prisma 21/2016

"CEOpatra"

Von Detlef Hartlap

Pfingsten liegt hinter uns, die große Leere des Sommers vor uns, bald stehen wieder Nikoläuse im Regal. Zeit also, sich über 2017 Gedanken zu machen. Zwei Berliner Studenten, Helene von Schwichow und Salomon Hörler, waren schon so frei. Anders als Zukunftsforscher, die Gigabytes Daten durch den Computer jagen, um daraus etwas Wind zu filtern, haben sich die beiden der Sprache angenommen.
 
Sprache ist ein prima Zeitmesser. Wir reden nicht mehr wie in den 90ern und schon gar nicht wie in den 70ern. Weilte der alte Goethe unter uns, er verstünde kaum ein Wort, und wir
ihn erst recht nicht. "Die Zeit", sagt der Theaterautor René Pollesch, "ist überhaupt kein Fluss, sondern eine Ansammlung von Teilchen."
In 2017 klingen die Teilchen laut Hörler/von Schwichow so: "Einländer", das ist einer, der sein Land nie verlässt; "Datascrooge", ein geiziger Hüter seiner Daten; "CEOpatra", weibliche Führungskraft; "Noganer", Leute, die glauben, dass Pflanzen Schmerzen empfinden, wenn man sie isst; "Ghost", Online-Präsenz von Verstorbenen; "zermashed", kaputt, ausgebrannt.
Das mag alles Quatsch mit Methode sein, aber eins hört man raus: Die deutsche Sprache wird noch englischer. Und das ist keine Prognose.

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