knüpfen.

"J'etais un homme pressé" – "Ich war ein Mann in Eile" – heißt das Buch, das Filmemacher Hervé Mimran als Grundlage diente. Geschrieben hat es Christian Streiff: Der einstige Top-Manager bei Airbus und dem französischen Autokonzern PSA erlitt einst selbst einen Schlaganfall und musste sich zum Innehalten zwingen. Dass Streiffs Entschleunigung so glatt lief wie die seines Alter Egos, darf bezweifelt werden. Konflikte werden im Film allenfalls angerissen, die Hindernisse des Lebens mit einem kurzen Tritt aufs Gaspedal schnell umfahren. Nach seinem kurzen Aufbäumen zu Beginn des Films lässt sich Wapler ziemlich bereitwillig läutern. Er repariert das Verhältnis zu seiner Tochter, er hilft Jeanne dabei, ihre Mutter zu finden, und er lernt am Ende (auf dem Jakobsweg, Sic!) endlich, auch mal "Danke" zu sagen.

Das ist zwar alles eine ziemliche Tortur, aber zumindest dem brillanten Fabrice Luchini dabei zuzusehen, ist eine wahre Freude. An ihm liegt es jedenfalls nicht, dass aus "Das zweite Leben des Monsieur Alain" ein harmloses Erbauungsfilmchen geworden ist.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

Darsteller

Fabrice Luchini
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