prisma 23/2016

Gesetz des Dramas

Das Drama des Menschen – nirgendwo spiegelt es sich so anschaulich wie im Western und im Fußball. Nun ist der Western vom Lauf der Zeit überholt worden, der Fußball hingegen hyperventiliert, als wäre er der neue Goldrausch.
Seine Funktionäre gleichen Politikern. Sie verteilen reichlich Geschenke und versprechen jedem, der 23 Spieler zusammenbekommt, die große Bühne. So wurde die Europameisterschaft von vier Teams (1972) auf 24 (2016) inflationiert. Zum Dank dürfen sich die Herren wie Diktatoren aufführen, geldgeil, dunkelmännlich,
ihren Clans verpflichtet.
Das geht natürlich nur so lange gut, wie ihre Ware, der Fußball (dieses genial erfundene Spiel), unterhalb der medialen Sättigungsgrenze liegt und die Zukunft keinen konkurrierenden Aufreger von ähnlicher Strahlkraft hervorbringt.
Wie es das Gesetz des Dramas will, zersetzen sich die Dinge von innen. Die Formel 1 erodiert gerade und droht zum Western des Sports zu werden. Die Olympischen Spiele geraten über ihr eigenes Grundgesetz ("Schneller, höher, weiter") ins Doping-Abseits. Der Fußball ist kulturell tiefer verwurzelt. Aber Langeweile verträgt auch er nicht. Die Massen-EM in Frankreich wird jede Menge Langeweile produzieren.