prisma 28/2016

Junges Denken

Es war eine Zeit, da hatten die Alten nicht viel zu lachen. Die Jugend drängte auf die besseren Positionen, die Alten wurden frühverrentet, abgeschoben. Das Fernsehen gab sich jung, die Presse gierte nach jungen Lesern.
Jetzt ist eine Zeit, da haben die Jungen nicht viel zu lachen. Es sind die Alten, die dem Geschehen
ihren Stempel aufdrücken. Das Fernsehen, allen voran das öffentlich-rechtliche, ist eine Veranstaltung für Alte und Alternde geworden. Wahlen werden von Senioren entschieden. Die aufgeheizte Stimmung im Lande (und in ganz Europa) geht von Leuten aus, denen das 21. Jahrhundert fremd bleibt und die sich nach gebrauchter Zeit zurücksehnen.
Das verachtungsvolle Wort vom "alten Europa", inzwischen trifft es zu.
Seit dem Brexit, der von älteren Wählern erwirkt wurde, wird in einem verqueren Demokratie-Verständnis so getan, als seien "alte Stimmen" irgendwie irregulär.
Das sind sie sicher nicht, im Gegenteil, die Stimmen der Alten wiegen zweifach. Über alles Eigeninteresse hinaus tragen sie Verantwortung für das, was die Jugend mit der Welt, in der wir leben, anfangen kann. Senioren von heute haben die nicht geringe Pflicht, nach vorne, also jung zu denken.