prisma 46/2015

Im November

Von Detlef Hartlap

Für langsames Essen ist kein Hunger zu groß, für langsames Lesen keine Nacht zu kurz und für langsames Autofahren kein Termin zu wichtig. Sagt man so. Tatsächlich wird auf die Tube gedrückt, in allen Lebensbereichen.

Wenn wir noch halbwegs nach der Natur leben dürften, wäre der November ein Monat zum Innehalten. Man muss nicht an den Nebel über den Feldern erinnern und an das schwarze Geäst der Bäume. Im November liegt eine Melancholie über dem Land,
selbst in der Stadt wird sie spürbar.

Der Chansonnier Benjamin Bioley besingt den November mit den Worten: Une vie en demie pente // la lumière absente – ein Leben wie auf dem Abhang, das Licht hat sich aus dem Staub gemacht.

Melancholie kann kuschelig sein und auch produktiv. Übertreibe ich, wenn ich sage: Ein Großteil aller Kunst ist der Melancholie
entsprungen? Der Melancholie und der Langsamkeit, der Muße.

Ich habe nie verstanden, warum der Buß- und Bettag als gesetzlicher Feiertag (weitgehend) abgeschafft wurde. Er bedeutete ein kurzes Atemholen vor dem Adventsgetriebe. Die Evangelische Kirche hat ihn der Wirtschaft geopfert. Auf dass noch mehr und noch schneller produziert werde ...

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