prisma 27/2016

Digitale Askese

Abschalten klingt einfach. "Einfach mal abschalten", sagte man früher, wenn man sich für ein paar Wochen in die Ferien verabschiedete und eine Weile nicht mehr erreichbar war: "Ich bin dann mal weg."
Ob das so noch möglich ist? Es bedarf inzwischen einer Portion Courage, die Verbindungen zum Alltag zu kappen. Kaum jemand, der sich völlige Unerreichbarkeit beruflich leisten könnte. Ein Urlaub in digitaler Askese, wie sie manch einem guttäte, besonders auch Schülern, scheint geradezu körperliche
Leiden hervorzurufen.
Vom Spaß zur Sucht. Die Verwandlung von Angeboten, die einfach nur praktisch schienen, in totale Abhängigkeit ist das Kennzeichen dieses Jahrhunderts.
Wie sind wir bloß vor 15 Jahren ans Ziel gelangt? Wie haben wir Restaurants gefunden, in denen es schmeckte? Wie konnten wir joggen ohne Schnickschnack am Körper? Womit haben wir uns, in der Zeit vor Smartphone, an der Bushaltestelle die Zeit vertrieben?
Der Mensch in der Digitalität ist ein Mensch unter Einfluss. Der Einfluss wird wachsen, der Mensch schrumpfen.
Eine Pause von all dem, das mag waldschratig klingen. Vielleicht wäre es die wahre Erholung.